Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wollust - Roman

Wollust - Roman

Titel: Wollust - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
Vom Netzwerk:
Was möchtest du mit dem Jungen machen?«
    »Die Frage gebe ich gleich an dich zurück: Was möchtest du machen?«
    »Es gibt zwei Möglichkeiten – eine kurzfristige schnelle Lösung und eine nachhaltige, auf Dauer ausgerichtete Variante.
Die schnelle heißt, dass wir ihn hierbehalten und darauf hoffen, dass sich die Situation von alleine klärt, dass also seine Mutter oder sein Vater oder beide auftauchen und ihn mit nach Hause nehmen.«
    »Klingt akzeptabel. Wie viel Zeit vergeht, bevor die kurzfristige Lösung zu einem nachhaltigen Problem wird?«
    »Ein Monat vielleicht.«
    »Und wenn wir uns nach einem Monat noch in derselben Situation befinden?«
    »Dann sollten wir bis zum Ende des Schuljahres warten, bis wir die Lage neu einschätzen.«
    »Bis dahin ist es vielleicht ein bisschen zu spät, um ihn dann hinauszuschmeißen.«
    »Also werden wir ihn offensichtlich nicht hinausschmeißen. Aber vielleicht bieten sich bis dahin noch andere Möglichkeiten. Ich wette, er hat Geld. Vielleicht kann er rechtlich für selbstständig erklärt werden.«
    »Nicht mit vierzehn.«
    »Nein, nicht mit vierzehn. Eher mit sechzehn oder siebzehn. Wenn er alleine wohnen möchte, so wie sein Vater damals, könnte er das tun. Oder er könnte teils bei seiner Tante und teils bei uns wohnen. Ich weiß nicht, welche Lösungen es gäbe. Vielleicht kommt es gar nicht dazu. Womöglich hasst er es hier und haut irgendwohin ab. Lass es uns eine Weile ausprobieren, mal sehen, wie es funktioniert.«
    »Bleibt das Schulproblem. Er ist nicht jüdisch.«
    »Ich muss mit der Schule reden. Mir wäre es lieber, er ginge auf Hannahs Schule als auf eine staatliche. Bessere Qualitätskontrolle. Natürlich wird er nicht am Religionsunterricht teilnehmen, aber ich glaube nicht, dass es eine große Sache ist, ihn in allen anderen Fächern sein Schuljahr beenden zu lassen.«
    Decker sagte nichts dazu.

    »Worüber denkst du nach?«, fragte Rina.
    »Über die nachhaltige Variante. Ich war gerade dabei, mich auf meine Rente zu freuen, auf Enkelkinder und Reisen, sobald Hannah auszieht und das College besucht.«
    »Bestimmt nimmt ihn seine Tante auf, wenn wir unterwegs sind. Und außerdem kündigt sich gerade ein Enkelkind an – wie oft willst du denn da verreisen?«
    »Darum geht es nicht. Wenn er bei uns bleiben möchte, bedeutet das weitere drei Jahre Kindererziehung. Und es bedeutet, einen verwirrten Teenager ins Haus zu nehmen. Du bist jung, ich bin’s nicht mehr.«
    »Wo du hingehst, da will ich auch hingehen, Meister. Hinter dieser Entscheidung müssen wir beide fest stehen, weil es eine große ist. Andererseits ist es auch eine, die wir nicht sofort treffen müssen. Also sagen wir ihm am besten, dass er bei uns bleiben kann, bis sich die Angelegenheit geklärt hat. Er braucht das Gefühl von Beständigkeit. Für alles andere finden wir später eine Lösung.«
    »Beziehen wir Hannah in diese Entscheidung mit ein?«
    »Es ist sicher ein Einschnitt in ihrem Leben, aber ich finde, diese Entscheidung geht nur uns beide etwas an.« Rina küsste ihn auf die Stirn. »Zeitung?«
    »Als wäre ich nicht schon deprimiert genug.« Er nahm die Zeitung trotzdem zur Hand und las über eine Welt, die noch ungeordneter war als sein eigenes Leben. Fünf Minuten später betrat Gabe die Küche.
    »Hallo«, sagte Rina, »das ging ja schnell.«
    »Ich bin ein bisschen nervös.«
    »Verständlicherweise. Möchtest du einen Toast?«
    »Ist noch Kaffee da?«
    »Ja, setz dich. Vielleicht kannst du den Lieutenant aufheitern. Er wirkt heute Morgen ein bisschen bedrückt.«
    »Du hast mir doch die Zeitung gegeben«, murrte Decker
hinter den großformatigen Seiten. »Wie soll ich mich denn nach dieser deprimierenden Lektüre wohl fühlen?«
    »Du nimmst dir die Dinge zu sehr zu Herzen«, sagte Rina. »Setz dich, Gabe. Iss ein paar Cornflakes.« Sie stellte mit Nachdruck eine Schüssel vor ihm ab. »Iss.«
    Ein paar Minuten später kam Hannah in die Küche. Sie trug ihre Schuluniform, aber nur den blauen Rock, oben herum hatte sie noch ihr Schlafanzug-Oberteil an. Sie musterte Gabe. »Du bist immer noch da.« Eine Feststellung, keine Frage.
    »Tut mir leid.«
    Hannah setzte sich. »Was ist passiert?«
    »Mein Dad ist nicht aufgetaucht«, erwiderte Gabe, »oh Schreck, oh Graus.«
    »Du kannst bleiben, wenn du willst.« Sie sah ihre Eltern an. »Also, das geht doch in Ordnung, oder?«
    »Darüber reden wir besser später noch mal«, sagte Gabe.
    »Du kannst bei uns bleiben,

Weitere Kostenlose Bücher