Women of the Otherworld 04: Pakt der Hexen
heller Tag«, murmelte Cassandra. »Er wird schl a fen.«
Das hätte ich wissen sollen. Ich musste wirklich meine Vampirkunde auffrischen.
Das Haus war recht kalt, verglichen mit dem warmen Herbsttag draußen. Ich hätte den jähen Temperatursturz natürlich als den ahnungsvollen Schauder interpretieren können, der mich überfiel, als ich die Bleibe des Untoten betrat. Ich vermutete allerdings eher, dass John einfach die Klimaanlage bis zum Anschlag aufgedreht hatte.
Ich sprach eine Lichtformel und sah mich um. Die Wände waren mit einer karmesinrot beflockten Samttapete bedeckt und mit Gemälden geschmückt, die wahrschei n lich in einem Dutzend Bundesstaaten unter das Pornogr a phiegesetz fielen.
»Ich wusste gar nicht, dass Ziegen das können«, sagte ich, während ich die Lichtkugel auf eins davon richtete. »Und ich bin mir nicht sicher, warum sie das Bedürfnis danach haben sollten.«
»Könntest du dieses Ding etwas dunkler machen?«, fragte Cassandra. »Bitte.«
»Sorry, einen Dimmer hat diese Formel nicht«, sagte ich. »Aber ich kann dir die Augen verbinden. Hey, sieh mal, da hängt eine Lederkapuze direkt neben dir an der Garderobe. Oooh, guck dir die neunschwänzige Katze an! Meinst du, John würde es merken, wenn ich die mitgehen lasse?«
»Du hast viel zu viel Spaß an alldem.«
»Es ist einfach erfrischend, einen Vampir kennenzule r nen, der sich voll und ganz mit seinem kulturellen Erbe identifiziert.« Ich schwenkte meine Lichtkugel in Ric h tung Treppe. »Sollen wir sehen, ob wir die Untoten w e cken können?«
Oben fanden wir mehr rote Tapeten, weitere Gemälde von zweifelhaftem künstlerischem Wert, andere S/M-Uten silien und keinen John. Es gab vier Schlafzimmer. Zwei davon waren tatsächlich als Schlafzimmer eingeric h tet, schienen aber vor allem als Garderoben genutzt zu werden. Das dritte ließe sich als ein Museum für Vampi r fetische bezeichnen und soll hier nicht im Detail beschri e ben werden. Die vierte Tür war abgeschlossen.
»Das muss seins sein«, flüsterte ich Cassandra zu. »Entw e der das, oder das Zeug hier drin ist noch übler als das in dem letzten Zimmer.«
»Ich bezweifle, dass das möglich ist.« Cassandras Blick glitt nervös zu dem Fetischzimmer zurück. »Aber vie l leicht sollte ich besser im Flur warten. Für den Fall, dass John zurückkommt.«
Ich grinste. »Gute Idee.«
Ich sprach eine simple Löseformel in dem Glauben, dass es sich hier um ein gewöhnliches Türschloss handelte. Als sie nicht funktionierte, ging ich zur nächststärkeren Fo r mel über und dann zu der stärksten, die ich hatte. Endlich öffnete sich die Tür.
»Verdammt«, murmelte ich. »Ganz gleich, was er hier drin aufbewahrt – er will wirklich nicht, dass jemand es zu sehen kriegt.«
Ich öffnete vorsichtig die Tür, lenkte meine Lichtkugel um die Ecke und sah … ein Büro. Ein ganz gewöhnliches mode r nes Bürozimmer mit grauem Teppichboden, blau gestrichenen Wänden, fluoreszierender Deckenbeleuc h tung, einem meta l lenen Schreibtisch, zwei Computern und einem Faxgerät. Auf einer weißen Tafel an der gegenübe r liegenden Wand standen Dinge, die John zu erledigen hatte: die Wäsche aus der Reinigung holen, Grundstück s steuer zahlen, den Vertrag mit der Putzfirma erneuern, eine neue Waschmaschine leasen. Nicht ein Wort über das Saugen von Blut, das Vergewaltigen der Jungfrauen von New Orleans oder das Verwandeln der Nachbarn in unt o te Schatten. Kein Wunder, dass John in diesem Raum keine Besucher haben wollte. Ein Blick zur Tür herein, und die gesamte Arbeit, die er in sein Image gesteckt hatte, wäre beim Teufel gewesen.
Ich trat zurück und schloss die Tür hinter mir.
»Da willst du nicht reingehen«, sagte ich.
»Schlimm?«
»Schlimmer.« Ich sah den Flur entlang. »Also, hier ist er nicht, und es sieht nicht so aus, als ob er in jüngster Zeit hier oben geschlafen hätte. Wo schläft denn dann ein ku l turb e wusster Vamp? Du hast nicht zufällig ein hinten angebautes Mausoleum gesehen, oder?«
»Dem Himmel sei Dank, nein. Allem Anschein nach hatte er genug Hirn, wenigstens davon abzusehen.«
»Wahrscheinlich, weil er die Baugenehmigung nicht g e kriegt hat. Okay, also dann –« Ich sah sie an. »Hilf mir weiter. Ich kenne mich nicht so aus mit Vampklischees.«
Sie zögerte, als bereite die Antwort ihr körperliches Unb e hagen, und seufzte dann. »Der Keller.«
Wir standen in der Mitte des Kellerraums. Meine Lich t kugel hing über dem einzigen
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