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Wood, Barbara

Wood, Barbara

Titel: Wood, Barbara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dieses goldene Land
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dreißig Jahren auf Falconbridge das
Zepter über Pfannen und Tiegel geschwungen hatte - Knall auf Fall musste sie
gehen, weil Seine Lordschaft nicht davon abzubringen war, dass ihre Zwiebelsuppe
die Fehlgeburt bei seiner Frau ausgelöst hatte. Wem würde der Baron die Schuld
geben, wenn Lady Margaret oder dem Baby heute Nacht etwas zustieß? Keen und seine Frau durften nicht riskieren, ihre Stellung zu verlieren.
Die Zeiten waren schlecht, es war schwer, anderweitig unterzukommen.
    Andererseits,
sagte sich Keen und
schwang sich in den Sattel, konnte Seine Lordschaft in punkto Belohnungen
durchaus großzügig sein. Wenn die Keens durch
rasches Handeln das Leben von Lady Margaret und ihrem Baby retteten, war
abzusehen, dass Seine Lordschaft sich dafür erkenntlich zeigen würde.
Vielleicht in Form eines eigenen Austragshäuschens und einer kleinen Rente ...
    Als Luke Keen in die regnerische Nacht ritt, betete er, dass er nicht im Begriff
war, den größten Fehler seines Lebens zu begehen.
     
    Wie schön
es doch zu Hause ist, befand Hannah Conroy, als sie den Tisch für das
Abendessen deckte. Wieder in Bayfield zu sein,
im eigenen Haus, wo ein gemütliches Feuer gegen die unwirtliche Nacht
anflackerte und ihr Vater in seinem kleinen Labor arbeitete. Dieses letzte Jahr
in London, die intensive Ausbildung zur Hebamme in der Wöchnerinnen-Klinik -
die Vorlesungen, der praktische Unterricht und die Prüfungen, die unendlich
langen Stunden auf den verschiedenen Stationen, die Versorgung der Patienten,
das Ausleeren von Bettpfannen, das Wischen der Fußböden, das Zusammenleben auf
engstem Raum in einem Schlafsaal bei lediglich einem freien Nachmittag pro
Woche, um in die Kirche zu gehen und sich um die eigene Wäsche zu kümmern -,
all dies war die Mühe wert gewesen. Auf dem Kaminsims, fix und fertig, um neben
der Haustür angebracht zu werden, thronte das frisch gemalte neue Praxisschild:
    Conroy & Conroy ~ Praktischer Arzt & Hebamme.
    Schon
immer war es Hannahs Wunsch
gewesen, wie ihr Vater einen medizinischen Heilberuf zu ergreifen; da aber
Frauen die Ausbildung zur Ärztin versagt war, hatte sie sich, gewissermaßen
als Hintertür zu dieser Welt, darauf verlegt, Hebamme zu werden. Als sie
siebzehn geworden war, hatte der Vater dann Empfehlungsschreiben an die
Wöchnerinnen-Klinik geschickt, Hannah war nach London gefahren, hatte die
Aufnahmeprüfung abgelegt und war angenommen worden. An ihrem achtzehnten
Geburtstag hatte sie mit ihrer Ausbildung begonnen und ein Jahr später, mit
neunzehn, ihr Abschlusszeugnis erhalten. Das war vor einem Monat gewesen. Was
ihr vorschwebte, war, eines Tages eine eigene kleine Praxis zu führen, und da
bereits feststand, dass Mrs. Endicott,
die Frau des Besitzers einer Hühnerfarm, sie bei der Entbindung ihres neunten
Kindes, das in einer Woche kommen sollte, in Anspruch nehmen wollte, zweifelte
Hannah nicht daran, dass Mrs. Endicott
anschließend Miss Conroy an Freunde und Nachbarn weiterempfehlen würde.
    Es gab
noch einen weiteren Grund, weshalb Hannah froh war, wieder zu Hause zu sein -
während ihrer Abwesenheit hatte sich der Gesundheitszustand ihres Vaters
verschlechtert, und zwar so erheblich, dass sie ihn unbedingt dazu bewegen
wollte, seine Tätigkeit als Arzt einzuschränken und zur Abwechslung mehr sein
eigenes Wohlergehen in den Vordergrund zu rücken.
    Mit seinen
fünfundvierzig Jahren war John Conroy ein hochgewachsener, gutaussehender Mann
mit leicht graumeliertem Haar, breiten Schultern und geradem Rücken. Wo immer
er sich in seiner schlichten Kleidung zeigte - er trug keinen Gehrock, wie es
seinerzeit Mode war, sondern einen langen schwarzen Mantel über schwarzen
Hosen, eine schwarze Weste und ein weißes, bis zum Kragen geknöpftes Hemd,
keine Krawatte; außerdem einen schwarzen Hut mit flachem Kopfteil und breiter
Krempe -, zog er die Aufmerksamkeit auf sich. Wenn er durch das Dorf schritt,
drehten sich die Frauen nach ihm um.
    Gerührt
dachte Hannah an die Zeit zurück, als nach dem Tod der Mutter die Frauen von Bayfield und Umgebung nacheinander vorstellig geworden waren - die Witwen und
Jungfern und Mütter von heiratsfähigen Töchtern - und dem blendend aussehenden
verwitweten Quäker handgefertigte Decken und Speisen gebracht hatten. Aber
keiner von ihnen gelang es, die Mauer seines Kummers zu überwinden oder die
Schranke zu durchbrechen, die zwischen ihnen und der Hingabe stand, mit der er
sich einer neuen Aufgabe widmete: ein Heilmittel für die Krankheit

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