Word-OleSte-DerTou
machte - hat er mir ins Gesicht geschleudert, dass ich für die Volksunterdrücker arbeite. Besonders schmerzlich war sein Vorwurf, dass ich mich in einer kleinbürgerlichen Welt abgekapselt habe und mir meiner Verbrechen überhaupt nicht bewusst bin.« Mit hochgezogenen Brauen hielt er inne. »Verstehen Sie, was ich meine? Ich hatte das Gefühl, da steht plötzlich Ellen vor mir und staucht mich zusammen.«
Janet Simmons musste lächeln. »Aber Sie haben sich nicht von ihm abgewandt. Und vor zwei Wochen sind Sie mitten in seinen Urlaub reingeplatzt. Warum?«
Primakow kaute an den Wangen, als wollte er sein Gebiss zurechtschieben. »Ms Simmons, offensichtlich bezwecken Sie etwas mit Ihren Fragen. Sie haben Milo in Untersuchungshaft, und ich war aufrichtig zu Ihnen, weil ich der festen Überzeugung bin, dass ihm diese Informationen nicht schaden werden. Wie Sie selbst sagen, der Kalte Krieg ist vorbei. Aber wenn ich fortfahren soll, möchte ich auch was von Ihnen. Bitte erklären Sie mir, was mit Milo los ist. Ja, ich habe ihn in Disney World getroffen, aber seitdem habe ich ihn weder gesehen noch von ihm gehört.«
»Er wird wegen Mordes festgehalten. « »Mord? An wem?«
»Unter anderem an Thomas Grainger, einem CIA-Beamten.«
»Tom Grainger?« Er schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Tom war eine Art Vaterfigur für Milo. Auf jeden Fall mehr als ich.«
»Er hat den Mord gestanden.« »Hat er auch den Grund genannt?«
»Ich bin nicht befugt, darüber zu sprechen.«
Der Alte nickte, und sein Finger streifte die Wange. »Natürlich habe ich von Toms Tod gehört. Und ich sage das jetzt auch nicht, weil er mein Junge ist. Ich glaube, dass Verbrechen bestraft werden müssen - da kann ich nicht aus meiner bürgerlichen Haut.«
»Das bezweifle ich nicht.«
»Aber es will mir einfach nicht in den Kopf ... « Er schaute ihr in die kühlen Augen. »Ach, vergessen Sie's, ich bin ein alter Mann und rede Quatsch. Disney World, danach haben Sie gefragt.«
»Ja.«
»Ganz einfach. Ich wollte wissen, was mit Angela Yates passiert ist. Sie war eine ausgezeichnete Agentin, eine echte Zierde für Ihre große Nation.«
»Sie kannten Sie?«
»Selbstverständlich«, antwortete er. »Ich habe Miss Yates sogar ein Angebot gemacht.«
»Was für ein Angebot?«
»Etwas Geheimdienstliches. Sie war eine intelligente Frau. «
»Moment mal.« Janet stockte. »Sie wollten Angela Yates umdrehen?«
Primakow nickte bedächtig, als würde er jedes Wort genau abwägen. »Heimatschutz, CIA und NSA - jeden Tag versuchen diese Dienste, Mitarbeiter der Vereinten Nationen umzudrehen. Ist es so unverzeihlich, wenn die Vereinten Nationen das Gleiche probieren?«
»Ich ... « Wieder brach sie ab. »Sie reden, als hätte die UN einen eigenen Geheimdienst.«
»Ich bitte Sie!« Erneut breitete Primakow die Hände aus. »Natürlich gibt es so was bei den Vereinten Nationen nicht. Allein schon, weil Ihr Land das niemals zulassen würde. Aber wir wären dumm, wenn wir Informationen ausschlagen würden, die uns angeboten werden.«
»Wie hat Angela reagiert?«
»Sie hat rundweg abgelehnt. Eine überaus patriotisch gesinnte Frau. Um ihr die Sache schmackhaft zu machen, habe ich ihr sogar verraten, dass die Vereinten Nationen daran interessiert sind, den Tiger zur Strecke zu bringen. Trotzdem blieb sie bei ihrem Nein.«
»Wann war das?«
»Letztes Jahr, im Oktober.«
»Wissen Sie, wie sehr sie sich danach in die Suche nach dem Tiger reingekniet hat?« »Ich kann es mir vorstellen.« »Wie das?«
»Ich habe ihr Informationen zugespielt, wann immer es mir möglich war.«
Schweigend starrten sie sich an, dann fuhr Primakow fort. »Sehen Sie, für uns war nicht entscheidend, dass wir durch die Festnahme des Tigers groß rauskommen. Wir wollten ihm nur das Handwerk legen. Seine Morde haben der europäischen Wirtschaft geschadet und in Afrika sogar Unruhen ausgelöst. Meistens hat sie nicht gemerkt, dass die Informationen von uns stammten. Sie hat geglaubt, dass es Glück war. Letztlich war es das ja auch.«
»Und was ist mit Milo?« »Was soll mit ihm sein?«
»Warum haben Sie die Informationen nicht ihm zugespielt? Er hatte den Tiger doch auch im Visier.«
Primakow ließ sich Zeit mit seiner Antwort. »Milo Weaver ist mein Sohn, und ich liebe ihn. Ich kann dafür sorgen, dass die Verwandtschaft mit mir sich nicht negativ auf seine Karriere auswirkt. Aber als sein Vater weiß ich auch, dass seine Möglichkeiten genauso beschränkt sind
Weitere Kostenlose Bücher