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World Wide War: Angriff aus dem Internet (German Edition)

World Wide War: Angriff aus dem Internet (German Edition)

Titel: World Wide War: Angriff aus dem Internet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard A. Clarke , Robert A. Knake
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das Gebiet mit luft- und bodengestützten Raketen bombardieren, wenn es zu einem Schusswechsel kommen sollte.
    Zu diesem Zeitpunkt wird das amerikanische Cyber Command informiert, dass das Weiße Haus die beiden Flugzeugträger abzieht und nach Australien beordert. Das Außenministerium wird hochrangige Diplomaten nach Peking schicken, um über die chinesischen Gebietsansprüche zu verhandeln. Das Cyber Command wird angewiesen, die offensiven Handlungen einzustellen. Das Planspiel ist vorbei.
    Nach einer solchen Übung versammeln sich das Kontrollteam und die Spieler zum sogenannten »Hot Wash«. Dabei wird festgehalten, welche Lektionen man aus der Übung ziehen kann und mit welchen Bereichen man sich in Zukunft genauer beschäftigen sollte. Was haben wir aus unserer Übung zum Konflikt im Südchinesischen Meer gelernt? Welche Punkte sind besonders hervorzuheben? Durch die Entscheidungen der Spieler während der Simulation traten zehn wichtige Elemente eines Cyberkriegs zutage: Abschreckung, das Prinzip des Erstschlags, die vorbereitenden Maßnahmen, die globale Ausbreitung eines regionalen Konflikts, Kollateralschäden, Eskalationskontrolle, eine unbeabsichtigte Eskalation, die Suche nach dem Urheber, Kriseninstabilität und die defensive Asymmetrie. Betrachten wir diese Punkte nun im Einzelnen.
    1. Abschreckung
    In diesem Fall hat die Abschreckung eindeutig versagt. In unserem hypothetischen Szenario ließ sich das Team des Cyber Command nicht von Überlegungen einschüchtern, was China den USA antun könnte. In der realen Welt würden die USA wahrscheinlich vor massiven Angriffen im Cyberspace zurückschrecken, weil sie den unverhältnismäßig großen Schaden fürchten müssten, den ein Gegenschlag bei den amerikanischen Netzwerken anrichten könnte. Dennoch ist der Faktor Abschreckung in der Theorie des heutigen Cyberkrieges nur unzureichend entwickelt. Die Abschreckung bildete im Kalten Krieg die Grundlage der Atomstrategie der USA, der Sowjetunion und der NATO. Die furchtbaren Konsequenzen eines Atomkriegs (und die Angst, dass jeglicher Gebrauch von Atomwaffen zu einem umfassenden Einsatz führen könnte) hielten die Atommächte davon ab, ihre ultimativen Waffen gegeneinander einzusetzen. Staaten, ob mit Atomwaffen oder ohne, schreckten außerdem davor zurück, etwas zu unternehmen, das den Einsatz von Atomwaffen provozieren könnte. Mehrere Strategen entwickelten komplexe Theorien zur nuklearen Abschreckung. Herman Kahn formulierte in seinen Arbeiten aus den sechziger Jahren eine Typologie der nuklearen Abschreckung in drei Stufen. Seine Theorien und Analysen wurden von politischen und militärischen Führern in den USA wie in der Sowjetunion gründlich studiert. Seine klaren, sachlichen Aussagen über das mögliche Ausmaß der Zerstörung in seinen Büchern On Thermonuclear War (1960) und Thinking about the Unthinkable (1962) trugen zweifellos dazu bei, die Atommächte von einem Atomkrieg abzuhalten.
    Doch von allen Konzepten der Nuklearstrategie ist die Abschreckungstheorie vermutlich am wenigsten auf die virtuelle Kriegführung übertragbar. Abschreckung hat im Cyberspace sogar eine ganz andere Bedeutung als in den Arbeiten Kahns und anderer Strategen der sechziger Jahre. Die atomare Abschreckungbasierte auf der ungeheuren Zerstörungskraft der Atomwaffen. Die Welt hatte erlebt, was zwei Atombomben 1945 in Hiroshima und Nagasaki angerichtet hatten. In den vierziger und fünfziger Jahren hatten die USA und die Sowjetunion zu Testzwecken noch viel größere Atombomben überirdisch gezündet, gefolgt von Großbritannien 1952, Frankreich 1960 und China 1968. Insgesamt ließen die ursprünglichen fünf Atommächte über 2300 Waffen über- und unterirdisch detonieren.
    Niemand wusste, was genau passieren würde, wenn die USA oder die Sowjetunion mehr oder weniger gleichzeitig mehrere hundert Raketen mit Atomsprengköpfen starten würden, doch insgeheim dachte man beim amerikanischen Militär, dass 90 Prozent der US-Raketen zu ihren Zielen fliegen und ihre Waffen abfeuern würden. Ähnlich hohe Erwartungen hegte man hinsichtlich der Auswirkungen der Waffen auf die Zielobjekte. Um sicherzustellen, dass ein größerer Angriff funktionierte, plante das amerikanische Militär, die atomaren Sprengköpfe mit drei verschiedenen Transportmitteln zu befördern (Bomben, die von Flugzeugen abgeworfen werden, Sprengköpfe von landgestützten Raketen und Raketen, die von U-Booten abgefeuert werden). Beide Supermächte

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