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World Wide War: Angriff aus dem Internet (German Edition)

World Wide War: Angriff aus dem Internet (German Edition)

Titel: World Wide War: Angriff aus dem Internet (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard A. Clarke , Robert A. Knake
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stationierten ihre Truppen und Waffen so, dass sie selbst nach einem überraschenden Großangriff noch über ausreichend unbeschädigte Atomwaffen verfügt hätten. Der Gegenschlag war damit gewährleistet. Daher war es so gut wie sicher, dass die eine Seite, wenn sie Atomwaffen einsetzte, praktisch zu ihrer eigenen nuklearen Vernichtung aufforderte, zumindest bis zu einem gewissen Grad. Was nach einem massiven Atomschlag und Gegenschlag passieren würde, darüber ließ sich streiten, es bestand jedoch kaum ein Zweifel daran, dass sich die beiden Konfliktparteien Schäden in noch nie dagewesenem Ausmaß zufügen würden. Viele glaubten, ein Atomkrieg zöge einen »nuklearen Winter« nach sich, den die Menschheit nicht überleben würde. Fast alle Experten waren der Ansicht, ein Atomkrieg der beiden Supermächte würde zum »prompten Tod« von Millionen Menschen führen. (Kahn bemerkte trocken: »Niemand will der Erste sein, der hundert Millionen Menschen umbringt.«) Jeder Einsatz von Atomwaffen würde unvorhersehbar eskalieren, so fürchtete man, und massive Gegenschläge provozieren. Diese Angst ließ die USA und die Sowjetunion über sechs Jahrzehnte lang davor zurückschrecken, Atomwaffen einzusetzen.
    Die Atombombentests zeigten, wozu man bereit und in der Lage war. Einige Experten schlugen vor, dass die USA in einer Krise, etwa einem konventionellen Krieg in Europa, eine Atombombe auf dem offenen Meer zu Demonstrationszwecken detonieren lassen könnten, um zu verdeutlichen, dass die NATO bereit sei, Atomwaffen einzusetzen, wenn die Kämpfe nicht aufhören würden. Die NATO glaubte, sie könne bei einem konventionellen Krieg mit einem solchen Warnschuss »die Bereitschaft der NATO demonstrieren«. Dieser Demonstrations- oder Abschreckungseffekt ist bei einem Cyberkrieg nicht überzeugend. Wie bereits erwähnt, handelte es sich bei den meisten Cyberangriffen bislang um primitive Attacken wie DDoS-Angriffe oder das versteckte Eindringen in Netzwerke, um Informationen zu stehlen oder Falltüren anzulegen und logische Bomben zu platzieren. Die begrenzten Auswirkungen der DDoS-Angriffe wurden außerhalb der betroffenen Länder kaum wahrgenommen. Und die meisten verdeckten Anschläge wurden nicht einmal von den Opfern bemerkt.
    Woher nehmen also Cyberkrieger die Zuversicht, dass ihre Waffen funktionieren, und welche Erwartungen hegen sie hinsichtlich der Wirkung dieser Waffen? Zweifellos haben sie viele ihrer Angriffstechniken bereits dazu benutzt, erfolgreich in die Netzwerke anderer Länder einzudringen. Wahrscheinlich haben sie bereits so ziemlich alles ausprobiert und waren nur noch ein paar Tastaturbefehle von dem entfernt, was sie auch in einem echten Cyberkrieg tun würden. Bei Simulationen mit feindlichen Netzwerken haben sie vermutlich zerstörerische Operationen durchgeführt. Das Aurora-Experiment bei einem Generator inIdaho war ein solcher Probelauf. Danach war man zuversichtlich, dass man mit einer Cyberwaffe einen großen Stromgenerator beschädigen kann.
    Allerdings können die Cyberkrieger nicht wissen, ob das Land, das sie angreifen, in einer Krise nicht erheblich verbesserte Abwehrmaßnahmen zu bieten hat. Was wäre, wenn China seine Netzwerke vom internationalen Cyberspace abkoppeln würde? Würden die US-Pläne dann noch funktionieren? Angenommen, die Russen hätten in den amerikanischen Netzwerken Falltüren und logische Bomben platziert, woher wüssten sie, dass die Amerikaner sie nicht gefunden haben und planen, sie in Zeiten erhöhter Spannungen unschädlich zu machen? Wenn ein Cyberkrieger ein fremdes Netzwerk infiltriert hat, plant er auch, auf dieses Ziel wieder zuzugreifen, doch der Zugang kann blockiert oder wider Erwarten durch ein effektives Abwehrsystem gesichert sein. Anders als bei der Raketenabwehr eines Landes kann der Schutz gegen unerwünschte Eindringlinge bei einem Netzwerk leicht geheim gehalten werden, bis man ihn aktiviert. Wenn der Cyberexperte die Aufgabe hat, die Luftabwehr des Feindes kurz vor der Bombardierung durch die Luftwaffe seines Landes auszuschalten, erwartet die Piloten womöglich eine böse Überraschung. Der Radar und die Abwehrraketen, die eigentlich ausgeschaltet sein sollten, könnten plötzlich zum Leben erwachen und die angreifenden Flugzeuge zerstören.
    Bei der Detonation einer Atombombe konnte man relativ sicher sein, was mit dem Ziel geschehen würde. Wenn es sich um einen Militärstützpunkt handelte, wäre er auf Jahre, wenn nicht sogar für immer

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