World Wide War: Angriff aus dem Internet (German Edition)
Russen über ihre Botnetze gewaltige Datenmengen an das internationale Bankensystem, um eine von Georgien ausgehende elektronische Attacke vorzutäuschen. Diese Angriffe lösten bei den meisten ausländischen Banken eine automatische Reaktion aus: Ihre Verbindungen zum georgischen Bankennetz wurden unterbrochen. Da die Georgier nun keinen Zugang mehr zu den europäischen Abrechungssystemen hatten, waren ihre Bankoperationen eine Woche lang unterbrochen. Auch die Kreditkartensysteme brachen zusammen, und kurze Zeit später folgte das Mobilfunknetz.
Auf dem Höhepunkt des Netzkrieges beteiligten sich sechs verschiedene Botnetze an den DDoS-Attacken. Dabei bedienten siesich sowohl der Computer ahnungsloser Internetnutzer als auch der Rechner von Freiwilligen, die von verschiedenen antigeorgischen Websites Hackersoftware herunterladen konnten. Nachdem die Software installiert war, musste der Nutzer lediglich auf einen Button mit dem Aufdruck »Flut auslösen« drücken, um in den Cyberkrieg einzutreten. Die georgische Regierung versuchte, die Attacken zu unterbinden, indem sie den gesamten Datenverkehr blockierte, der seinen Ursprung in Russland hatte, aber die Zahl der außerhalb Russlands gestarteten Angriffe war immer noch so hoch, dass sie sich verheerend auf die georgischen Systeme auswirkten.
Wie im Fall Estlands behauptete die russische Regierung auch diesmal, die virtuellen Attacken seien eine Reaktion der wütenden Bevölkerung und entzögen sich der Kontrolle des Kreml. Doch eine Gruppe westlicher Computerforscher gelangte zu dem Schluss, dass die Websites, von denen aus die Angriffe organisiert worden waren, von den russischen Geheimdiensten betrieben wurden. Die Attacken waren sehr gut koordiniert und mit einem derart hohen finanziellen Aufwand verbunden gewesen, dass ein spontaner, dem patriotischen Eifer entsprungener virtueller Kreuzzug wenig wahrscheinlich schien. Selbst wenn man der russischen Regierung Glauben schenken wollte und annahm, dass die elektronischen Fluten, die über Estland und Georgien hereingebrochen waren, kein staatlich betriebenes Werk gewesen seien, so ist doch offensichtlich, dass die Regierung nichts tat, um den Angreifern Einhalt zu gebieten. Schließlich ist der riesige sowjetische Geheimdienst, der KGB, immer noch aktiv, wenn auch der Name geändert und die Organisationsstruktur geringfügig modifiziert wurde. Tatsächlich ist der Einfluss des KGB unter der Herrschaft seines Zöglings Wladimir Putin in den letzten Jahren gewachsen. Für jeden massiven virtuellen Feldzug in Russland ist unabhängig davon, ob er von der Regierung, dem organisierten Verbrechen oder von Bürgern durchgeführt wird, die Genehmigung des Geheimdienstapparats und seiner Herren im Kreml erforderlich.
Wenn es, wie wir vermuten, tatsächlich die russische Regierung war, die eine vom »Volkszorn« motivierte verteilte Dienstblockade und andere elektronische Angriffe zur Bestrafung Estlands anforderte und später einen Cyberkrieg vom Zaun brach, um die herkömmliche Invasion Georgiens zu begleiten, so bekommen wir eine Ahnung davon, wie derartige Operationen aussehen werden, sollten das russische Militär und die Geheimdienste zu einem wirklich großangelegten Angriff im virtuellen Raum übergehen.
Die amerikanischen Geheimdienste gingen jahrelang davon aus, dass sich die Gruppe der Staaten, die elektronische Waffen einsetzen könnten, und sei es nur in begrenztem Umfang wie in Estland und Georgien, im Wesentlichen auf Russland, China, Israel und natürlich die Vereinigten Staaten beschränke. Aber im Sommer 2009 gesellte sich zu dieser Gruppe ein Staat, mit dem niemand gerechnet hatte.
Es war kurz nach sieben Uhr abends am letzten Montag im Mai. In Reston, Virginia, beruhigte sich der Feierabendverkehr auf der Straße zum nahe gelegenen Dulles Airport. Auf einem Flachbildschirm der geologischen Überwachungsstation war gerade ein Erdbeben der Stärke 4,7 in Asien registriert worden. Die Seismologen machten sich daran, das Epizentrum zu bestimmen. Es befand sich im Nordosten der Koreanischen Halbinsel, 70 Kilometer entfernt von einer Ortschaft namens Kimchaek. Die Daten zeigten, dass ganz in der Nähe im Oktober 2006 ein ähnliches Ereignis stattgefunden hatte. In jenem Fall hatte es sich um eine Atombombenexplosion gehandelt. Diesmal war es nicht anders.
Nach jahrelangen Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten sowie mit China und Russland hatte sich das Regime Nordkoreas entschlossen, den
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