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World's End

World's End

Titel: World's End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Plan zu vereinbaren, ein Gut zu schaffen, neben dem sich Versailles wie ein Rübenbeet ausnähme?
    Und so kam es, daß der patroon , vor Wut kochend, seinen Schultheiß Joost Cats degradierte, Van Brunts vorlauten Sohn und seinen Halbblut-Neffen einkerkern und dem Drückeberger selbst mitteilen ließ, sein Pachtverhältnis sei mit kommendem November gekündigt. Dann befahl er dem Zimmermann, die Dachdeckerarbeiten einzustellen und mit dem Bau eines Prangers zu beginnen. Unter eifrigem Schwatzen, in dem Empörung und eine gehörige Portion Angst um die eigene Haut mitschwang, nahm das einfache Volk – die Cranes, Sturdivants, van der Meulens und all die anderen – Axt und Schaufel wieder auf und ging zurück an die Arbeit. Sensen hoben und senkten sich, Bäume fielen, Staub wirbelte auf, und Viehbremsen umschwirrten die dampfenden Kittel und schweißnassen Gesichter. Doch sie waren nur mit halber Aufmerksamkeit bei der Sache, denn ein Auge behielten sie auf den Weg gerichtet – auf die Abzweigung nach Nysen’s Roost.
    Erst am Spätnachmittag – nach vier, schätzte Staats – tauchten in der Ferne zwei Gestalten auf. Die eine war van den Post, unverkennbar durch seinen gewaltigen neuen Hut mit der Silberfeder und das hell aufblitzende Rapier an seinem Gürtel, aber neben ihm – also, Jeremias war es jedenfalls nicht. Auf keinen Fall. Die Gestalt war kleiner, viel kleiner, und auch schmächtiger als er. Zudem sah man an ihr nichts von dem typischen, weit ausholenden Schaukelgang jenes Mannes, der in frühester Jugend ein Bein verloren hatte und seither mit Hilfe eines Eichenstabes die Verbindung zum Erdboden herstellte. Jedermann – und jede Frau – auf der Baustelle hielt inne; alle stützten sich auf Hacken- oder Schaufelstiele, brachten ihre Ochsengespanne zum Stehen und senkten die Sensen. Und dann ging auf einmal, als die Ankömmlinge sich näherten, ein Flüstern durch die Menge. »Es ist Neeltje!« rief einer, und die übrigen wiederholten es.
    Sie mußten einen Jungen zu Stephanus schicken, denn der hatte sich auf eine Erfrischung ins Gutshaus zurückgezogen. Inzwischen fiel Neeltje blaß und zitternd ihrem Vater in die Arme, während Staats und Douw die Leute zurückdrängten, um den beiden Platz zu verschaffen. Van den Post stolzierte mit triumphierendem Grinsen durch die Menge, stützte lässig einen staubigen Stiefel auf einen Baumstamm und zapfte sich einen Becher Apfelwein aus dem Fäßchen, das der patroon zur Freude seiner Pächter hatte bereitstellen lassen. Er nahm einen langen Schluck, spuckte den Bodensatz auf die Erde und wischte sich mit dem Ärmel die Lippen ab; dann zog er mit geübt überheblicher Geste seine Pfeife hervor und legte eine Rauchpause ein.
    Neeltjes Gesicht war tränennaß. » Vader «, rief sie, »was sollen wir nur machen? Er ... er hat uns gekündigt und die Jungen eingesperrt, und trotzdem will Jeremias nicht kommen.«
    Der ehemalige schout , der tief vornübergebeugt stand und doppelt so bejahrt wirkte, wie es seinem ohnehin stattlichen Alter entsprach, wußte darauf keine Antwort. Indem er insgeheim den Tag verfluchte, an dem Jeremias Van Brunt in ihr Leben getreten war, umarmte er seine Tochter, klammerte sich geradezu an sie, als stünde er in einem reißenden Bach und ginge gleich unter.
    »Er kann doch nicht ... Er hat kein Recht dazu, ihn ... nach so vielen Jahren einfach –« stammelte Staats. »Das werden wir nicht zulassen, auf keinen Fall!«
    Doch jetzt kam Robideau heran und schob sein kantiges, ledriges Gesicht vor. »Was meinst du damit, er hat kein Recht dazu?« schnarrte er. »Das Wort des patroon ist Gesetz, das weiß jeder. Ist doch keiner hier von Sinnen gewesen, wie er den Pachtvertrag unterschrieben hat, und ich wüßte wirklich keinen Grund, warum mijnheer diesen Dreckskerl nicht rausschmeißen sollte, wenn ich hier in der Hitze den Buckel krumm machen darf, während der feine Herr bei einem Becher Punsch auf seiner Farm sitzen bleibt.«
    Von der Menge kam zustimmendes Gemurmel, doch Staats fuhr dazwischen, loyal wie eine Bulldogge, und warnte Robideau, er solle sich da raushalten.
    Darauf hatte der Franzose nur gewartet. Er machte einen Schritt nach vorn und versetzte Staats einen Stoß, daß dieser Neeltje und ihrem Vater in die Arme taumelte. »Leck mich doch am Arsch, du Käsefresser«, zischte er dabei.
    Diese Obszönität war zuviel für die keuschen Ohren von Goody Sturdivant, die ihren zweiten spitzen Schrei an diesem Tage ausstieß und

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