Worldshaker
mehreren Reihen übereinander auf einem Samtkissen ruhten.
»Und dies sind die Nadeln für die Nähte. Damit lässt es sich sauber und akkurat arbeiten.« Dabei führte sie eine Nadel in der Luft hin und her. »Natürlich ist es viel schwieriger, als es aussieht.«
Mit einem beiläufigen Grunzen gab der Chirurg zu verstehen, dass die Operation an dem anderen Stuhl beendet war. Er trat einen Schritt zurück, um seine Arbeit zu begutachten, dann ging er sich die Hände waschen. Sein Assistent nahm ein ehemals weißes Lätzchen vom Hals des Dreckigen, das jetzt mit Blut bekleckert war.
»Guck mal, Kleines, der da hat den Eingriff schon hinter sich. Und wenn er sich erstmal erholt hat, wird er einen wunderbaren neuen Gesindling abgeben.«
Der Dreckige zuckte kurz, dann sackte er in sich zusammen.
»So friedlich und zufrieden«, plapperte Ebnolia weiter. »So wirst du auch bald sein. Und weißt du was, Kleines, du wirst es besonders gut haben, denn ich werde dich zu meinem Lieblings-Gesindling machen.« Nachdenklich legte sie einen Finger an ihr Kinn. »Ja, ich habe schon einen Narren an dir gefressen. Du hast so niedliche große flehende Augen!«
Der Assistent kam zurück und legte Riff ein frisches Lätzchen um den Hals. Dann ging er wieder.
Col überflog fieberhaft den Raum. Konnte er Riff retten, ohne seine Identität preiszugeben? Dann bemerkte er einen überzähligen Operationskittel, der über eines der Waschbecken gelegt worden war, sowie eine Kappe und einen Mundschutz auf einem Regal. Ja, so könnte es gehen …
Jetzt kam der Assistent mit einer Filzunterlage und einer Stöpselflasche zurück.
»Ach ja. Das Betäubungsmittel, um den Schmerz auszuschalten«, sagte Ebnolia. »Für später, wenn die Dämpfer eingesetzt werden.«
Riff strampelte verzweifelt unter den Riemen.
»Och, nun lass das mal, Kleines.« Ebnolia amüsierte sich köstlich. »Du willst doch nicht etwa, dass es dir wehtut?«
Der Assistent kam jetzt mit einer Schale zurück, auf der so etwas wie kleine goldene Knöpfe lagen. Er legte sie auf ein Tablett hinter Riffs Kopf. Ebnolia hielt einen für Riff in die Höhe.
»Und das sind die Dämpfer, um deinen Verstand zu dämpfen«, erklärte sie. »Du hast so viel mehr Gedanken, als du wirklich brauchst. Wenn du erst einmal gedämpft worden bist, wirst du immer noch viele nette kleine Gedanken haben, aber keine bösen großen mehr. Na, das wird dir doch gefallen, oder?«
Der Chirurg hatte sich inzwischen die Hände abgetrocknet, die OP-Handschuhe angezogen und war an Riffs Stuhl herangetreten.
Ebnolia trat zurück. »So Kleines, hier kommt der Chirurg, um deinen Schädel zu markieren. Er muss nämlich die Dämpfer an genau den richtigen Stellen in deinem Gehirn anbringen.«
In der einen Hand hielt der Chirurg eine Schieblehre, in der anderen einen Stift.
Mehr brauchte Col nicht zu sehen. Lautlos schwang er sich die letzten beiden Treppenwindungen hinunter, dann flitzte er los und versteckte sich hinter dem nächsten Tisch.
Kein Alarm, niemand hatte ihn gesehen. Vornübergebeugt huschte er um die Metallschränke herum zu den Waschbecken. Er brauchte sich nicht einmal aufzurichten, um sich einen Kittel zu greifen. Das gummiartige grüne Material machte kaum ein Geräusch, als er es zu sich heranzog.
Jetzt fehlten noch die Handschuhe, die Kappe und der Mundschutz. Er sprang kurz auf, schnappte sich die Sachen vom Regal und duckte sich wieder. Er hatte noch einmal Glück. Alle konzentrierten sich auf die anstehende Operation.
Er setzte sich die Kappe auf und schlüpfte in den Kittel. Mit rasenden Fingern knöpfte er den Kittel zu, band sich den Mundschutz um und zog die Handschuhe über.
Offenbar hatte der Chirurg die Markierung von Riffs Schädel abgeschlossen, denn jetzt begann ein surrendes, summendes Geräusch. Etwas Metallisches, das sich mit hoher Geschwindigkeit drehte …
Jetzt oder nie! Col sprang auf und rannte los.
64
Der Überraschungseffekt war seine einzige Waffe. Da er eine Chirurgenkappe und einen Operationskittel trug, konnten sich die Wachmänner keinen rechten Vers auf ihn machen.
»Wer sind Sie?«
»Arbeiten Sie hier?«
Col rannte weiter, ohne ein Wort zu sagen.
Auch der Chirurg wusste nichts Rechtes mit ihm anzufangen. »Sind Sie das, Shannock? Pendleton?«
Er hatte eine Art von Bohrgerät in der Hand, das das summende, surrende Geräusch erzeugte. Sein Assistent hielt die Stöpselflasche und ein Stück Watte. Col schubste die beiden zur Seite und beugte
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