Worldshaker
ihnen lagen noch mehr kahle Wände und am Ende eine einzelne Tür. Und die hielt Großmutter Ebnolia gerade auf, während die Männer vom Wachtrupp sich abmühten, Riff da hindurchzuschieben.
»Das ist der Eingang«, flüsterte Gillabeth. »Warte hier.«
Riffs Widerstand half nicht. Die Männer schleppten sie hinein. Ebnolia betrat als Letzte den Raum und schloss die Tür.
»Du kannst von Glück sagen, dass sie nicht abgeschlossen hat«, sagte Gillabeth. »Was hast du jetzt vor?«
»Weiß ich nicht. Und du?«
»Ich bringe Antrobus zurück. Ich habe dir genug geholfen.«
»Warum hast du mir überhaupt geholfen?«
Gillabeth runzelte die Stirn. »Weil du nie etwas allein hinkriegst. Du bist ein hoffnungsloser Fall.«
Ohne ein weiteres Wort ging sie davon.
Col verstand sie nicht und versuchte es auch gar nicht. Er schlich den Gang entlang bis zur Tür. Kein Zutritt stand auf einem Schild zu lesen, und ein ausgeklügeltes System an Hebeln und Riegeln schien dieser Warnung noch Nachdruck zu verleihen. Aber wie Gillabeth schon bemerkt hatte, war die Tür nicht abgeschlossen.
Er trat ein – ein langer, leerer Gang führte zu einer anderen Tür. Auf Kopfhöhe befand sich eine kleine quadratische Glasscheibe. Vorsichtig lugte er hindurch.
Auf der anderen Seite befand sich das obere Ende einer eisernen Wendeltreppe und dahinter eine offene Fläche, die in einem kalten, silbrigen Licht lag. Deck 49 endete hier; die Korrekturkammer lag ein Deck tiefer.
Er stieß die Tür einen kleinen Spalt auf. Das Erste, was er wahrnahm, war der Geruch: scharf, beißend, antiseptisch. Er schlüpfte hinein und kauerte am oberen Ende der Wendeltreppe.
Als er hinunterguckte, sah er hohe weiße Metallschränke, mit grünen Laken bedeckte OP-Tische, Waschschüsseln aus Zink und an den Decken Ventilatoren, die sich langsam im Kreise drehten. Der Raum war im Halbdunkel, abgesehen von zwei Leuchtröhren, die über zwei hohen Lederstühlen hingen. Neben jedem der beiden Stühle stand ein schwarzes Gestell, an dem in unterschiedlicher Höhe Emailleschüsseln und andere Gerätschaften befestigt waren.
An einen der Lederstühle war ein Dreckiger festgeschnallt worden. Zwei Gestalten im Operationskittel mit Mundschutz und Kappen waren über ihn gebeugt. Einer von ihnen war offensichtlich der Chirurg, der andere sein Gehilfe, ein Gesindling. Während der Gehilfe eine Schere hielt, machte der Chirurg sich am Mund des Dreckigen zu schaffen.
Riff wurde gerade an den anderen Stuhl geschnallt, der zurückgekippt worden war. Die Wachmänner hatten die Handschellen gelöst und waren jetzt damit beschäftigt, ihre Hände an der Seitenlehne und die Füße an einer Fußstütze festzuschnallen. Ein besonders weiter Riemen kam um ihren Hals, und das Kinn wurde in eine Art Ledergurt eingeschlossen.
Dann zogen sie sich zurück. Riff war fixiert. Ihre großen Augen blickten voller Angst.
»Na, na, na.« Ebnolia trat an sie heran. »So, nun lass uns mal den Schmuck abnehmen. Den brauchst du ja jetzt nicht mehr.«
Ihre gütige Stimme jagte Col einen Schauer über den Rücken. Mit ihren zierlichen Fingern löste Ebnolia vorsichtig die Ohrringe von Riffs Ohren. Mit dem ledernen Gurt um ihr Kinn konnte Riff zwar nicht richtig sprechen, aber sie fauchte wie ein wildes Tier.
»Na, na. Sei still, Kleines. Bald wird’s dir besser gehen. Dann wirst du nicht mehr so wild und widerspenstig sein. Und wenn sie dir die Zunge zurechtgemacht haben, wirst du auch diese hässlichen Geräusche nicht mehr von dir geben.«
Col passte den richtigen Moment ab und stieg die Treppe ein Stück weiter hinab. Er war kurze Zeit aus der Deckung, aber niemand guckte in seine Richtung. Er duckte sich wieder, so dass er nicht mehr zu sehen war.
Die Ventilatoren summten monoton vor sich hin. Ebnolia redete weiter, und Riff fauchte weiter.
»Guck mal, diesen Draht nehmen sie zum Nähen.« Ebnolia schwenkte eine der Emailleschüsseln aus dem Gestell. Darauf lag ein halbes Dutzend Spulen mit hellem Golddraht.
»Allerfeinster Draht, siehst du?« Sie hielt Riff eine Spule vors Gesicht. »Nicht nur für die Zunge, sondern auch für andere Körperteile. Sie nähen dich innen drin zusammen, wo es keiner sehen kann. Du hast nämlich viel mehr Bewegungsfreiheit, als du eigentlich brauchst.«
Jetzt zog sie eine andere Emailleschüssel hervor, in der sich eine kleine Schachtel befand, wie eine Schatulle. Sie öffnete sie, um Riff ein stattliches Aufgebot an glänzenden Nadeln zu zeigen, die in
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