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Worldshaker

Worldshaker

Titel: Worldshaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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schnippisch.
    Sie schien innerlich zu kochen, und Col wusste nicht, wie er mit ihr Frieden schließen sollte. Es war ihm nie gelungen, von Gleich zu Gleich mit Gillabeth zu sprechen. Sie nahm ihm gegenüber lieber die Haltung einer Erwachsenen ein.
    »Ist dir eigentlich klar, warum sie alle so um dich herumscharwenzeln?«, fragte sie plötzlich. »Die Mütter?«
    »Warum?«
    »Sie wollen dich für eine ihrer Töchter an Land ziehen.«
    Col verstand immer noch nicht und Gillabeth schoss ihm einen ihrer Was-hab-ich’s-bloß-schwer- Blicke zu.
    »Du bist der zukünftige Oberbefehlshaber. Sie hoffen, in unsere Familie einzuheiraten.«
    »Aber … ich bin überhaupt nicht alt genug, um irgendjemanden zu heiraten.«
    »Sobald du einundzwanzig bist. Die planen weit voraus.«
    Col überlegte. Ihm gefiel die Vorstellung nicht, dass man nach ihm angelte – und obendrein indirekt, die Mütter, nicht die Töchter.
    »Wann ist denn der Königliche Galaempfang?«, fragte er nach einer Weile.
    Wieder einer von Gillabeths Blicken. »Morgen Abend im Großen Versammlungssaal.«
    »Werde ich da hingehen?«
    »Ja, auf besondere Einladung der Königin. Großvater wird dich Königin Victoria offiziell vorstellen.«
    »Und du?«
    »Ich bin nicht eingeladen.«
    »Oh. Du wirst also erst eingeladen, wenn du offiziell vorgestellt wirst?«
    »Ich nicht. Ich bin noch niemandem offiziell vorgestellt worden.« Plötzlich explodierte Gillabeth. »Hör mal zu. Du magst ja jetzt ein zukünftiger Oberbefehlshaber sein, aber für mich bist du derselbe, der du immer gewesen bist. Erwarte nur nicht, dass ich jetzt anfange, um dich herumzuscharwenzeln!«
    »Ich habe niemals erwartet, dass –«
    »Hier ist dein Gang, und da ist deine Kabine!« Sie zeigte auf eine Tür. »Pass auf, dass du dich nicht verläufst.« Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und marschierte zu ihrer eigenen Kabine im nächsten Gang.
    Er starrte ihr hinterher. Egal was er tat, irgendwie kam er nie mit Gillabeth auf einen Nenner. Sie war ihm ein absolutes Rätsel.

14
    Am Sonntag beim Frühstück verkündete Sir Mormus feierlich, dass er seinen Enkel abends beim Galaempfang Königin Victoria und ihrem Prinzgemahl vorstellen werde. Die Oberhäupter samt Gattinnen der anderen vier Familienzweige waren ebenfalls eingeladen.
    »Also, einwandfreie Erscheinung und einwandfreies Benehmen, mein Junge«, ermahnte er Col.
    Col hatte Königin Victoria schon oft von weitem gesehen, aber noch nie aus der Nähe. Ihre Majestät Victoria II. war seit zehn Jahren Königin. Als offizielles Oberhaupt der Kirche des Empire verkörperte sie Güte, Größe und Ruhm. Zum Gemahl hatte sie einen Adligen des dänischen Juggernaut Dannebrog erwählt, dem durch die Heirat der Titel Seine Königliche Hoheit Prinz Albert zustand.
    Die Kleidung, die Col zu dem Empfang tragen sollte, war würdevoll und feierlich zugleich: ein Gehrock mit Weste und Frackhemd. Stundenlang widmeten sich seine Mutter und Großmutter seiner Erscheinung, während Gillabeth zuschaute, die Arme vor der Brust verschränkt. Schließlich war der große Augenblick gekommen.
    Beim Einzug in den Großen Versammlungssaal ging Col neben seinen Großeltern her, gefolgt von den anderen geladenen Porpentines. Dann fiel auch Ebnolia zurück, und Col bewegte sich im Gleichschritt mit Sir Mormus über den Teppich.
    Der Saal war ein riesiges Oval, über dem sich in vierzig Fuß Höhe eine Kuppeldecke wölbte. In ehrfurchtsvoller Scheu bestaunte Col die weißen Säulen, die schweren Samtvorhänge und den Kronleuchter, der im Glanz von tausend Kerzen erstrahlte.
    Auf kannelierten Sockeln standen Statuen aus Marmor, und Aspidistras in Terrakotta-Töpfen reckten ihre Blätter empor. Nie zuvor hatte Col den Saal in voller Beleuchtung und so prächtig geschmückt gesehen.
    Mindestens hundert Personen waren da. Gesindlinge mit den Königlichen Insignien V&A huschten unterwürfig durch das Gedränge und hielten Tee und Appetithäppchen auf silbernen Tabletts bereit. Als Sir Mormus mit stolzgeschwellter Brust und zusammengekniffenen markigen Brauen voranschritt, wich die Menge wie eine Bugwelle vor ihm auseinander.
    Alle lächelten den Porpentines zu und begrüßten sie. Sir Mormus quittierte das mit einem stummen Nicken, und Col tat es ihm gleich. Die Gäste gehörten allesamt den dreißig Familien an, die die Elite des Juggernaut bildeten.
    Mit gedämpfter Stimme wies Sir Mormus Col auf die wichtigsten unter ihnen hin: »Da, zu deiner Linken: Lord Fefferley,

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