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Worldshaker

Worldshaker

Titel: Worldshaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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sagte sie.
    »Aber –«
    Sie sprang die letzten beiden Stufen nach oben und flitzte davon. Hilflos starrte er ihr hinterher. Er wollte ihr nachlaufen und sie packen, sie stoppen, sie halten, etwas, irgendwas … Er stand immer noch regungslos da, während sie einen Gang hinunterlief und schließlich aus seinem Blickfeld verschwand.

38
    Als er wieder in seinem Zimmer war, ging er stundenlang auf und ab. Wie dumm er gewesen war! Sie hatte überhaupt kein Interesse an ihm, sondern dachte nur an die anderen Dreckigen. Sie war auf ihrer ganz persönlichen Spionagetour, und er hatte nichts damit zu tun.
    Als er endlich ins Bett kletterte, konnte er immer noch nicht einschlafen. Ich habe Wichtigeres zu tun. Er sah sie förmlich, wie sie den Juggernaut erkundete, in ihrem Kopf Lagepläne aller Decks abspeicherte und die Revolution der Dreckigen plante. Er fühlte sich benutzt und verraten.
    Schließlich schlief er ein … aber als er am nächsten Morgen aufwachte, fluteten dieselben Gedanken augenblicklich zurück. Ich habe Wichtigeres zu tun. Wie hatte er nur so dumm sein können! Eine ebensolche Schnapsidee war es gewesen, ihr in seinem Schrank Unterschlupf zu gewähren – und jetzt hatte er ihr wieder geholfen!
    Selbst beim Frühstück schien er von der übrigen Welt durch eine Glaswand getrennt zu sein. Ihm war ziemlich egal, was mit ihm in der Schule geschehen würde. Die Squellingham-Bande würde ihn verprügeln, wenn nicht heute, dann morgen, und wenn nicht morgen, dann in einer Woche. Er konnte es nicht ändern.
    Genau genommen passierte den ganzen Tag nichts. Während des Unterrichts oder im Hof während der Pause ging er ganz in seiner Grübelei auf. Am schlimmsten war der Gedanke an Padder mit dem Stoppelbart, der mit Riff so vertraute Blicke gewechselt hatte. Zwischen den beiden bestand eine enge Verbindung, daran hatte er keinen Zweifel. Je öfter er die Szene Revue passieren ließ, desto sicherer war er, dass sie zusammen waren. Padder war derjenige, den sie richtig küsste.
    Er errötete, als er an seine Gefühle letzte Nacht dachte. Mit welcher Spannung er an der Versorgungsschütte auf sie gewartet hatte, das warme Kribbeln, wenn er an den Kuss dachte, den sie ihm damals gegeben hatte. Geradeso, als hätte er es noch einmal erleben wollen. Er hatte es noch einmal erleben wollen.
    Verrückt! Pervers! Ungeheuerlich! Er hasste sich dafür, aber er konnte es nicht leugnen. Natürlich hatte er gewollt, dass Riff ihm Kämpfen beibrachte, aber nicht deswegen hatte sein Herz bei dem Gedanken an sie einen Sprung gemacht. Er hatte die ganze Zeit einen anderen Grund gehabt …
    Er stieß sich die Spitze seines Füllfederhalters in den Handrücken. Die Schande! Er stieß härter zu. Diesmal trat ein kleiner Blutstropfen aus. Er hatte Schmerzen, und er verdiente es, Schmerzen zu haben. Die Schande! Die Schande! Die Schande!
    Der Rest des Tages war von trostloser Belanglosigkeit. Ihm blieben keine Tagträume mehr zu träumen. Nach der Schule ging er auf seiner gewohnten Route über Deck 37 nach Hause.
    Vor ihm war Septimus Trant, sein federnder Schritt zeugte von einer gewissen Beschwingtheit. Wahrscheinlich war er auf dem Weg zur Norfolk-Bibliothek. Ob er immer noch mit Professor Twillip die Frühgeschichte der Dreckigen und der Juggernauts erforschte? Col hatte inzwischen jegliches Interesse daran verloren.
    Er bog in einen anderen Gang und nahm den Weg über die Westmoreland-Galerie zu Deck 42. Die Galerie war eine lange Halle, mit Ölgemälden auf der einen und Hortensienbäumchen in Kübeln auf der anderen Seite.
    Auf halbem Wege kam ein Gesindling aus einer Seitentür und überquerte schlurfend vor ihm die Halle. Eigentlich hätte er ihn aus dem Weg scheuchen sollen, aber stattdessen hielt er an, um ihn passieren zu lassen. Seltsamerweise hielt der Gesindling ebenfalls an.
    Noch seltsamer war, dass er sich umdrehte und ihn ansah. Unerhört!
    »Hast mich wohl nicht erkannt?«, sagte sie und streckte ihm die Zunge raus.
    Sie hatte dieselbe verhutzelte Haltung wie alle Gesindlinge und trug dieselbe sackförmige Schlafanzuguniform. Das Haar war grau und zu einem Knoten zusammen gebunden – Riff in Verkleidung.
    »Komm hier rüber«, sagte sie und trat zwischen die Hortensien.
    Col folgte ihr und war alsbald völlig hinter den üppigen Bäumchen verschwunden. »Wie machst du das bloß?«
    »Ich bin gut, was?«
    Offensichtlich hatte sie die Uniform ausgestopft und sich das Haar grau gepudert. Sie drehte sich einmal

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