Worldshaker
nachdrücklich woandershin.
Col gab auf. Er hatte Geheimnisse mit Septimus geteilt, hatte ihn mitgenommen zur Norfolk-Bibliothek … und das alles zählte nicht mehr. Sein Mund verzog sich zu einer dünnen harten Linie. Er war wütend und verletzt.
Während des restlichen Tages blieb er für sich. Ein paarmal fing er einen Blick von Septimus auf, der ihn mit zerknitterter Miene ansah. Er ging nicht darauf ein. Wenn Trant mit der Meute heulen wollte, dann war das seine Sache.
Während der Pausen nahm sich Col ein Buch und tat so, als würde er lesen. Er saß allein auf der Rampe, die zur Galerie im ersten Stock führte, und starrte auf eine Seite, ohne die Schrift zu sehen. Vermutlich war es verboten, auf der Rampe zu sitzen, aber die Hofaufsicht ignorierte ihn genauso wie alle anderen.
Wenigstens sollte seine Qual bald ein Ende haben. Am Nachmittag verkündete Mr. Gibber, dass am kommenden Donnerstag die Abschlussprüfungen stattfinden würden und dass Freitag der letzte Schultag wäre.
Col war erleichtert. Da er mitten im Schuljahr angefangen hatte, hatte er nie groß an das Ende des Schuljahrs oder an die Ferien gedacht. Bei Professor Twillip hatte er das ganze Jahr hindurch Unterricht gehabt. Und jetzt waren es nur noch vier Tage! Wenn er das Ende der Woche unversehrt erreichte, dann hatte er die ganzen Ferien über Zeit zu trainieren und seine Kampftechnik zu verbessern.
Er war auf dem Heimweg, als er eilige Schritte hinter sich hörte. Als er sich umdrehte, sah er Septimus Trant.
»Sei mir nicht böse«, bat ihn Septimus, als er näherkam. »Ich bin nicht so stark wie du.« Col ging weiter.
»Ich bin ein Feigling. Das weiß ich. Ich verdiene alles, was du über mich denkst.« Septimus war fast genauso groß wie Col, aber irgendwie wirkte er schwach und zerbrechlich. »Sprich mit mir, bitte.«
Col guckte finster. »Man muss für seine Überzeugungen eintreten!«
»Das kann ich nicht. Du kannst das. Du machst nie einen Rückzieher und biederst dich nie bei jemandem an. Ich würde alles dafür geben, mehr so wie du zu sein.«
Er klang so hoffnungslos und flehend, dass Col ihm nicht länger böse sein konnte. Obwohl keiner etwas sagte, hatte Septimus wohl gespürt, dass die Stimmung umgeschlagen war. Er ging jetzt im Gleichschritt neben Col her.
»Ich habe übrigens gute Neuigkeiten«, sagte er. »Das wollte ich dir schon den ganzen Tag erzählen.«
»Was?«
»Unser Geschichtsprojekt. Professor Twillip und ich haben daran gearbeitet.«
Col musste einen Augenblick überlegen. »Ach ja. Wo die Dreckigen herkommen. Die Anfänge der Juggernauts.«
»Ja, es hat ewig gedauert, überhaupt Bücher darüber zu finden. Vor zwei Tagen hatten wir den großen Durchbruch.«
»Ihr habt die Wahrheit herausgefunden?«
»Ja. Mehr als genug.«
»Dann sag’s mir.«
»Nicht hier. Außerdem wollte Professor Twillip es dir selbst erzählen. Komm mit zur Norfolk-Bibliothek.«
43
Professor Twillip saß wie immer an seinem Tisch, im Schein der einsamen Leuchtröhre. Über den Rand seiner Brillengläser hinweg blickte er Colbert an. »Schön, schön. Da bist du ja, Colbert.«
»Ich habe ihm gesagt, dass Sie’s selbst erzählen wollten.«
»Ach, ich befürchte, ich bin wohl etwas eitel.« Professor Twillip strahlte über das ganze Gesicht. Er zeigte auf einige Bücher, die auf dem Tisch ausgebreitet waren. »Wir haben Material für unser Geschichtsprojekt gesammelt.«
»Das ist alles? Sechs Bücher?«
Professor Twillip nickte. »Und nur zwei davon handeln wirklich von unserem Thema. Kaum zu glauben, dass über so wichtige Ereignisse so wenig geschrieben worden ist.«
»Oder so wenig in dieser Bibliothek aufbewahrt worden ist«, sagte Septimus.
»Das ist richtig.« Professor Twillip stülpte die Lippen vor.
»Vielleicht hat niemand daran gedacht, die Sammlung an Geschichtsbüchern auf den neuesten Stand zu bringen, als der Worldshaker vom Stapel lief. Mit der jüngsten Geschichte waren damals alle so vertraut, dass es ihnen gar nicht in den Sinn kam, dass sie später in Vergessenheit geraten könnte.«
»Oder aber es gab Bücher, und jemand hat sie zerstört«, sagte Septimus.
»O nein, nein, nein.« Professor Twillip war sichtlich schockiert. »Ich bin mir sicher, dass niemand jemals absichtlich Bücher zerstören würde.«
»Diese beiden enthalten die meisten Informationen.« Septimus lenkte Cols Aufmerksamkeit auf einen dicken Band mit dem Titel Europa im Zeitalter der Französischen Revolution und einen
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