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anderen: Napoleons Kriegsführung – Strategie und Taktik.
»In den meisten anderen sind wir nur in einzelnen Kapiteln fündig geworden«, fügte Professor Twillip hinzu. »Beim Zusammentragen der Fakten waren wir oft auf indirekte Beweisführung angewiesen.«
»Ich wette, dass wir richtig liegen«, sagte Septimus.
»Dein Freund hat eine echte Begabung zum Wissenschaftler, Colbert.« Professor Twillips Lächeln galt Septimus. »Wogegen ich gestehen muss, dass ich die paar Sachen, die ich mal gewusst habe, völlig vergessen hatte. Selbst der Friede von Brüssel fiel mir erst wieder ein, als ich davon las.«
»1842«, sagte Septimus. »Beendete den Fünfzigjährigen Krieg und läutete das Zeitalter des Imperialismus ein.«
»Ja.« Professor Twillips Lächeln weitete sich. »Natürlich kannte ich die Namen vieler großer Schlachten des Fünfzigjährigen Krieges. Jemappes, Wattignies, Marengo, Esternay, Liegnitz, Magdeburg, Bratislava. Aber für mich waren das nur Namen ohne Bedeutung.«
»Sie hatten nie von Dartford gehört«, sagte Septimus.
»Nein, nicht von der Schlacht von Dartford. Ebenso wenig von der Schlacht von Crawley. Oder der Kapitulation von Aylesham.«
»Langsam, langsam.« Col schüttelte den Kopf. »Von Anfang an bitte.«
»Der Anfang? Ja, natürlich.« Professor Twillip legte die Fingerspitzen zusammen und hielt sie unter sein Kinn. »Ich nehme an, wir beginnen am besten mit der Französischen Revolution.«
»Der was?«
»Eine Revolution des französischen Volkes gegen ihren König. In Großbritannien hatte damals schon die Industrialisierung begonnen, und sie machte schnelle Fortschritte, während Frankreich vergleichsweise rückständig war; dazu trug auch der königliche Absolutismus bei.«
»Großbritannien? Das ist dasselbe wie die Alte Heimat, oder?«
»Ja. Vielleicht hätte ich doch mit der Industriellen Revolution anfangen sollen.«
»Nein. Weiter, weiter.«
»Nun, 1789 ergriff in Frankreich das Bürgertum die Macht, mit Hilfe der Nationalversammlung. Die gemäßigten Bürger wurden dann von den Radikalen entmachtet, die sich auch auf die Unterschicht stützten. Arbeiter und arme Leute aus den Städten. Ungebildete Menschen.«
»Aber nicht dumm.« Septimus sprach Col direkt an. »Sie forderten nicht nur die Gleichheit vor dem Gesetz; auch am Wohlstand sollten alle teilhaben.«
»Hmm.« Professor Twillip runzelte die Stirn. »Dumm waren die Radikalen vielleicht nicht. Aber sie waren sehr brutal. Erst ließen sie die königliche Familie hinrichten und dann alle, die nicht ihrer Meinung waren. Das nannten sie die Schreckensherrschaft. Sie wollten alles umwerfen. Die neuen Ideen breiteten sich nach Großbritannien aus und sorgten auch dort für Unruhe in der Unterschicht.«
Wortlos zeigte Septimus auf eines der aufgeschlagenen Bücher. Eine Kapitelüberschrift lautete Robespierre und die Schreckensherrschaft.
»Dann riss ein General namens Napoleon Bonaparte die Revolution an sich«, fuhr Professor Twillip fort. »Er führte Krieg gegen fast jedes andere Land in Europa.«
»Und hat sie alle geschlagen«, fügte Septimus hinzu. »Das war der Beginn des Fünfzigjährigen Krieges.«
»Im Jahre 1802 hatten Preußen, Österreich und Russland aufgegeben. Nur England kämpfte noch gegen ihn. Also ist er einmarschiert.«
Col verschlug es den Atem. »Wie konnte er das nur tun? Das ist … das ist –« Ihm fehlten die Worte, um auszudrücken, wie böse das war.
»Ich weiß.« Hinter seiner Brille drückte Professor Twillip eine Träne weg. »Aber das war ihm egal, denn er war ein Revolutionär. Da er die britische Marine nicht schlagen konnte, hatte er eine andere Idee. Oder vielmehr ein Ingenieur namens Albert Mathieu-Favier. Die Franzosen gruben einen Tunnel unter dem Ärmelkanal, von Calais nach Dover, unter größter Geheimhaltung. Sie brauchten dazu zweieinhalb Jahre. In der Alten Heimat hegte niemand den geringsten Verdacht, bis sich plötzlich ein Loch im Boden auftat, eine halbe Meile von der Küste im Landesinnern.«
Septimus blätterte durch das andere Buch, bis er zu einer Karte kam, die den Verlauf des Tunnels zeigte, mit einer gestrichelten Linie von Frankreich nach England. Er zeigte auf ein X am Ende des Tunnels auf der englischen Seite. »September 1804. Die französischen Truppen strömten aus dem Loch hervor.«
»Wer hat gewonnen?«, fragte Col. »Wir haben sie doch sicher geschlagen, oder?«
»Ganz so einfach war’s nicht«, sagte Professor Twillip. »Napoleon
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