Worldshaker
nicht recht!« Sir Wisley tobte. »So etwas hat es noch nie gegeben.«
»Es hat sehr wohl Präzedenzfälle gegeben.« Ebnolias liebenswürdiger Tonfall schlug eine Schneise in sein Getobe. »Dreimal vorher. Ist alles in den Archiven der Staatskirche dokumentiert. Ich kann es Ihnen zeigen, wenn Sie möchten.«
Sir Wisley holte tief Luft. »Damals müssen besondere Gründe vorgelegen haben. Staatsräson, andere Gründe. Jetzt liegen keine Gründe vor. Außer einem Komplott, um Wunsch und Willen der Exekutivkammer zu sabotieren.«
Königin Victoria hob die Stimme: »Was für Gründe, Sir Mormus? Was für Gründe, Lady Ebnolia?«
Ebnolia antwortete mit ihrem großmütterlichsten Lächeln. »Sie lieben sich, Eure Majestät.«
Die zweite Tür öffnete sich und Sephaltina Turbot trat ein, in Begleitung der Ehrenwerten Hommelia Turbot.
Überrascht starrte Col sie an. Als er Sephaltina das letzte Mal gesehen hatte, trug sie eine Schuluniform. Jetzt war ihr flachsblondes Haar zu raffinierten Zöpfen geflochten und wurde von blauen Bändern zusammengehalten. Sie hatte Puder auf den Wangen, und ihr Rosenknospenmund schien noch kleiner und rosiger.
»Sie sollen sich nebeneinander stellen«, sagte Sir Mormus.
Ebnolia und Hommelia brachten Col und Sephaltina in Stellung. Sephaltina kaute schüchtern an ihrer Unterlippe.
»Geben sie nicht ein entzückendes Paar ab?«, hauchte Ebnolia.
»Zu jung«, knurrte Sir Wisley.
Königin Victoria bedeutete ihm zu schweigen und wandte sich an Col und Sephaltina. »Und wo habt ihr beiden euch kennengelernt?«
»An Dr. Blessamys Akademie«, sagte Sephaltina.
Königin Victoria klatschte in die Hände. »Wie entzückend! Und ihr liebt euch wirklich und wahrhaftig?«
»Sag ja«, murmelte Orris, so leise, dass nur Col es hören konnte.
»Ja, Eure Majestät.«
»Und das junge Mädchen?«
Sephaltina errötete und senkte den Blick.
»Oh, sie ist recht beharrlich gewesen.« Hommelia sprach für ihre Tochter. »Nicht wahr, Turbot?«
»In der Tat«, sagte der Erste Steuermann. »Fest entschlossen.«
Königin Victorias langes Pferdegesicht wirkte fast mädchenhaft, als sie sich an ihren Prinzgemahl wandte. »Was meinst du, mein Lieber? Soll ich meine Sondererlaubnis erteilen?«
Prinz Albert zog an einem Ende seines Schnurrbarts, dann am anderen. »Sie könnten sich jetzt verloben. Und später heiraten.«
»Sie wollen nicht warten«, sagte Ebnolia. »Sie möchten so bald wie möglich heiraten.«
»Wie bald?«, fragte Königin Victoria.
»In einer Woche, Eure Majestät.«
Jeder im Saal riss die Augen auf. Col hatte das Gefühl, dass hier einfach über sein Schicksal entschieden wurde, aber es berührte ihn nicht. Es war gang und gäbe, dass Ehen zwischen jungen Männern und Frauen der Elite arrangiert wurden. Wenn diese Verbindung die Porpentines vor der Katastrophe bewahrte, die er ihnen eingebrockt hatte, dann hatte er keinerlei Einwände.
Königin Victoria unterdrückte ein unschickliches Kichern. »Was haben sie’s eilig! O weh! Sie müssen wirklich sehr verliebt sein.« Sie wandte sich zu ihrem Prinzgemahl. »Weißt du noch, bei uns, Albert, als wir uns kennengelernt haben, vor so vielen Jahren.«
»So viele Jahre ist das noch gar nicht her«, sagte Prinz Albert, immer galant. »Es kommt mir vor, als wär’s gestern gewesen.«
»Du bist in Gibraltar an Bord gekommen. Ursprünglich sollten wir mindestens achtzehn Monate verlobt sein.«
»Aber du wolltest auf keinen Fall länger als sechs Monate warten.« Er legte seine Hand auf den Tisch neben die der Königin. »Nachdem wir uns das erste Mal gesehen hatten. Du hast ein Machtwort gesprochen.«
»Ja, nicht wahr?«
Sie kamen sich immer näher. Fast hätten sich ihre Arme berührt, wenn sich Königin Victoria nicht – mit einem leisen Zittern – zusammengerissen hätte.
»Ich erlaube es«, sagte sie. »Diese beiden jungen Leute können heiraten, so bald sie wollen.«
»Danke, Eure Majestät«, sagte Sir Mormus.
»Danke, Eure Majestät«, wiederholte der Erste Steuermann Turbot.
Orris seufzte erleichtert.
»Dürfen wir darauf hoffen, dass Eure Majestät die Zeremonie selbst vollziehen werden?«, fragte Ebnolia.
»Aber ja doch! Aber ja!« Königin Victoria klatschte in die Hände. »Das wäre mir ein Vergnügen.«
In der Kammer ertönte zaghafter Applaus. Die Stimmung war zugunsten der Porpentines umgeschlagen.
»Nun ja.« Die Königin machte wieder ein ernstes Gesicht. »Ich denke, wir sollten wieder zur Tagesordnung
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