Worldshaker
heilfroh wegzukommen. Warum, war ihm egal. Es stellte sich heraus, dass ihn sein Vater zu Deck 51 bringen wollte. Mit seinen traurigen, vorstehenden Augen konnte Orris zwar niemals glücklich aussehen, aber zumindest wirkte er etwas weniger trübsinnig als sonst. Ja, es kam Col fast so vor, als wäre er in Hochstimmung.
Er wollte ihm nicht sagen, warum man ihn herbeordert hatte. »Dein Großvater möchte nicht, dass ich es dir sage.«
»Die Exekutivkammer befindet sich auf Deck 51, nicht wahr?«
»Ja.«
»Tagt die Kammer?«
»Dein Großvater möchte nicht, dass ich es dir sage.«
Zwanzig Minuten später gingen sie auf die Tür der Kammer zu. Orris trat aber nicht ein, sondern bog in einen kleinen getäfelten Vorraum ein.
In dem Raum saß Großmutter Ebnolia auf dem einzigen vorhandenen Stuhl. Sie trug ihre besten Kleider. Ihre Taille hatte sich unter dem Korsett fast verflüchtigt.
Col wurde immer neugieriger. »Was ist los?«, fragte er seine Großmutter.
»Psst.« Sie wies auf eine schwere Flügeltür.
Von der anderen Seite drang leises Gemurmel herüber. Col erkannte Königin Victorias deutliche Sprechweise und den rostigen Bass von Prinz Albert.
In der Mitte der Tür klaffte ein kleiner Spalt, weil die Türflügel nicht völlig geschlossen waren, und während Orris auf den Boden starrte und Ebnolia schweigend auf ihrem Stuhl saß, schlich sich Col zur Tür. Kein Widerspruch wurde laut, als er sich vorlehnte und durch den Spalt lugte.
Die Exekutivkammer tagte tatsächlich. Die Tische waren wieder in einem Halbkreis aufgestellt, und Sir Wisley Squellingham marschierte auf und ab. Er hielt eine Rede.
»Es hat sich leider ergeben, Eure Majestät, dass der Oberbefehlshaber nicht mehr wie selbstverständlich über die Achtung und das Vertrauen der Exekutivkammer verfügt. Auch wenn er die Amtsschlüssel trägt, so muss ich leider sagen, dass sein Urteilsvermögen in Frage gestellt worden ist. Seit einem gewissen Vorfall vor vierzehn Tagen hat er es an Führungskraft fehlen lassen.«
Zur Rechten der Königin erhob sich Sir Mormus von seinem Platz. Col erwartete eine vor Verachtung triefende Zurückweisung. Sir Mormus jedoch sagte nichts.
»Daher haben wir uns zu einem schweren Schritt entschlossen, Eure Majestät.« Mit dem Zeigefinger stieß Sir Wisley in den Raum. »Ein Misstrauensvotum gegen den Oberbefehlshaber. Aber in der Kammer muss Eintracht herrschen. Deswegen möchten wir, dass dieses Votum in Eurer Gegenwart stattfindet.«
Prinz Albert räusperte sich. »Und wenn Porpentine verliert?«
Sir Wisley gab sich demütig. »Ich überlasse es meiner Königin, zu entscheiden, was dann geschieht.«
Königin Victoria wandte sich an den Oberbefehlshaber. »Nun, Sir Mormus?«
»Gewiss doch.« Sir Mormus war erhaben wie eh und je. »Mag Squellingham sein Votum haben, wenn er will. Ich habe an Wichtigeres zu denken.«
»Wichtigeres?«
»Königliche Hoheit, ich habe eine Bitte an Euch, die die Familien Porpentine und Turbot betrifft.«
Sir Wisley wirbelte herum, um einen giftigen Blick auf den Ersten Steuermann Turbot zu werfen. Dann wandte er sich wieder Königin Victoria zu. »Die Abstimmung geht vor«, zischte er. Aber es hatte ihn kalt erwischt, und sein Protest klang nicht überzeugend.
»Nein, nein«, sagte Königin Victoria. »Was mag wohl wichtiger sein als ein Misstrauensvotum?«
Sir Mormus drehte sich zur Flügeltür um, als sähe er Col direkt in die Augen. »Mein Enkel Colbert«, donnerte er. »Er möge vortreten.«
Plötzlich wurden die beiden Türflügel aufgerissen. Überrascht stellte Col fest, dass sein Vater links und seine Großmutter rechts hinter ihm standen.
Sie geleiteten ihn in die Mitte der Kammer. Die Mitglieder des Ausschusses gafften ihn an.
»Was hat das zu bedeuten?«
»Was ist hier los?«
Sir Mormus wandte sich ausschließlich an Königin Victoria. »Mein Enkel möchte heiraten, Eure Majestät.«
Alle in der Kammer hielten die Luft an – auch Col.
»Er bittet Euch um Erlaubnis, Sephaltina Turbot heiraten zu dürfen«, fuhr Sir Mormus fort.
Orris nickte zustimmend.
Königin Victoria runzelte die Stirn. »Ist er dafür nicht etwas jung?«
Sir Wisley fuhr dazwischen. »Unmöglich! Natürlich ist das unmöglich! Er ist keine einundzwanzig. Nicht einmal annähernd einundzwanzig.«
»Er ist sechzehn.« Ebnolia deutete einen Knicks vor Ihrer Majestät an. »Sephaltina Turbot ist siebzehn. Sie können sehr wohl heiraten, mit Dispens von der Königin.«
»Das ist
Weitere Kostenlose Bücher