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Worm

Worm

Titel: Worm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Bowden
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haben«, sagte er, »sehe ich keinen Grund, warum ich hier noch mehr Ihrer kostbaren Zeit verschwenden sollte.«
    Als er aufstand, erhob sich ein Chor von Protestrufen.
    »Bleiben Sie«, rief jemand.
    »W ir wollen hören, was Sie zu sagen haben«, sagte ein anderer.
    Rodney setzte sich wieder hin. Er holte Kopien seiner Präsentation heraus, die er auf Papier von Neustar ausgedruckt hatte, und teilte sie aus. Die Frau, die den Tumult ausgelöst hatte, blätterte durch ihre Kopie und sagte: »Ja, das ist genau dieselbe Präsentation, die wir gestern bei dem geheimen Briefing im Weißen Haus gesehen haben.«
    Die versammelte Runde brach in Gelächter aus, als ihnen klar wurde, dass US - CERT kurzerhand Rodneys Präsentation genommen und im Weißen Haus als eigene Arbeit ausgegeben  – und obendrein noch als geheim eingestuft  – hatte! Rodney konnte das später durch seine Kontaktperson im Weißen Haus bestätigen, die bei allen drei Treffen anwesend gewesen war. »Sie haben sie einfach als ihre eigene Arbeit ausgegeben«, sagte die Kontaktperson. So viel zur viel gerühmten Cyberabwehr der amerikanischen Bundesbehörden.
    Was Rodney da machte, war harte Arbeit, der Versuch, die Regierung der Vereinigten Staaten, diesen gigantischen schlummernden Riesen, zu wecken und ihre immensen Ressourcen für diesen Kampf zu aktivieren. Rodney hatte Erfolg, wenigstens bis zu einem bestimmten Punkt. Am Donnerstag jener Woche leitete T. J. die Anfrage weiter, acht Mitarbeiter von US - CERT in die Mailingliste aufzunehmen.
    Rodney, der gerade eine ganze Woche mühsam um Anerkennung und Aufmerksamkeit gekämpft hatte, war daher ziemlich überrascht, als ihm Kritik aus den eigenen Reihen entgegenschlug. Nicht aus der »Kabale« selbst, zumindest nicht direkt, aber die Nachricht von Rodneys Präsentationen in Washington hatte im Stamm der Geeks die Runde gemacht, nachdem jeder Agent, Beamte und Mitarbeiter seine eigenen Quellen und seine eigenen Sicherheitsleute kontaktiert und gefragt hatte: Wer ist dieser Kerl? Stimmt das, was er da erzählt? Ist dieser Conficker-Wurm wirklich so gefährlich, wie er behauptet? Und wenn ja, warum habt ihr uns nicht darüber informiert? Einige erhielten auch Antworten  – ohne Zweifel auch von Leuten, die versuchten, ihren eigenen Arsch zu retten, und meinten, dieser Rodney Joffe könnte die Gefahr  … unter Umständen  … doch auch  … ein bisschen  … übertrieben haben. Immerhin hatte der Wurm bisher ja noch gar nichts gemacht. Ein paar waren so sehr hintendran, dass sie immer noch an der Theorie von einem Studentenstreich à la Morris-Wurm festhielten, die spätestens seit Conficker B überholt war. Von denen, die wirklich mit dem Wurm vertraut waren, stellte keiner diese Behauptung auf, dafür aber Leute, die nur am Rand mit der Sache befasst waren, Leute, die fürchteten, der Kerl, der da in Washington Alarm schlug, könnte den Tribe an sich in ein schlechtes Licht rücken, die Angst hatten, ihre eigene Glaubwürdigkeit könnte Schaden nehmen. Hier und da wurde kolportiert, so laut, wie Rodney die Trommel geschlagen habe, könnte er womöglich darauf aus gewesen sein, seinen Marktwert in die Höhe zu treiben.
    Das war  – man kann es nicht anders sagen  – unverschämt. Rodney war ein Internetpionier von echtem Schrot und Korn. Im Grunde war er es gewesen, der die Verfahren entwickelt hatte, auf denen E-Marketing und E-Commerce basierten, sowie später die Technologie zur Content- und Lastverteilung, die von ISP s überall auf der Welt verwendet wurde. Ebenso wenig war er irgendein Visionär aus dem Elfenbeinturm der Wissenschaften; er war ein erfolgreicher Unternehmer. Was die Frage anging, wohin sich diese wunderbare Technologie entwickeln würde und worin ihre Stärken und Schwächen bestanden, gab es weltweit nur wenige Leute, die es mit seiner Erfahrung aufnehmen konnten, die das ganze Ding so klar sehen konnten. Wer wäre besser geeignet, den Alarm auszulösen? Wer, die Risiken abzuschätzen?
    Sehr früh am Samstagmorgen und immer noch in Washington, setzte sich Rodney an den Schreibtisch und antwortete seinen Kritikern mit einer langen und leidenschaftlichen E-Mail, die er an alle Mitglieder der Mailingliste verschickte. Der Brief war eine mächtige Breitseite, ein Fanal für die Bedeutung ihrer Arbeit, eine Verteidigung seiner Bemühungen in Washington, eine Herausforderung und ein Ruf zu den Waffen. Wenn sie dieses Ding besiegen wollten, mussten sie aufhören, sich

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