Worm
darüber, was Sinn und Zweck des Botnetzes sein könnte.«
Markoff zitierte Phil Porras: »Der vielleicht furchterregendste Aspekt von Conficker C ist sein eindeutiges Potenzial, Schaden anzurichten. Wenn wir Glück haben, wird Conficker als eine dauerhafte und profitable Plattform für groß angelegte Betrugsmaschen und Diebstähle im Internet dienen. Im schlimmsten Fall ließe sich Conficker in eine mächtige Angriffswaffe in der Informationskriegsführung verwandeln, über die mit konzertierten Angriffen nicht nur Länder, sondern das Internet selbst lahmgelegt werden könnten.«
Der Bericht war absolut verantwortungsvoll und sachlich genau, aber wenn man in der New York Times eine Story bringt, die Begriffe wie »Zombie-Rechner« und »verheerende Angriffe« enthält, sorgt das natürlich für gehörigen Wirbel.
Heilige Sch…! Binnen Tagen bestand das Problem der »Kabale« nicht mehr darin, die Aufmerksamkeit der Leute zu gewinnen. Jetzt ging es darum, etwas zu dämpfen, was sich zumindest in bestimmten Presseerzeugnissen zu einer wahren Endzeit-Hysterie – Cybarmageddon! – auswuchs. In Wahrheit hatten diese schrillen Alarmrufe etwas Vorhersagbares; sie enthielten eine Spur von … wie sollte man es nennen? Sarkasmus? Ja, Sarkasmus machte sich breit, und das war … offen gesagt, ärgerlich. Sogar beleidigend. Es gibt kaum etwas, auf das sich die Öffentlichkeit mit mehr Begeisterung stürzt, als auf eine gute Weltuntergangsprophezeiung. Zumindest eine, die dazu angetan ist, beim Publikum ein leises Lachen zu erzeugen, im Gegensatz zu einer, die auch nur annähernd real genug erscheint, um die Leute in Scharen in die Luftschutzräume zu treiben. Die nun drohende Katastrophe schien sich schön brav auf die Unterwelt des Cyberspace zu beschränken. Kein Grund also, eingedoste Lebensmittel zu horten, die Wasserkanister zu füllen, die Schrotflinten zu laden oder sich in Schutzhaltung unter den Tischen zusammenzukauern. Hier ging es um eine Art virtuelle Apokalypse, eine Kernschmelze irgendwo da draußen im Paralleluniversum unbegreiflicher Computersysteme, und abgesehen davon ist – seien wir ehrlich – nicht jeder in seinen Computer oder in das Internet verliebt. Was machte es also schon, wenn die Geeks aus dem Häuschen gerieten? Y2K schon vergessen? Die Kassandrarufe von einem weltweiten Kollaps in dem Augenblick, in dem die Datumsanzeige vom 31. Dezember 1999 auf den 1. Januar 2000 springt? »Chaos 2000«, in triumphierenden Buchstaben an Straßenbrücken gesprayt? Ungeachtet aller morbiden Hoffnungen der weltweiten Weltuntergangsfanatiker aber ging die Nacht einfach vorbei, die Hähne krähten, und die Silvesterfeiergemeinde erwachte mit einem schweren Kater, rieb sich den Schlaf aus den Augen, und das Leben ging weiter seinen gewohnt gemächlichen Gang. Außerdem gab es jede Menge Leute, die sich tatsächlich noch an das vordigitale Zeitalter erinnerten, an eine Zeit, in der noch niemand von einem iPhone gehört hatte, an ein Leben, das langsamer verlaufen, das in einer, ehrlich gesagt, normalen, angenehmeren Geschwindigkeit dahingeflossen war. Erinnern Sie sich noch an die Tage, als man, wenn man ein Problem mit dem Telefon hatte, einfach bei Ma Bell [dem Telefonkonzern AT&T , der früher praktisch eine Monopolstellung in den USA innehatte] anrufen musste, ein Mensch antwortete und kurz darauf ein netter Kundendienstmitarbeiter vorbeikam, der einem, ohne etwas dafür zu verlangen, ein neues Telefon in die Hand drückte? Die Vorstellung, diesen ganzen Internetmist wieder loszuwerden, klang für einen ganzen Haufen Leute keineswegs nach dem Ende der Welt, und so kamen immer mehr Berichte über das bevorstehende Cybarmageddon mit einem unverkennbaren Augenzwinkern daher. Nennen wir es das Y2K -Zwinkern. Conficker schaffte es sogar in David Lettermans Late Night Show, in der Komiker-Moderator Alan Kalter den Wurm »Con- flicker « nannte und den Zuschauern riet, sich für eine unmittelbar bevorstehende Katastrophe zu rüsten: Das Ding habe per Fernsteuerung die Webcam an Davids Computer eingeschaltet … ihn splitterfasernackt erwischt … und halten Sie sich fest: Die Bilder werden demnächst im Internet zu sehen sein!
Der Wurm geriet zum Witzobjekt. Die Sache hatte etwas von dem Wir-bekommen-nur-unsere-wohlverdiente-Strafe- Appell der alten Godzilla- Filme. Nur dass hier keine feuerspeiende Echse aus der Tiefsee zur Menschheit hinaufstieg, um sie für ihre Vermessenheit zu richten,
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