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Worte bewegen die Welt

Worte bewegen die Welt

Titel: Worte bewegen die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brockhaus
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römischen Rechtsordnung war er damit ein »Freigelassener«. Die persönliche Freiheit hatte er zurückgewonnen, doch war er damit noch längst kein vollgültiger Bürger. Erst die Nachkommen eines Freigelassenen, so schrieb es das Gesetz vor, kamen automatisch in den Besitz des uneingeschränkten römischen Bürgerrechts. Wenngleich Horaz später – als berühmter Literat – oft selbst mit seiner niedrigeren Herkunft kokettierte, blieb seine Abstammung ein Makel, der ihm sein ganzes Leben lang anhaftete, da die Römer in starren sozialen Kategorien zu denken pflegten.
    DIE LEHREN GRIECHENLANDS
    Dank der Energie und der Zielstrebigkeit seines umtriebigen Vaters, der sich nach der Freilassung ein landwirtschaftliches Gut zugelegt hatte und darüber hinaus als Auktionator tätig war, genoss der junge Horaz eine für seinen Stand ungewöhnlich gute Ausbildung. Das Provinznest Venusia erschien dem »besten aller Väter«, wie ihn Horaz dankbar, aber mit dem ihm eigenen Hang zur leichten Ironie nannte, für seine ehrgeizigen Pläne nicht vornehm genug. Also schickte er den Sohn auf eine der angesehensten Schulen in Rom, wo der Abkömmling eines Freigelassenen nun zusammen mit den Söhnen der reichsten und vornehmsten Familien unterrichtet wurde. Und ganz wie die Großen der Gesellschaft, die ihren Nachwuchs mit Vorliebe in Griechenland studieren ließen, besorgte der Vater dem etwa 20-jährigen Horaz einen Ausbildungsplatz in Athen, das immer noch von seinem Ruf als Mittelpunkt der gelehrten Welt zehrte. Im Rückblick auf diese Zeit sagte Horaz, er habe in Athen »das Gerade vom Krummen« zu unterscheiden gelernt. Tatsächlich interessierte er sich hier besonders für die philosophischen Lehren Epikurs, der gegen Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. eine Schule in Athen eröffnet hatte. Sein optimistisches Ziel war es, den Menschen Anleitungen zu einem glücklichen Leben zu geben. Gelingen konnte dies nach seiner Überzeugung durch die Ausschaltung von zwei Quellen der Besorgnis: der Furcht vor den Göttern und der Furcht vor dem Tod. Positiv predigte Epikur ein Leben in Freude und seelischer Ausgeglichenheit. Horaz hat sich bei seinen Studien in Athen gut eingeprägt, was die epikureischen Lehrer ihm erzählten. Die Lebensregeln des Epikur hat er später in der berühmten Formel des »Carpe diem«, »Pflücke [das heißt: Nutze] den Tag«, besser als der Meister selbst auf den Punkt gebracht.
    BÜRGERKRIEG IN ROM
    Mitten auf diesem viel versprechenden Weg zu einer umfassenden Ausbildung, zu der neben der Philosophie auch Dichtung, Grammatik und Rhetorik gehörten, geriet Horaz, wie viele seiner Zeitgenossen, in den Strudel umwälzender politischer Ereignisse. »Harte Zeiten«, so hat er selber gesagt, »vertrieben mich von dem angenehmen Ort, ohne Erfahrung mit den Waffen rissen mich die Wogen des Bürgerkrieges hinweg.« Auslöser der Unruhen war die Ermordung des römischen Diktators Iulius Caesar am 15. März 44 v. Chr. Einer der Anführer der Verschwörung, Marcus Iunius Brutus, eilte nach Griechenland, um sich dort eine Machtbasis für die bevorstehende militärische Auseinandersetzung mit seinen innenpolitischen Gegnern aufzubauen. Als die Werber des Brutus in Athen auftauchten, bedurfte es bei dem jungen Horaz keiner großen Überzeugungsarbeit: Begeistert reihte er sich in die Truppen des Brutus ein, in der festen Meinung, einer gerechten Sache, nämlich der Freiheit, zu dienen. Obwohl in kriegerischen Dingen völlig unerfahren, muss er sich doch bewährt haben, denn Brutus machte ihn bald zum Militärtribun und vertraute ihm damit einen der obersten Kommandoposten an. Doch 42 v. Chr. siegten die Heere der verbündeten Caesar-Anhänger Octavian und Marcus Antonius bei Philippi gegen die vereinten Legionen des Brutus und seines Mitverschwörers Cassius, die beide ums Leben kamen. Mit Glück konnte sich Horaz unbeschadet aus der Schlacht retten.
    Mit der angestrebten gelehrten Karriere schien es nun vorbei zu sein. Horaz kehrte ohne abgeschlossene Ausbildung nach Italien zurück. Als ehemaliger Anhänger des Verlierers Brutus stand er auch politisch im Abseits und außerdem litt er nach wie vor unter der niederen gesellschaftlichen Herkunft. Hinzu kam, dass das väterliche Gut von den Siegern konfisziert worden war. So war der Heimkehrer froh, wenigstens den Posten eines Buchhalters bei einem staatlichen Finanzbeamten antreten zu können. Aus der Perspektive des erfolgreichen Schriftstellers hat Horaz diese Zeit

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