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Wortstoffhof

Wortstoffhof

Titel: Wortstoffhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Hacke
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der Empörung, ohne von ihm hinweggeblasen zu werden! Nehmen Sie eine Wahl mit aller Kraft an! Grinsen Sie eine Dreiviertelstunde lang!
    Politiker rein in Tür, Politiker raus aus Tür, Politiker Treppe rauf, Politiker Treppe runter, Politiker winkewinke, Politiker lächellächel, Politiker in Mikrofon: »Es gibt Situationen, da müssen Sie Türen hinter sich zumachen können.« Wer hat das mal gesagt? Richtig, Fischer.
    Dies nun ist der ganz große Berliner Spreizsprech. Wichtigdeutsch, die Endstufe. Hätte auch sagen können: Muss immer allein die Spiel gewinnen, ich bin jetzt müde Vater diese Grüne, verteidige immer diese Grüne! Aber nein, »es gibt Situationen …« Tausche Macht gegen Freiheit! Alles was ich tue, ist bedeutend, hört ihr? (Und wenn ich morgen das Gegenteil tue, ist es noch bedeutender.) Und mit vier Prozent minus ist man Wahlsieger. Mit drei Prozent auch. Wahlsieger ist man immer.
    Nächste Woche, hat Franz Müntefering mal während der Verhandlungen um eine Koalition gesagt, gebe es eine »vertiefte formale Sondierung«.
    Is’ klar, Alter, wo is’ die Tür?
SCHWEINEKÄSE
    Kaum hatte ich in einer Geschichte einmal erwähnt, mein Sohn Luis spreche, obwohl in München wohnhaft, kein Münchnerisch, schon schrieb mir Herr S. aus Lenggries, das sei auch nicht weiter schlimm, denn Luis sei ohnehin kein Münchner und werde auch nie einer werden, denn, so habe es ihm (also dem Herrn S.) seine (also des Herrn S.) Großmutter bereits 1940 erklärt: ein echter Münchner müsse in München geborene und aufgewachsene Eltern, Großeltern und Urgroßeltern haben oder gehabt haben, sonst sei er eben kein echter Münchner; ein Kalb, das zufällig im Pferdestall das Licht der Welt erblicke, sei ja auch kein Ross.
    Weiter teilte mir Herr S. mit (und dies, obwohl ich weder das Wort »Schweinemetzger« noch das Wort »Schweinsmetzger« erwähnt hatte), ein echter Münchner würde nie »Schweinemetzger« sagen, sondern immer »Schweinsmetzger«, er wisse das zufällig, weil sein Onkel Gastwirt und »Schweinsmetzger« gewesen sei und die besten Weißwürscht von München gemacht habe – wozu ich nun wieder gerne anmerken würde, dass man einer Münchner Weißwurst, die vom Schweinsmetzger hergestellt worden ist, zumindest mit einem gewissen Misstrauen begegnen sollte. Denn eine Weißwurst (jedenfalls eine aus München) sollte zwar von einem Schweinsdarm (nicht: Schweinedarm!) umhüllt, jedoch in der Hauptsache aus Kalbfleisch (nicht: Kalbsfleisch!) hergestellt sein, geringe Anteile von Schweinefleisch (Schweinsfleisch? Nein!) sind vielleicht möglich, aber eigentlich unerwünscht.
    Nicht nötig ist es hingegen, dass die in der Wurst enthaltenen Kälber resp. Schweine bereits in der vierten Generation in München geboren und aufgewachsen sein müssen.
    Apropos Schweine. Herr B. schickte mir, nachdem ich etwas über das Deutsch von Speisekarten im Ausland geschrieben hatte, eine E-Mail, in der er glaubwürdig versicherte, er habe vor etwa zehn Jahren in einem spanischen Restaurant mal sämtliche Gerichte, zu denen es eine Beilage gab, als »… mit Begleitung« aufgelistet gefunden. Besonders interessant sei das Gericht »Wiener Schweine mit Begleitung« gewesen.
    Auf dem Frankfurter Römerberg, teilt Frau O. von ebendort mit, gebe es ein Restaurant, welches auf seiner Karte das deutsche Traditionsgericht »Schwartenmagen« feilbiete, und zwar auch in einer französischen Übersetzung. Dort heiße es vieux bouquin de l’estomac , und vielleicht sollte man den Wirt bei Gelegenheit darauf hinweisen, dass bouquin zwar französisch ist und »Schwarte« heißt, aber ein altes Buch bezeichnet. »Schwartenmagen« heißt fromage de porc . Ich möchte wetten, dass es irgendwo in Frankreich eine deutsche Speisekarte gibt, auf der das mit »Schweinekäse« rückübersetzt worden ist.
    Oder Schweinskäse?
SELBSTABBRUCH
    Eines Tages bekam ich eine Mail von Samuel Akaru aus der Republik Benin. Akaru stellte sich als Anwalt von Andrew Hacke vor, Direktor der Andrew Construction Company in Benin. Andrew Hacke sei zusammen mit seiner Familie am 25. Dezember 2003 beim Absturz einer Boeing 727 in Benin ums Leben gekommen. Sie seien auf dem Weg nach Beirut gewesen, um dort Ferien zu verbringen.
    Andrew Hacke, so teilte mir sein Anwalt mit, habe ein Vermögen in Höhe von 15,5 Millionen Dollar hinterlassen, das nun herrenlos sei. Es gebe keine Verwandten von Andrew Hacke mehr in Benin, und er, Samuel Akaru, habe sich daraufhin im

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