WoW 06 - KdA 1 - Die Quelle der Ewigkeit
verdammt sein.
Sie ließen einen Berg nach dem anderen hinter sich, flogen durch dichte Wolken und zerfurchte Gipfel. Krasus' menschlicher Körper zitterte in der Kälte, aber er bemerkte es kaum, so sehr faszinierte ihn die Aussicht.
Elegant umrundeten die beiden Drachen einen schroffen Gipfel und tauchten ab in ein breites Tal inmitten der Bergkette. Krasus sah sich sorgfältig um. Er konnte nichts außer der Landschaft erkennen, ahnte aber, dass sie ihrem Ziel nahe gekommen waren.
»Halt dich gut fest!«, rief Korialstrasz.
Krasus wollte nach dem Grund fragen, doch da spürte er bereits die Erschütterungen. Die Luft selbst bäumte sich auf und rollte nach außen – wie Wellen auf einem See, nachdem man einen Stein hineingeworfen hat. Im ersten Moment fürchtete Krasus, die Anomalie, die ihn in diese Zeit geschleudert hatte, könnte zurückgekehrt sein. Doch dann bemerkte er, mit welchem Eifer sein Drache auf das verstörende Phänomen zuhielt.
Vor ihnen tauchte Alexstrasza in die gewaltige Erschütterung der Luft – und verschwand.
Uralte Bilder stiegen widerstrebend aus dem dunklen Abgrund in Krasus' Geist auf. Es waren Erinnerungen an eine andere Zeit, in der er sich als Drache willentlich in genau das gleiche Phänomen gestürzt hatte. Krasus spannte sich an, um auf das vorbereitet zu sein, was auf ihn einstürmen würde, sobald Korialstrasz seiner Königin folgte.
Sie flogen hinein.
Elektrizität schien jeden Zentimeter des Körpers des Magiers zu durchfließen. Seine Nerven summten. Krasus fühlte sich, als sei er zu einem Bestandteil des Himmels geworden, zu einem Kind von Licht und Donner. Der Drang, selbst zu fliegen, übermannte ihn beinahe. Er musste seine ganze Disziplin aufbieten, um seinen Drachen nicht loszulassen und sich Wolken und Wind anzuschließen.
Das Gefühl verging so plötzlich wieder, dass Krasus sich noch stärker an Korialstrasz festhalten musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Er blinzelte, fühlte sich sehr erdverbunden und sehr sterblich. Dieser Perspektivenwechsel überwältigte ihn dermaßen, dass Krasus im ersten Moment nicht bemerkte, dass sich seine Umgebung völlig verändert hatte.
Sie schwebten in einer riesigen Höhle, so gewaltig, dass selbst Alexstrasza nicht größer als ein Insekt darin wirkte. Ganze Königreiche hätten hineingepasst, Königreiche mit Wäldern, Feldern und Farmen. Und selbst dann hätte es noch Platz für weit mehr gegeben.
Aber dies war nicht nur eine Höhle von unglaublicher Größe, es gab noch andere Dinge, die diesen Ort von allen anderen unterschieden. Die Wände waren glatt, aber dennoch gebogen, ihre Glätte so perfekt, dass man die Hand darüber gleiten lassen konnte, ohne den geringsten Widerstand zu spüren. Bis hinab zum Boden war das so, wo die Wand auf einen gewaltigen flachen Kreis traf, der sich, hätte ihn jemand vermessen, als geometrisch perfekt erwiesen hätte.
Der Boden war völlig flach und eben. Die Wände krümmten sich auf ihrem Weg zur Decke immer weiter nach innen und schufen so eine Kuppel, dessen Aussehen durch die fehlenden Mineralien einen eigenartigen Reiz erlangte. Keine Stalaktiten hingen drohend von der Decke herab, keine Stalagmiten bohrten sich vom Boden in die Höhe. Es gab keine Risse und keine sonstigen Makel in der Höhle, die Krasus schließlich als die
Kammer der Aspekte
erkannte.
Diese Kammer war uralt. Man sagte, die Schöpfer hätten die Welt an diesem heiligen Ort erschaffen und wachsen lassen, bevor sie sie in den Kosmos entließen. Selbst die größten Drachen konnten diese Behauptung nicht entkräften, denn es gab nur diesen einen magischen Eingang, den sie durch Zufall vor Jahrhunderten entdeckt hatten. Sie wussten noch nicht einmal, ob dieser Ort in die Dimension der Sterblichen eingebettet war. Alle Versuche, die Wände zu durchbohren, waren gescheitert, und die Aspekte hatten ihre diesbezüglichen Bemühungen schon vor langer Zeit wieder aufgegeben.
Ein weiteres Mysterium dieser unglaublichen Höhle war das helle, goldene Licht, das die Kammer der Aspekte erfüllte und keinen erkennbaren Ursprung besaß. Krasus erinnerte sich, dass niemand wusste, ob das Leuchten verschwand, sobald die Kammer verlassen wurde – oder ob es
immer
dort war. Alle, die eintraten, fühlten sich jedenfalls von ihm willkommen geheißen, wie von einem treuen Wächter.
Als Korialstrasz zur Landung ansetzte, erkannte Krasus, dass er sich trotz seines lückenhaften Gedächtnisses sehr gut an diesen
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