WoW 06 - KdA 1 - Die Quelle der Ewigkeit
vager Hinweis darauf, wen sie bevorzugte. Aber sie traute dem noch nicht ganz. Ihre Sorge galt sicherlich nur dem Freund, den sie seit frühester Kindheit kannte.
So musste es sein …
Sie hörte, wie Metall gegen Metall schlug und Nachtsäbel fauchten. Tyrande drängte sich an der irritierten Wächterin vorbei und trat auf die Außentreppe von Elunes Tempel.
Staub bedeckt ritten Lord Ravencrests Männer auf den Platz. Der Adlige, der einen Umhang trug, wirkte entspannt, sogar erfreut über etwas, aber die Gesichter der meisten Soldaten waren ernst, und sie sahen sich immer wieder an, als teilten sie ein furchtbares Geheimnis.
Von Malfurion oder Broxigar war nichts zu sehen.
An Lord Ravencrests Seite tauchte Illidan auf. Er ritt hoch aufgerichtet und stolz, wirkte höchst zufrieden, und wenn seine Zufriedenheit darauf beruhte, dass es ihm gelungen war, seinen Zwillingsbruder vor der Gefangennahme zu retten, konnte Tyrande ihm das nicht übel nehmen.
Die junge Priesterin lief, ohne recht zu wissen, was sie tat, die Stufen hinab. Lord Ravencrest entdeckte sie, und er machte Illidan auf sie aufmerksam. Der bärtige Kommandant flüsterte Malfurions Bruder etwas zu und hob seine Hand.
Die Soldaten hielten an. Illidan und Ravencrest lenkten ihre Tiere auf Tyrande zu.
»Nun, wenn das nicht die Schönste von Mutter Monds eifrigen Dienerinnen ist!«, rief der Kommandant aus. »Wie interessant, dass Ihr unsere Rückkehr trotz der späten Stunde abgewartet habt.« Er musterte Illidan, dessen Gesichtsausdruck verschämt wirkte. »Sehr interessant, denkst du nicht auch?«
»Ja, Milord.«
»Wir müssen uns nach Black Rook Hold aufmachen, Schwester, aber ich denke, ich kann euch beiden ein paar Augenblicke Zeit geben, wie?«
Tyrande spürte, wie sich ihre Wangen verdunkelten, als Ravencrest seinen Panther zu den anderen zurücklenkte. Illidan stieg rasch ab, kam zu ihr und nahm ihre Hände in die seinen.
»Sie sind in Sicherheit, Tyrande … und Lord Ravencrest hat sich meiner angenommen! Wir haben eine furchtbare Bestie bekämpft, und ich habe verhindert, dass sie ihn verletzt. Mit meiner Macht habe ich sie vernichtet!«
»Malfurion ist entkommen? Da bist du dir sicher?«
»Natürlich, natürlich«, entgegnete er aufgeregt und wehrte weitere Fragen über seinen Bruder ab. »Verstehst du nicht, dass ich endlich meine Bestimmung gefunden habe? Die Mondgarde hat mich fast ignoriert, aber ich habe ein Monster getötet, das drei von ihnen niederstreckte, unter anderem einen ihrer höchsten Zauberer!«
Sie wollte wissen, was er über Malfurion und den Orc erfahren hatte, aber es war deutlich zu erkennen, dass Illidan nur über sein eigenes Glück grübelte. Tyrande konnte es verstehen, denn sie hatte beobachtet, wie er hart, aber erfolglos für die ruhmreiche Zukunft gerackert hatte, die ihm prophezeit worden war. »Ich freue mich so für dich. Ich hatte befürchtet, die langsamen Fortschritte von Cenarius' Lehren würden dich frustrieren, aber wenn es dir gelungen ist, Lord Ravencrest zu beschützen, als es seinen eigenen Soldaten nicht gelang, dann …«
»Du missverstehst mich! Ich habe nicht diese langsamen, schwerfälligen Zauber benutzt, die uns Malfurions verehrter Shan'do immer wieder beizubringen versuchte. Ich habe gute, traditionelle Nachtelfen-Magie eingesetzt … und das sogar bei Tageslicht! Es war unglaublich!«
Dass er so schnell vom druidischen Weg abgewichen war, überraschte Tyrande nicht sehr. Auf der einen Seite war sie froh, dass er in einem so gefährlichen Moment zu sich gefunden hatte, auf der anderen Seite war das nur ein weiteres Zeichen für die zunehmenden Unterschiede zwischen den Zwillingen.
Auch darüber musste ihr ohnehin schon überforderter Geist nachdenken.
Hinter Illidan räusperte sich Lord Ravencrest höflich.
Malfurions Bruder setzte sich in Bewegung. »Ich muss gehen, Tyrande! Man wird mir mein Quartier in der Festung zeigen, und dann soll ich dabei helfen, einen größeren Trupp zusammenzustellen, der die toten Bestien und die ganzen Leichen zurückbringt.«
»Leichen?« Sie hatte es zunächst so verstanden, dass einige Mondgardisten ihr Leben gegen ein Ungeheuer verloren hatten, und erst jetzt dämmerte ihr, dass
nur
Ravencrests Trupp zurückkehren würde. Der Trupp, der davor Malfurion verfolgt hatte, war offenbar vollständig aufgerieben worden.
Der Gedanke daran ließ Tyrande erschaudern … erst recht, da Malfurion ebenfalls dort draußen gewesen war.
»Die anderen
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