WoW 12 - Die Nacht des Drachen
auf, als sie umfiel. Sie wusste nicht, was gerade geschehen war. Es war schon fast zuviel für sie gewesen, als sie entdeckt hatte, dass ihr vermeintlicher Gegner viel bedeutender war, als die Priesterin angenommen hatte. Und dass er sicher nicht die schlanke Elfengestalt war, die sie damals in Draenor nur kurz gesehen hatte.
Einer der Herren der Lüfte... ein roter Drache... Iridi konnte kaum glauben, dass sie einen Riesen aus alter Zeit getroffen hatte. Die Priesterin bezweifelte, dass sie Krasus – sie wusste, dass das nicht sein Drachenname war – tatsächlich aus eigenem Vermögen besiegt hatte, und dieser Zusammenbruch bewies es. Er war von Anfang an geschwächt gewesen, wahrscheinlich von etwas, das ihn auch jetzt attackierte.
Sie packte den zusammengesunkenen Körper und zog Krasus so gut sie konnte zur Seite des kleinen gedrungenen Berges. Nachdem sich die Priesterin überzeugt hatte, dass er bequem lag, überlegte sie, wie sie ihm helfen konnte.
Es gab kein sichtbares Zeichen für seine Schmerzen. Die Draenei kniete sich hin und fuhr mit den Handflächen ein paar Zentimeter über Krasus' Kopf. Es war die beste Möglichkeit, herauszufinden, was geschehen war.
Iridi hatte sich gerade darauf konzentriert, als Stimmen und Bilder durch ihren Geist blitzten. Ein rothaariger Mensch mit dem Gesichtsausdruck eines Magiers. Eine geweihtragende, kräftige Gestalt, die ein Nachtelf zu sein schien – und einer der Druiden, von denen sie schon gehört, die sie aber noch nie gesehen hatte. Eine Elfe von leichterem Körperbau, die merkwürdigerweise an den Menschen gebunden war.
Die Stimmen mischten sich zufällig mit den Bildern.
Du würdest alles für sie opfern, oder, Korialstrasz?
Ich hatte gedacht, du wärst tot. Ich habe lange um dich getrauert...
Und setzt dennoch so viel Vertrauen in mich. Nachdem die anderen gestorben sind?
Gerade du solltest verstehen, warum ich die Wahrheit herausfinden will.
Es waren immer mehr Gesichter. Ein narbenbedeckter, kriegsmüder Orc. Noch ein Nachtelf... dessen geblendetes Gesicht sie plötzlich an die schrecklichen Geschichten über den Dämon Illidan erinnerten. Ein adeliger Paladin. Ein arroganter menschlicher Adeliger. Eine junge blonde Frau, in deren Augen sowohl Unschuld als auch ein unglaubliches Geheimnis wohnten.
Und ganz besonders... ein Gesicht, das sich immer wieder änderte. Mal gehörte es einer besonders schönen Frau mit elfischen Zügen und roten Locken, die mit Gold durchwirkt waren... dann war es wieder das alterslose Gesicht eines riesigen roten Drachens. Im feurigen Haar der Frau steckten Blätter, die schon vom Herbst berührt worden waren. Was Iridi aber am meisten bewegte, waren die bernsteinfarbenen Augen. Augen voller Weisheit und Humor, wie sie die Priesterin niemals in ihrer eigenen kurzen Lebensspanne erreichen konnte. Und irgendwie waren es dieselben Augen wie die des roten Drachen.
Es gab noch einige weitere Erinnerungen dieses Drachen in sterblicher Hülle. Sie kannte jetzt seinen richtigen Namen und seinen Platz an der Seite eines Wesens mit großer Macht.
»Du bist Korialstrasz«, flüsterte Iridi. »Erster Gemahl... des Aspekts des Lebens... und der Beschützer der jüngeren Völker...« Sie konnte unmöglich die Ehrfurcht aus ihrer Stimme heraushalten. »Du bist genauso Azeroths Gefährte wie ihrer, weil du sie beide derart liebst...«
Aber danach hatte sie nicht gesucht. Sie wollte den Kern seines Schmerzes finden. Unglücklicherweise musste sie diese Erinnerungen erst herausarbeiten.
Obwohl sie ihr Eindringen in die Vergangenheit bedauerte, hatte die Priesterin keine andere Wahl. Iridi konnte niemanden in Not im Stich lassen. Zudem war sie sich sicher, dass Krasus – er schien diesen Namen zu bevorzugen, wenn er in diesem Körper steckte – irgendwie ein Teil ihrer Suche war.
Die Alten ihres Ordens hatten ihr beigebracht, dass es für alles einen Grand gab. Das reichte vom Abschlachten der Draenei durch die Orcs in den frühen Tagen bis zu dem großen Unglück – wiederum durch die Hand der Orcs –, das Draenor buchstäblich zerrissen hatte. Die Naaru hatten diesen Punkt immer wieder betont. Nein, Iridi musste Krasus nicht nur helfen, um ihn zu retten, sondern auch um ihrer Selbst willen.
Aber andere Erinnerungen strömten in sie hinein, und eine verstörte sie ganz besonders. Sie sah eine große Stadt am Ufer eines düsteren dunklen Wassers. Ein Mahlstrom bildete sich, und die Stadt wurde dort hineingesogen. Zahllose Leben
Weitere Kostenlose Bücher