WoW 12 - Die Nacht des Drachen
wollte immer noch, dass sie ging.
Eine der düsteren Kreaturen bemerkte die Bewegung ebenfalls... und war schlau genug zu verstehen, was sie bedeutete. Ihre großen Augen beurteilten Korialstrasz neu. Ein finsterer Blick ersetzte den eingeschüchterten.
Die amethystfarbene Bestie stieß einen ohrenbetäubenden Schrei aus und warf sich dem roten Drachen entgegen. Die andere folgte nur wenige Sekunden später mit Gekreische.
Korialstrasz brüllte und schlug mit den Flügeln um sich. Iridi befürchtete, dass die beiden Angreifer sich erneut feinstofflich machen würden. Doch so nah an ihrem Gegner glaubten sie wohl, dass ihre Beute keine Chance mehr hatte. Stattdessen verteidigte sich der rote Drache nicht nur, sondern setzte seinerseits mit aller Kraft zum Angriff an.
Die schweren Flügel droschen auf die dunklen Drachen ein. Einer von ihnen wirbelte zurück, entwurzelte Bäume und riss weiteren Boden auf. Der zweite tauchte mit dem Kopf voran ins Erdreich, und seine Schnauze grub sich tief ein.
Korialstrasz wandte seinen Kopf dem zweiten Gegner zu und tauchte ihn in Flammen.
Der Schattendrache – nein, diese Bezeichnung erschien Iridi nicht ganz richtig zu sein, weil er weniger an Schatten erinnerte als an die Dämmerung – schrie, als er sein Maul frei bekam und nachträglich in seinen geistergleichen Zustand wechselte.
Das ist die Dämmerung!,
dachte die Draenei plötzlich.
Die beiden sind wie die Dämmerung dieser Welt. Ihr... Zwielicht sozusagen...
Eine Klaue hieb auf sie ein. Nur ihre guten Instinkte, die sie der Ausbildung ihres Ordens verdankte, ermöglichten es der Priesterin, zur Seite zu hechten, bevor sie in den Boden gerammt werden konnte.
Iridi richtete den Naarustab gegen ihren Angreifer. Diesmal reagierte die Bestie zu langsam. Blaue Blitze knisterten um den feindlichen Giganten. Der Drache kreischte.
Die Hoffnung der Draenei wuchs. Vielleicht konnten sie und Korialstrasz dieses gefährliche Paar besiegen, das sich so falsch anfühlte und dennoch fest an seine Beute gebunden war.
Doch plötzlich hörte der Kristall zu leuchten auf. Regungslos starrte Iridi auf die Spitze.
Der Drache, gegen den sie gekämpft hatte, stieß ein obszönes Lachen aus. »Ja!«, rief er. »Sssättige mich!«
Er stürzte sich auf sie, doch Iridi ahnte, dass die Kreatur den Stab begehrte. Die Draenei wusste, welche Kraft immer noch darin steckte. Deshalb fürchtete sie, was geschehen würde, wenn der Angreifer die volle Essenz aufsaugte.
Sie hätte Korialstrasz um Hilfe gebeten, doch der rote Drache war ebenfalls in Bedrängnis. Das andere Monster war nicht nur feinstofflich geworden, sondern außerdem auch unter dem alten Giganten verschwunden.
Korialstrasz wirbelte herum und suchte nach ihm. Hinter ihm erhob sich ein violetter Geist.
Iridi versuchte Korialstrasz zu warnen, doch es war bereits zu spät. Der Zwielichtdrache – ja, Iridi fand, dass dieser Name sehr viel besser zu den Monstern passte – stürzte sich auf Korialstrasz' Rücken. Der rote Drache fiel vorneüber, belastet durch das unerwartet über ihn hereinbrechende Gewicht.
»Ich will fresssen!«, brüllte der Gegner des roten Drachen erneut. Dennoch beugte er sich nicht hinab, um Korialstrasz in den Hals zu beißen, sondern krallte sich nur noch tiefer in seinen Rücken und die Hügel.
Der alte Drache stöhnte. Eine Aura aus düsterem Violett umgab Korialstrasz.
Der dunkle Drache sog schadenfroh den Atem ein... und ein rotes Leuchten stieg von seinem sich krümmenden roten Gegner auf. Es war ein Leuchten, das der violette Gigant augenblicklich aufnahm. Die vampirähnliche Bestie atmete erneut ein und entzog Korialstrasz noch mehr Lebensenergie. Obwohl er dagegen ankämpfte, gab der rote Drache schließlich ein fürchterliches, schmerzerfülltes Brüllen von sich.
Korialstrasz' geschuppter Körper begann zu verschrumpeln, wie eine Fliege, die von einer Spinne ausgesaugt wurde. Er wand sich in der Luft und versuchte verzweifelt zu entkommen, während sein Gegner ihm Lebenssaft und Lebenskraft entzog.
Iridi konnte nichts dagegen unternehmen. Ihr eigener Verfolger stürzte sich erneut auf sie und erwischte fast den Stab
und
die Draenei mit einem Streich.
Der Boden erbebte unter der Gewalt des Drachen. Iridi stolperte, dann fiel sie hin. Dabei löste sich der Stab aus ihrem Griff.
Der Zwielichtdrache stieß einen siegesgewissen Schrei aus, der sich jedoch schnell in kindliche Enttäuschung verwandelte, als er sah, wie der Stab sich auflöste.
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