WoW 14 - Weltenbeben
Episode aus seinem Leben nicht noch einmal hatte erleben wollen, überkam den Jetzt-Thrall der Wunsch, zu schreien und darum zu betteln, noch einige Momente mit Taretha verbringen zu dürfen. Doch er wusste es besser. Es war ein bittersüßes Geschenk der Elemente gewesen, einhergehend mit der Einsicht, die Aggra ihm vermittelt hatte.
Leb wohl, teure Taretha. Dein Leben war ein Segen, dein Tod nicht umsonst, und es gibt nichtviele Menschenauf der Welt, die das von sich behaupten können. An dich wird man sich immer erinnern. Ich kann dich nun mit Frieden in meinem Herzen gehen lassen.
Die Elemente hatten ihm noch mehr zu zeigen.
Der Nebel wirbelte wild umher, verdeckte seine Vision, und schließlich erblickte er eine jüngere Version seiner selbst. Es war Winter, und er war bei den Frostwölfen. Er und Drek'Thar saßen am Feuer und hielten ihre Hände über die wärmenden Flammen. Drek'Thar war zu dieser Zeit bereits nicht mehr jung gewesen, doch sein Geist war noch immer messerscharf. Der Jetzt-Thrall war traurig, als er seinen Freund und Lehrer dort vor sich sah. Sein jüngeres Ich lauschte verzückt Drek'Thars sprachgewaltigem Bericht über das Band, das zwischen den Schamanen und den Elementen bestand. Schnee rieselte lautlos zu Boden. Der Jetzt-Thrall fühlte sich ruhig und konzentriert, und er spürte, wie der Schmerz der letzten Vision um Taretha langsam nachließ.
„Geerdet", sagte er und verstand zum ersten Mal, woher das Wort stammte. „Wie die Erde. Das ist das Geschenk der Erde, oder?"
Der Wolf, der eigentlich Aggra war, nickte und fügte mit einem Anflug ihrer alten Kratzbürstigkeit hinzu: „Das erkennst du erst jetzt? Kein Wunder, dass du Schwierigkeiten hast."
Thrall war ob ihrer schnippischen Antwort nicht irritiert, sondern vielmehr amüsiert. Vielleicht, dachte er, liegt das an der Ruhe und der Beständigkeit der Erde, die mich durchdringt. Allzu rasch schien dem Jetzt-Thrall der Nebel wieder aufzusteigen und die Szenerie zu verbergen. Aber er verstand, dass die Erde nun in ihm war. Jederzeit konnte er nun an diesem Ort des Friedens in sich gehen ... Er lächelte ... und erdete sich selbst.
Ein Element blieb noch übrig. An diesem Punkt angelangt, verstand er, dass der Ritus der Sicht dazu bestimmt war, ihm zu zeigen, dass die Elemente bereits in ihm waren, mit ihm und durch ihn lebten. Er begriff die wilde Leidenschaft des Feuers im Kampf, die liebende Natur des Wassers und die Ruhe und Beständigkeit der Erde. Aber er war neugierig zu erfahren, wie die Luft sich in ihm manifestieren würde.
Der Nebel bildete sich erneut und löste sich kurz darauf wieder auf. Thrall sah sich selbst in der Feste Grommash. Es war wieder spät in der Nacht, doch zahlreiche Kohlenpfannen, Fackeln und Öllampen spendeten ausreichend Licht und Wärme. Er stand vor einem Tisch, der mit Karten und ausgebreiteten Schriftrollen bedeckt war. Neben ihm befand sich sein alter Freund Cairne Bluthuf.
Da diese Szene sich während der vergangenen Jahre immer wieder ereignet hatte, konnte er diesen Augenblick nicht genau zuordnen. Er lächelte, beobachtete wie sein anderes Ich und Cairne lebhaft miteinander über Verhandlungen, Landrechte und Verträge sprachen und wie sie Lösungen für verschiedene Probleme fanden. Die Szene veränderte sich schnell, und plötzlich war er bei Jaina, so wie er es ebenfalls schon viele Male gewesen war. Sie sprachen vom Frieden und wie sie ihn erreichen und sichern wollten.
Tiefer gehende Gefühle als die Sorge um die Sicherheit der Leute, die er anführte, beseelten ihn nicht - kein Gefühl des Verwurzeltseins und keine brennende Leidenschaft. War er mit Jaina und Cairne zusammen, benutzte Thrall seinen Kopf und nicht seine Muskeln. Die Gespräche, bei denen sie über Neuanfänge oder die Hoffnung darauf sprachen, waren von Rationalität geprägt, nicht von Emotionen.
Der Jetzt-Thrall nickte und verstand alles. Natürlich! Die Luft -das Element der Klarheit der Gedanken, der Inspiration, der Einsicht und des Neubeginns. Gemeinsam mit Cairne hatte er den Neuanfang gewagt, als die Orcs in Kalimdor angekommen waren, und einen provisorischen Frieden mit Jaina Prachtmeer geschlossen. All dies war mit Worten geschehen, die zuvor sorgfältig überdacht worden waren. Das war etwas, das von einem Orc für gewöhnlich nicht erwartet wurde, was Thrall jedoch während seines ganzen Lebens getan hatte - angefangen bei den ersten Büchern, die er verschlungen hatte, bis hin zu diesem Moment, in
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