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einen
Betrug vor. Ich durchschaue das Spiel noch nicht richtig, aber offensichtlich
ist es so was Ähnliches. Es sei denn, er spielt vor sich selbst Komödie. Das
kommt auch bei Leuten vor, die keine Schauspieler sind. Und was meinen Sie, bei
einem Komödianten erst...“
Und dann sprachen wir von etwas
anderem.
Der
Schluckauf des Schnulzensängers
Zu der Zeit kam ich vor
Arbeitseifer nicht gerade um.
Ich hatte ‘ne Menge Geld auf
der Bank und in der Tasche und überhaupt keine Lust, mir die Hacken abzurennen,
hinter einer untreuen Ehefrau, die ihr Ehebett mit dem eines Stundenhotels
vertauscht hatte. Mir wurden eine Reihe solcher Fälle angeboten, aber ich
lehnte ab. Seitensprünge interessierten mich nicht. Wäre es um
Messerstechereien oder Schüsse gegangen, irgendetwas Außergewöhnliches, was mir
einiges ab verlangt hätte... aber Ehebruch, nein, danke! Und außerdem bin ich
ein Freund der Frauen, ohne Vorurteile. Sollen sie doch frei über ihren Körper
verfügen!
Nein, Arbeitseifer quälte mich
nicht. Manchmal lehnte ich sogar das Angebot von jemandem ab, wenn ich nur
seinen Beruf hörte. Es gibt Berufe, die stinken schon von weitem nach
Langeweile. Man weiß schon im voraus, daß sich dabei nie etwas Unerwartetes
ereignet. Nichts für mich. Wenn ich mich schon langweile, dann ohne Theater, in
aller Ruhe. Und das kann ich sehr gut alleine.
Nur weil sie einen ähnlichen
Beruf hatte wie Nicolss, ging ich zu Madeleine Souldre in die Rue de Paradis,
um mit ihr zu plaudern. Sie war...ich kenne die weibliche Form für dieses Wort nicht,
falls es sie überhaupt gibt... Sie war Impresario.
Daß im Laufe einer Woche — es
war Freitag, der 14. Oktober — zwei Leute, die mit dem Theater zu tun hatten,
in mein Leben traten, direkt oder indirekt, wertete ich als ein Zeichen. Ein
gutes Zeichen für Nestor.
* * *
Das Haus befand sich an der
Ecke Rue d’Hauteville auf der rechten Seite, wenn man zum Faubourg Saint-Denis
geht. Ein riesiges Portal führte auf einen eleganten Innenhof. Links und rechts
davon die Schaufenster zweier Porzellangeschäfte, blankpoliert wie neue
Pfennigstücke. Man muß schon stinkreich sein, um sich einen Ehekrach zu leisten
mit einem so feinen Geschirr. Madeleine Souldre war bestimmt auch kein armer
Schlucker, wenn sie ihr Büro in diesem Gebäude hatte. Auf jeden Fall gelang es
ihr so, sich von ihren bescheideneren Kollegen zu distanzieren, die sich mit
schäbigen Büros begnügen. Eine schwarze Marmortafel zwischen zwei weiteren für
die Porzellangeschäfte verrieten in Goldbuchstaben, daß der Sitz der Agentur
Interstar sich im dritten Stock befand, Treppenaufgang im hinteren Teil des Hofes. Ein Fahrstuhl aus
der Belle Epoque brachte mich nach oben. Mit leuchtend rotem Samt überzogene
Sitzbank, asthmatischer Mechanismus, ebensolcher Liftboy.
Durch den schlichten Vorraum
betrat ich ein ziemlich geräumiges Wartezimmer, in dem wohl eine Zwischenwand
entfernt worden war. Es enthielt alles, um sich die Zeit zu vertreiben. Vier
Sessel und ein Tischchen, auf dem neben einem Aschenbecher eine Auswahl von
Fachzeitschriften lag: Paris-Théâtre,
Paris qui chante, International Music-Hall etc. Irgendwo lärmten
zwei Tastaturen um die Wette, ein Klavier und eine Schreibmaschine. Ein
Bürodiener, der in einer Ecke an einem antiken Schreibtisch gesessen hatte,
erhob sich von seinem antiken Stuhl. Ich brauchte meine Phantasie gar nicht zu
sehr zu strapazieren, um in ihm einen alten Schauspieler zu vermuten. Und
wahrscheinlich täuschte ich mich auch nicht. Nichts hielt Madame Souldre als
kluge und dazu menschenfreundliche Geschäftsfrau davon ab, ihre Schützlinge bis
zum bitteren Ende zu beschäftigen und ihnen so einen geruhsamen Lebensabend zu
sichern. Die Frage war nur: War das genauso gut, besser oder mieser als das Ris-Orangis ? Ich schob die Frage beiseite und nannte dem Mann vor mir zwei Namen: Meinen und
den seiner Chefin. Als Antwort darauf nannte er noch einen dritten: Hélène.
Anscheinend mußte ich zu Mademoiselle Hélène. Ich erwiderte, ich hätte schon
eine, würde mich aber durchaus mit einer zweiten beschäftigen wollen. Es komme
auf ihr Alter an. Er schenkte mir ein höfliches Lächeln, amüsiert, aber nicht
zu sehr. Durch seinen Umgang mit berühmten Sängern und geistreichen Humoristen
konnte er hintersinnige Scherze richtig einschätzen. Seine eigenen Perlen warf
er aber wohl nicht vor Säue.
Diese Hélène kam an meine nicht
ran. Zu kompetent, Hände wie
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