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mir eine
an. Ich nahm ebenfalls eine, um sie nicht zu verstimmen, und gab uns beiden mit
meinen Kleine-Leute-Streichhölzern Feuer. Der Rauch unserer Zigaretten
vermischte sich. Dann sagte sie: „Sie gefallen mir.“
Ich verbeugte mich.
„Das freut mich sehr, Madame.“
Eine bühnenreife Antwort. Der
Situation angemessen. „Nennen Sie mich Mado. Jeder nennt mich Mado. Beim
Theater oder beim Varieté herrscht eine gewisse Vertrautheit.“
„Ja, es wird eifrig geküßt.“
Sie wurde nicht ärgerlich, sah
mich nur durch ihre langen Wimpern hindurch an.
„Das wollte ich nicht damit
sagen.“
„Das wollte ich damit auch
nicht sagen. Es lag nicht in meiner Absicht. Aber Mado zu Ihnen zu
sagen...hm... Nichts lieber als das, aber ich glaube, das kann ich nicht. Wie
wollen Sie mich dann nennen?“
„Erzählen Sie mir nicht, Sie
gehören zu der Sorte von Laurestier.“
„Wer ist Laurestier?“
„Ein Schauspieler.“
„Und seine Sorte?“
„Er legt Wert darauf, daß man
ihn ,Chéri’ nennt.“
„So weit würde ich nun wieder
nicht gehen. Aber Sie können doch in Zukunft nicht Nestor zu mir sagen!“
„Und warum nicht, bitte schön?“
„Weil das ein Vorname ist, der
nicht jedem gefällt.“
„Mir gefällt er.“
„Na gut, um so besser. Und
sonst?“
„Ja, Sie haben recht. Wir
sollten von ernsthaften Dingen reden, nicht wahr?“
„Ganz Ihrer Meinung...“
„Ja...“
Sie drückte ihre Zigarette im Aschenbecher
aus und zündete sich eine neue an. Mir bot sie keine mehr an. Ich wurde schon
mit der ersten schlecht fertig.
„Offen gesagt, ich zögere...“
„Wie Sie wollen“, sagte ich.
„Ich werde das Vergnügen Ihrer Bekanntschaft gehabt haben und den Vorzug, Sie
Mado nennen zu dürfen. Vielen von meinen Klienten haben mir nicht so viel
eingebracht.“
„Scherz beiseite“, sagte sie.
„Sind Sie ein geschickter Detektiv?“
„Sehr geschickt.“
„Diskret?“
„Sehr diskret.“
„O.K.! Kennen Sie Gil Andréa?“
Sie zeigte mit ihrem lackierten
Fingernagel auf das Plakat an dem Ehrenplatz.
„Dem Namen nach. Es heißt, er
ist ein Sänger. Ganz sicher ist das nicht. Er hat Chansons in seinem
Repertoire. Die einen haucht er, die anderen brüllt er. Er malträtiert auch
sein Piano, anscheinend um Luft zu holen.“
Sie schüttelte den Kopf.
„Ein sehr strenges Urteil,
Nestor...“
Sie machte ein seltsames
Geräusch mit der Zunge, schien etwas sagen zu wollen, das nichts damit zu tun
hatte, änderte ihre Meinung und wiederholte:
„Ein sehr strenges Urteil.
Haben sie ihn überhaupt gehört?“
„Ich bin meinem Geld nicht
böse.“
„Und im Radio?“
„Gut, reden wir vom Radio.
Einmal stellte ich es an und erwischte diesen Burschen. Ich war nicht alleine.
Eine junge Frau war bei mir, schwanger. Das Resultat: Sie hatte eine
Fehlgeburt. Ich wäre beinahe wegen Abtreibung drangekommen.“
Sie lächelte:
„Sie mögen ihn nicht?“
Ich zuckte mit den Schultern.
Meine Zigarette war ausgegangen.
„Ich mag keinen Abklatsch.
Offen gesagt, Mado, was soll ich mit Gil Andréa, wenn der Konditor in meiner
Nachbarschaft mich bis ans Ende meiner Tage mit Zuckerzeug versorgen kann? Dem
Hund meiner Nachbarin braucht man bloß auf den Schwanz zu treten, dann heult
der genauso los.“
„Sie sind amüsant.“
„Überhaupt nicht. Woraus
schließen Sie das?“
„Aus dem, was Sie sagen...“
„Ich habe nichts Amüsantes
gesagt.“
„Also reden Sie normalerweise
immer so?“
„Jawohl.“
„Und was machen Sie, wenn Sie
die Leute zum Lachen bringen wollen?“
„Dann sammel ich Leichen ein.
Haben Sie Schwierigkeiten mit einer?“
„Wie entsetzlich! Nein, damit
habe’ ich keine Schwierigkeiten.“
„Gut, dann gibt’s auch nichts
zu lachen. Reden wir von ernsthaften Dingen.“
Sie schien einverstanden und
ging mit gutem Beispiel voran. * Ihr Lächeln verschwand. Sie versenkte sich in
eine Art Meditation. Kein Laut außer dem entfernten Klavierspiel. Ich gewöhnte
mich dran. Von der Zigarette in ihrem Mund fiel etwas Asche auf ihr Kostüm. Ich
erinnerte mich an meine Kippe und warf sie in den Aschenbecher. Mado schnipste
die Asche von ihrer Brust und vertrieb dann die letzten Spuren, als streichle
sie sich selbst. Die beiden schönen Stücke unter der Jacke hatten das sicher
gerne. Plötzlich hörte sie damit auf und sah mich mit ihren leuchtend grünen
Augen an. Auch ihr Lächeln kam wieder:
„Sie gefallen mir“, wiederholte
sie.
Diesmal begnügte ich mich mit
einer
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