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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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hoher Geschwindigkeit aus der Kurve kam, hatte er gerade noch Zeit, die Bremse durchzutreten. Der Mercedes kam einen halben Meter vor dem Jeepney schleudernd zum Stehen. Auf dem Rücksitz sagte Durant: »Scheiße.«
    Dann kamen sie hinter dem Jeepney hervor. Es waren insgesamt fünf – vier Männer und eine Frau, alle in den Zwanzigern. Durant schätzte, daß die meisten von ihnen unter fünfundzwanzig waren – allenfalls ein oder zwei Jahre älter. Die Frau schien das Kommando zu haben.
    Die fünf trugen das, was Durant mittlerweile als internationale Guerilla-Standardausstattung betrachtete: Jeans, die unvermeidlichen Jogging-Schuhe, eine Art Feldjacke mit Tarnmuster oder, wo die Jacke fehlte, ein dunkles T-Shirt. Zwei der Männer trugen außerdem Timex-Schirmmützen.
    Die beiden mit den Mützen und den M-16-Gewehren übernahmen die rechte Seite des Mercedes. Die beiden anderen Männer, bewaffnet mit abgesägten, mehrschüssigen Schrotflinten, übernahmen die linke. Die Frau trug eine dunkle Fliegerbrille und an der Seite eine 38er Halbautomatik. Sie ging langsam auf die Fahrertür zu und starrte durch ihre getönten Gläser auf Artie Wu, der nach kurzem Zögern das Seitenfenster herunterkurbelte.
    »Hallo da«, sagte Artie Wu mit seinem freundlichsten Lächeln.
    »Amerikaner?« sagte sie.
    »Amerikaner.«
    »Und sie?« sagte die Frau, auf Emily Cariaga deutend.
    »Filipina«, sagte Wu.
    »Und er?« sagte sie und nickte zu Durant.
    »Amerikaner«, sagte Wu.
    »Pässe und Ausweis, bitte.«
    »In Ordnung«, sagte Wu und griff langsam in die Innentasche seiner Jacke, um seinen Reisepaß herauszuziehen. Die Frau hob ihre Pistole und zielte auf ihn. Wu bemerkte, daß sie ein Colt-Fabrikat war, daß sie für ihre Hand zu groß wirkte und daß sie, soweit er sehen konnte, entsichert war. Er reichte ihr seinen Reisepaß, sammelte dann Durants Paß und Emily Cariagas Ausweis ein und hielt sie ihr hin. Die Frau trat zwei Schritte zurück. Einer der Männer mit den abgesägten Schrotgewehren nahm ihren Platz ein.
    Die Frau steckte die halbautomatische Pistole in den Ledergürtel, der durch die Schlaufen ihrer Jeans gezogen war. Sie war nicht sehr groß, kaum mehr als eins sechzig oder eins dreiundsechzig. Ihr glattes schwarzes Haar war zu einer Art Pagenfrisur geschnitten. Wu konnte die Augen hinter den dunklen Gläsern nicht erkennen, fand aber das, was von ihrem Gesicht zu sehen war, anziehend, geradezu hübsch.
    Die Frau prüfte den Ausweis und die beiden Pässe sorgfältig. Dann zog sie ein kleines Notizbuch hervor und notierte mit einem Kugelschreiber einige der Angaben. Nachdem sie Notizbuch und Kugelschreiber weggesteckt hatte, schaute sie auf die Armbanduhr, nickte befriedigt, zog die Pistole aus dem Gürtel und ging langsam wieder zur Fahrerseite.
    »Was ist Ihr Beruf, Ihre Arbeit?« sagte sie. »Sie da und der Mann hinten. Aus amerikanischen Pässen geht das nicht hervor.«
    »Geschäftsleute.«
    Einer der Männer mit den Schrotflinten sagte auf Tagalog etwas zu ihr. »Er möchte wissen, wie viel Ihre Firma für Sie zahlen würde«, sagte sie.
    »Wir haben keine Firma«, sagte Wu. »Wir sind private Investoren.«
    »Wenn Sie Geld zum Investieren haben, müssen Sie reich sein. Sie tragen einen eleganten weißen Anzug und fahren einen teuren Wagen.«
    »Gemach«, sagte Artie Wu. »Leider ist der Anzug alt, der Wagen gemietet, und mit unserer letzten Investition sind wir baden gegangen.«
    Die Frau lächelte. Sie hatte außerordentlich weiße Zähne. »Habt ihr euch tatsächlich von Ernie Pineda dreihunderttausend Dollar abknöpfen lassen?«
    Artie Wu versuchte nicht, seine Verblüffung zu verbergen. Er schluckte so viel wie möglich davon hinunter und sagte dann: »Ich weiß nicht, was –«
    Durant beugte sich vor und unterbrach ihn. »Ja, so um den Dreh. Dreihunderttausend.«
    Die Frau nickte und klopfte mit den zwei Pässen und dem Ausweis auf den Fensterrahmen des Wagens. »Was mit Ernie passiert ist, könnte euch auch zustoßen. Versteht ihr, was ich damit sagen will?«
    »Nicht ganz«, sagte Durant, noch immer nach vorn gebeugt.
    »Dies ist ein korruptes Land mit einer neuen Regierung, die mit der Korruption aufzuräumen verspricht. Zwar trauen wir solchen Versprechungen nicht, glauben aber, daß die neue Regierung daran erinnert werden muß, was geschehen kann, falls sie ihre Versprechen nicht einhält. Der arme geschwätzige Ernie war eine solche Erinnerung. Ich weiß noch nicht recht, ob drei zusätzliche

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