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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Erinnerungen nützen oder eher schaden würden.«
    Die Frau klopfte wieder mit den Reisepässen und dem Ausweis auf den Fensterrahmen und streckte sie dann plötzlich Artie Wu hin, der sie mit einem dankbaren Nicken entgegennahm.
    Sie trat zurück, als einer der Männer mit den M-16-Gewehren in den alten Jeepney kletterte und anfing, den Anlasser zu quälen. Die Batterie war fast leer, und das mahlende Geräusch wurde schwächer und schwächer. Gerade als es schien, daß die Batterie endgültig den Geist aufgab, sprang der Motor an, und der Auspuff spuckte eine schwarze Wolke Dieselabgase aus. Der Mann mit dem M-16 ließ den Motor etliche Male aufjaulen und setzte dann zurück, bis die Lücke für den Mercedes groß genug war.
    Wu legte den Gang des Mercedes ein und fuhr langsam an. Durant starrte durch das seitliche Rückfenster zu der Frau mit der Halbautomatik. Sie hob die linke Hand und nahm die dunkle Fliegerbrille ab. Sie hatte funkelnde braune Augen, mit denen sie Durant fixierte. Im nächsten Moment nickte sie ihm zu. Er dachte, daß das Nicken »Lebewohl« bedeuten mochte oder ein »Wir sehen uns wieder« oder ein »Denk daran, was ich gesagt habe« oder auch rein gar nichts. Er nickte genauso mehrdeutig zurück. Wu trat stärker aufs Gas, und der Mercedes schoß an dem Jeepney vorbei.
    Als sie die nächste Kurve sicher hinter sich gebracht hatten, brach Wu das Schweigen. »Was, zum Teufel, hatte das zu bedeuten?«
    »Es hatte genau das zu bedeuten, was sie gesagt hat«, erwiderte Emily Cariaga.
    Wu legte seine Stirn ungläubig in Falten. »Vielleicht«, sagte er.
    »Sag mir eins, Artie«, warf Durant ein. »Hast du vorhin wirklich ›gemach‹ gesagt?«
    Wu seufzte. »Gemach. Wirklich.«
     
    Um sieben am selben Abend waren Wu und Durant oben in Wus Suite im Manila-Peninsula und beredeten, ob sie zum Abendessen in ein neueröffnetes deutsches Restaurant gehen sollten, das ihnen Graf von Lahusen empfohlen hatte, oder warten, bis Boy Howdy zurückrief. Auf seinen Anruf zu warten würde bedeuten, Essen beim Zimmerservice zu bestellen, was keinem von beiden reizvoll erschien. Sie hatten sich schon fast darauf geeinigt, es mit dem deutschen Restaurant zu versuchen, als das Telefon klingelte. Durant ging ran.
    Boy Howdys rauher australischer Akzent erklang knisternd in der Leitung.
    »Bist du das, Artie – oder dieser Scheiß-Durant?«
    »Dieser Scheiß-Durant.«
    »Hör zu, Durant, diesmal hab ich wirklich ein dickes Ding für euch, Jungs.«
    »Erzähl’s Artie«, sagte Durant. Wu erhob sich von der Couch und nahm den Hörer.
    »Wie geht’s, Boy?« sagte Wu und hörte dann zu. Er hörte annähernd zwei Minuten lang zu, ohne einen Ton von sich zu geben, mit Ausnahme zweier kleiner unverbindlicher Grunzer. Als er schließlich redete, klang seine Stimme kühl und unbeteiligt.
    »Sag ihm, wir sind interessiert, das ist alles«, sagte Wu, hörte wieder eine Weile zu und sagte dann in einem neuen, harten Tonfall: »Nein, Boy, du wirst ihm verdammt noch mal nicht sagen, daß es klargeht. Du wirst ihm genau das sagen, was ich dir gesagt habe: daß wir interessiert sind.«
    Wu hörte wieder zu, und als er erneut sprach, lag in seiner Stimme nur unumstößliche Entschiedenheit. »Definitiv nicht«, sagte er. »Dein Anteil geht auf seine Rechnung, nicht auf unsere.« Wieder hörte er zu, bis Wu unterbrach und leichthin sagte: »Okay, Boy. Wie du sagst: Der Scheiß läuft nicht.«
    Wu legte auf, lächelte Durant vergnügt an und wartete. Zwanzig Sekunden später klingelte das Telefon. Wu meldete sich, sagte Hallo und hörte wieder zu. Schließlich nickte er, offenbar zufrieden, und sagte: »In Ordnung. Ich glaube, jetzt verstehen wir uns endlich, Boy.«
    Nachdem er diesmal aufgelegt hatte, wandte sich Wu Durant zu, lächelte wieder, holte eine Zigarre aus seiner Hemdtasche, ließ sich in einen tiefen Clubsessel sinken und rutschte eine Weile darauf herum, bis er bequem saß. Er zündete die Zigarre an und blies bedächtig drei makellose Rauchringe in die Luft. Durant sah ihm mit einem belustigten Lächeln zu.
    »Hör mal«, sagte Artie Wu. »Glaubst du noch an die gute Fee?«
    »Hat die gute Fee einen Namen?«
    Wu blies einen weiteren makellosen Rauchring. »Otherguy Overby«, sagte er.
    Durants Lächeln wurde breiter, und er klatschte langsam und sanft in die Hände. »Ich glaube dran«, sagte er. Und noch immer lächelnd und klatschend sagte er es noch einmal.

11
    Otherguy Overby erklärte, die sehr zeitig anberaumte

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