Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt
sie mich in Cebu nicht so in Erinnerung.«
Durant zuckte die Achseln. »Dann bist du eben runtergekommen.«
Artie Wu runzelte die Stirn, schaute von Overby zu Georgia Blue hin und wieder zu Overby. »Ich weiß nicht«, sagte er.
»Was meinst du, Otherguy?«
»Ich kann beides machen, Artie. Das weißt du. Wenn nicht, dann scheiß drauf.«
Wu schüttelte leicht den Kopf, als habe er noch immer seine Zweifel. »Georgia?« sagte er.
»Ich eigne mich besser als Aufpasser. Ich kann ein bißchen abgehobenen Secret-Service-Mist einfließen lassen, um die Sache glaubwürdiger zu machen, und auch ich finde, daß Otherguy als Schwachpunkt ein Naturtalent ist.« Sie schaute auf die Uhr. »Ich habe nicht damit gerechnet, daß es so lange dauert. Wenn ihr mich bitte entschuldigt, ich habe im Manila einen Friseurtermin.«
Wu nickte, und Georgia Blue stand auf und ging. Nachdem sie weg war, sah Wu den immer noch brummigen Overby an. »Okay, Otherguy. Du fliegst also morgen.«
»Nicht bevor du überzeugt bist, Artie.«
»Ich bin mehr als überzeugt. Und die anderen auch – besonders Durant.«
»Du darfst dich selbst spielen, Otherguy«, sagte Durant. »Die Rolle deines Lebens.«
Die Unterhaltung dauerte weitere dreißig Minuten und drehte sich hauptsächlich um die unbedeutenden Einzelheiten, wie sie immer auftauchen, nachdem die wichtigsten Entscheidungen gefallen sind. Overby kabbelte sich eben mit Durant darüber, welches Hotel in Cebu sie als Hauptquartier benutzen sollten, als das Telefon klingelte. Wu nahm ab, sagte hallo, lauschte und hielt den Hörer Durant hin.
Nachdem auch er hallo gesagt hatte, vernahm Durant Emily Cariagas Stimme. Normalerweise ruhig und distanziert, überschlug sie sich jetzt vor Erregung, die an Panik grenzte.
»Hast du ein Auto, Quincy?« fragte sie.
»Das vom Hotel.«
»Dann kannst du mich zum Flughafen bringen und dafür sorgen, daß ich sicher in die Maschine komme.«
»Willst du zurück nach Baguio?«
»Barcelona.«
»Verstehe.«
»Sag mir nichts, was nicht stimmt. Erinnerst du dich, daß ich gesagt habe, ich wollte mich umhören und sehen, was ich herausfinden könnte?«
»Ja.«
»Also, ich habe mich umgehört, und was ich herausgefunden habe, hat mich davon überzeugt, für eine Weile lieber woanders hinzugehen.«
»Aber du wirst es mir erzählen.«
»Auf dem Weg zum Flugplatz.«
Durant sah auf die Uhr. »Ich bin in dreißig Minuten da.«
Emily Cariaga bat ihn, es in zwanzig Minuten zu schaffen, und legte auf.
18
Wegen des unmöglichen Verkehrs war es bereits 15.39 Uhr und somit sechsunddreißig Minuten später, als Durant den Hotel-Mercedes durch das offene Eisentor der hohen Steinmauer steuerte, die Emily Cariagas Haus in Forbes Park umgab. Das Haus lag etwas mehr als zwei Straßen südöstlich der Epifanio de los Santos Avenue (EDSA), und es beunruhigte Durant, daß kein Wächter am Tor stand und ein beiger Toyota die enge, asphaltierte Zufahrt versperrte.
Er parkte direkt hinter dem Toyota, stieg langsam aus dem Mercedes und schaute zum Haus. Es zählte zu den älteren Villen in Forbes Park, und sein Dach ragte weit über die Veranda, die sich um beide Seiten und den Vorderteil erstreckte. Die Fenster waren groß und tief in die dicken, stuckverzierten Mauern eingesetzt. Der solide wirkende alte Bau schien zu versprechen, daß es drinnen fünf bis sechs Grad kühler sein würde.
Das nächste, was Durant bemerkte, war das Paar Turnschuhe, das – Zehen nach oben, Fersen nach unten – unter einer eleganten Traveler-Palme hervorlugte. Die Sohlen waren abgelaufen. Die Schuhe – und die Füße in ihnen – gehörten zu einem Paar Beine, die in Jeans steckten. Von den Knien aufwärts verschwanden sie in einem dichten Gebüsch scharlachroter Bougainvillea, das hinter der Traveler-Palme wuchs.
Ein Kiespfad führte zu den Turnschuhen, doch Durant mied ihn, da er nicht wollte, daß das Knirschen seiner Schritte den Mann in der Bougainvillea aufschreckte, falls er eingeschlafen oder – weniger wahrscheinlich – betrunken war. Über den Rasen näherte sich Durant dem Gebüsch, schob die Zweige beiseite und versuchte dabei erfolglos, die Dornen zu vermeiden.
Die Beine in den Jeans gehörten zu einem stämmigen Mann von Mitte Zwanzig. Er hatte ein breites, häßliches Gesicht, das tiefe Pockennarben noch häßlicher wirken ließen. Er war ganz offensichtlich tot, und das ganz offensichtlich durch einen Genickbruch. Seine dunkelbraunen Augen standen weit offen und zeigten
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