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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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noch immer einen Ausdruck leichter Überraschung.
    Der Name des Mannes war Placido, wie sich Durant erinnerte. Er war einer der zwei Wächter, die für Emily Cariaga arbeiteten. Der andere Wächter arbeitete nachts, und sein Name war Mario. Durant erinnerte sich auch, daß Placido verheiratet war und drei Kinder hatte, lauter Jungen. Er konnte sich nicht erinnern, ob Mario, der Nachtwächter, verheiratet war.
    Durant richtete sich auf und wandte sich dem Haus zu. Die Vordertür stand, wenn auch nur wenige Zentimeter, offen. Durant blickte sich auf dem sorgfältig gepflegten Grundstück um; er suchte etwas, mit dem er zuschlagen, schneiden oder zustechen könnte. Er hoffte, die Machete eines Gärtners, einen Spaten oder zumindest eine Harke zu finden. Was er fand, war lediglich ein grüner Gartenschlauch aus Plastik mit einer fast zwanzig Zentimeter langen Messingdüse.
    Durant schraubte die Düse ab, trabte zum Haus, stieg schnell die Verandastufen hinauf, schritt zur Tür und trat sie mit dem Fuß auf. Die Tür knallte nicht gegen die Wand, wie sie es hätte tun sollen. Statt dessen traf sie auf etwas Weiches und Nachgiebiges, das keinen Laut von sich gab.
    Der riesige Filipino trat hinter der Tür hervor. In der rechten Hand hielt er ein winziges Messer. Als das Messer auf ihn zustieß, begriff Durant – fast wie im Traum daß es eigentlich ein großes Messer war, ein Hackmesser mit zwanzig oder fünfundzwanzig Zentimeter langer Klinge. Die mächtige Hand des Riesen ließ es nur winzig erscheinen. Noch immer von dem Messer gebannt, wirbelte Durant zur Seite, bog dabei seinen Körper zurück wie ein Matador, der dem Horn ausweicht. Das Messer schlitzte sein Hemd auf.
    Durant trieb dem Riesen die Messingdüse ins linke Auge. Der Riese grunzte und riß die linke Hand zum Auge hoch. Durant drehte sich und rammte die Faust mit dem Messingstück mindestens fünfzehn Zentimeter unterhalb der schweren silbernen Gürtelschnalle in den Bauch des Riesen. Der Riese sagte etwas, das wie »Wuff« klang, machte einen Schritt zurück und trat Durant gegen die Brust.
    Es war ein harter Tritt, ausgeführt von einem Bein wie ein Telegrafenmast. Wäre Durant nicht vornübergebeugt nach rechts gewirbelt, wobei er nur den linken Oberschenkel darbot, hätte der Tritt ihn im Unterleib erwischt. Aber er verfehlte die Leiste und den Schenkel und traf ihn kurz unterhalb des Brustbeins. Durant stellte fest, daß er nicht mehr atmen konnte und der Versuch zu sehr schmerzte. Er sank auf die Knie, und dann rollte er sich auf dem kühlen Terrazzoboden zusammen.
    Als er auf dem Boden lag, ans Ersticken dachte und auf die Messerklinge wartete, spürte Durant, wie die Hand des Riesen seine Taschen durchwühlte. Er hörte den Mercedes-Schlüssel an seinem Ring klimpern. Er hörte die Vordertür zuschlagen und fragte sich, ob ihm der Tritt ein paar Rippen gebrochen und ob die Rippen sich in seine Lunge gebohrt hatten. Durant versuchte, tief Luft zu holen, aber der Schmerz wollte es nicht zulassen. Dann probierte er es mit einem vorsichtigen, flachen Einatmen. Es brannte wie Giftgas, aber seine Lunge füllte sich mit etwas Luft, und Durant stellte fest, daß er doch nicht ersticken würde.
    Er hörte, wie der Mercedes ansprang. Dann wurde eine Wagentür zugeworfen. Ein zweiter Motor, diesmal der des Toyotas, sprang an. Und dann folgte das unverkennbar gequälte Geräusch eines im Rückwärtsgang gefahrenen Autos. Danach war alles still.
    Durant zwang sich zum Aufsetzen. Er atmete in schnellen, flachen Zügen. Der Schmerz in seiner Brust war noch immer mörderisch, aber zumindest bekam er Sauerstoff in die Lunge. Zentimeter um Zentimeter richtete er sich auf. Er versuchte, gerade zu stehen, stellte fest, daß er es nicht konnte, und stand vornübergebeugt, während er in kleinen, keuchenden Zügen Luft einsog. Schließlich ignorierte er den Schmerz, streckte sich und schlurfte wie ein Sechsundneunzigjähriger mit Lungenkrebs und schlimmen Beinen ins Wohnzimmer. Ein hellbrauner Koffer und eine dunkelbraune Reisetasche standen neben dem Flügel auf dem Boden. Der Flügeldeckel war geschlossen. Jemand hatte eine Damenhandtasche aus Nappaleder darauf liegen lassen.
    Durant versuchte, Emily Cariagas Namen zu rufen, doch heraus kam nur ein schrilles Krächzen. Durant sog zum ersten Mal tief Luft ein. Sie brannte ihm in der Lunge, aber wieder weigerte er sich, den Schmerz zur Kenntnis zu nehmen, und benutzte seinen Atem, um ihren Namen herauszubellen. Er

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