Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt
einfach in den sauren Apfel beißen.«
Durant zeigte wieder sein Schwächlingslächeln. »Und die Entzugserscheinungen?«
»Die gehen schnell vorbei«, sagte Lieutenant Cruz im selbstgefälligen Ton des bekehrten Rauchers.
»Gut zu wissen«, sagte Durant und hustete zweimal schwach, fast geziert.
»Haben Sie mit der Verstorbenen geschlafen?« fragte Lieutenant Cruz in demselben Ton, in dem er sich erkundigt hatte, ob Durant rauche.
»Wie bitte?« sagte Durant und gab dem Tonfall genau das richtige Maß an Entrüstung.
»Entschuldigen Sie, aber ich muß wissen, wie eng Ihre Beziehung war. War sie flüchtig? Rein gesellschaftlicher Art? Intim? Wie?«
»Wir waren gute Freunde.«
»Ein Liebespaar?«
»Wir hatten Spaß miteinander.«
»Im Bett?«
Durant verzog den Mund zu einem dünnen, verächtlichen Strich und ließ sein Schweigen für seine wachsende Entrüstung sprechen.
Lieutenant Cruz seufzte. »Wo sind Sie einander begegnet?«
»Beim Zahnarzt.«
Eine Augenbraue hüpfte hoch, um Lieutenant Cruz’ Skepsis zu signalisieren.
»Es war im Wartezimmer«, erklärte Durant. »Wir hatten beide einen Termin für eine Wurzelbehandlung. Wir sind ins Gespräch gekommen und haben dann beschlossen, daß wir lieber einen Drink als eine Wurzelbehandlung wollten, und das haben wir dann getan.«
»Wann?«
»Vor ungefähr drei Jahren.«
»Sie war noch verheiratet, als Sie ihr begegneten?«
»Ja.«
»Und ihr Mann starb – wann war das – sechs Monate später?«
»So ungefähr.«
»Sie wissen natürlich, wie er gestorben ist?«
»In San Francisco.«
»Das ist wo – nicht wie.«
»Ein Unfall mit Fahrerflucht.«
»Der Fahrer wurde nie geschnappt.«
»Nein.«
»Das genaue Datum«, sagte Lieutenant Cruz, »war der einundzwanzigste August 1983.« Er legte eine Pause ein, als warte er darauf, daß Durant ihn auf die historische Bedeutung dieses Datums hinweisen werde.
Durant beschloß, ihm den Gefallen zu tun. »Sie sind beide am selben Tag gestorben, nicht wahr? Benigno Aquino, hier auf dem Flughafen niedergeschossen, und Patrocinio Cariaga, auf der Polk Street in San Francisco überfahren.« Durant schüttelte leicht den Kopf, als staune er über all das. »Emily und ich haben manchmal darüber gesprochen, ob es was zu bedeuten hätte. Wir sind zu keinem anderen Schluß gelangt als dem, daß es Zufall war, und das ist kein nennenswerter Schluß.«
»Sie haben ihn also gekannt – Cariaga?«
»Klar habe ich Pat gekannt.«
»Waren Sie Freunde?«
»Nicht unbedingt.«
»Wußte er, daß Sie mit seiner Frau schliefen?«
»Er hat es nie erwähnt, aber dazu hatte er ja auch keine Veranlassung, nicht wahr?«
»Das versuche ich gerade herauszufinden«, sagte Cruz, wobei er Durant anstarrte, als wolle er sich ihn jetzt ganz genau einprägen. »Soweit ich weiß, waren Pat Cariaga und Ninoy Aquino politische Verbündete, richtig?«
»Nicht unbedingt.«
»Sie standen beide in Opposition zu Marcos.«
»Aber an entgegengesetzten Enden des politischen Spektrums«, sagte Durant. Er gestikulierte mit der linken Hand. »Aquino stand irgendwo hier.« Er gestikulierte mit der rechten Hand. »Pat stand irgendwo da.«
»Sie haben sich also mit Cariaga über Politik unterhalten?«
Durant schüttelte den Kopf. »Ich habe mir nur seine Ansichten angehört.«
»Und?«
»Ich hielt sie für Blabla.«
»Sie meinen Blödsinn?«
»Richtig.«
»Warum waren sie – Blabla?«
»Er dachte, sobald sie erst mal Marcos los wären, würden die richtigen Leute ans Ruder kommen und dann alles tun, was getan werden müßte.« Durant lächelte freudlos. »Pat hat immer geglaubt, er würde einen verdammt guten Außenminister abgeben.«
Bevor Lieutenant Cruz einen Kommentar abgeben konnte, legte der Sergeant mit der leisen, beruhigenden Stimme den Hörer auf und verließ das Wohnzimmer. Lieutenant Cruz sah ihm nach und wandte sich dann wieder Durant zu.
»Teilte Mrs. Cariaga die politischen Anschauungen ihres Mannes?« fragte er.
»Nein«, erwiderte Durant. »Sie ist eine begeisterte Anhängerin von Mrs. Aquino.« Er hielt inne. »Gewesen.«
»Haben Sie mit diesen Ansichten sympathisiert?«
»Mehr oder weniger.«
»Dann sind Sie ein Mann der Linken, Mr. Durant«, sagte Cruz und ließ es eher wie eine Feststellung denn wie eine Frage oder gar Anklage klingen.
»Nein«, sagte Durant.
»Aber da Sie eindeutig kein Rechter sind, bleibt nur noch die Mitte. Sagen Sie, finden Sie es da gemütlich?«
»In Texas gibt es einen Mann
Weitere Kostenlose Bücher