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Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

Titel: Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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einen Stuhl mit gerader Rückenlehne und setzte sich, die Füße auf den Boden gestemmt, die Knie zusammengedrückt, die Arme vor der Brust verschränkt. Durant lehnte an der Wand und zündete sich eine seiner immer selteneren Zigaretten an.
    Booth Stallings bemerkte, daß aller Augen, seine eingeschlossen, auf Artie Wu gerichtet waren. Drei dicke Rauchringe stiegen zur Decke auf. Wu schaute zu, wie sie sich drehten, kräuselten und schließlich auflösten. Dann sah er Stallings an.
    »Ich habe über unser Problem nachgedacht«, sagte Artie Wu, »und ich habe möglicherweise eine Lösung gefunden.«
    »Lassen Sie hören«, sagte Stallings.
    Durant schaute auf seine Armbanduhr, als Wu zu reden begann. Er sprach flüssig und sicher, als orientiere er sich an einem sorgfältig ausgearbeiteten Konzept. Durch ein Ändern des Tonfalls brachte er gelegentlich sogar eine Fußnote genau dort an, wo es nötig war. Aufmerksam lauschend, beugte sich Stallings vor. Ein bewunderndes Lächeln zog langsam über Overbys Gesicht und wollte nicht mehr weichen. Georgia Blue schaute Wu mit einem Ausdruck an, den man als Verehrung hätte deuten können, der aber, wie Durant wußte, Bewunderung und Respekt ausdrückte. Dann folgte ein zusammenfassender Nachtrag, und Wu war fertig. Durant schaute auf seine Armbanduhr. Wu hatte ohne Pause oder Unterbrechung genau sechsundzwanzig Minuten lang gesprochen.
    Obwohl er gelegentlich zu den anderen hingeschaut hatte, hatte Wu sein Verkaufsgespräch – denn genau das war es gewesen – an seinen Hauptkunden, Booth Stallings, gerichtet. Jetzt warteten alle darauf, zu erfahren, ob der potentielle Käufer zugriff.
    Stallings knetete sein Kinn, zupfte an seinem linken Ohrläppchen und sagte: »Es gefällt mir. Bei Gott, gefällt mir wirklich!«
    Artie Wu strahlte und schaute Georgia Blue an. Sie lächelte beinahe hilflos. »Vollendet, Artie. Wie immer.«
    Wu wandte sich an Overby. »Und, Otherguy?«
    Overby unternahm den Versuch, sein Lächeln zu unterdrücken, scheiterte aber. Also sagte er immer noch lächelnd: »Du weißt, was es ist, Artie, stimmt’s? Es ist neu. Nagelneu. Nicht bloß ein umgekrempelter alter Hut. Und was Neues hab ich nicht mehr gehört, seit der Pommie-Arsch – Friede seiner Asche – diese Sache mit dem Babylift in Saigon ausgeheckt hat, und das war wann? – vor elf Jahren, als alle schon über die Mauern der Botschaft geklettert sind. Man wird dem hier einen Namen geben. Man wird Bücher darüber schreiben. Man sollte es den Großen Chinesen nennen.«
    Wu strahlte. »Ich entnehme dem, daß du einverstanden bist, Otherguy?«
    »Ich bin hingerissen.«
    »Quincy?« sagte Wu.
    Durant schüttelte bewundernd den Kopf. »Es ist richtig hinterfotzig, Artie.«
    Noch immer strahlend, wandte sich Wu wieder an Stallings. »Sein höchstes Lob.«
    Stallings runzelte die Stirn. »Ich habe eine Frage.«
    »Sie müssen etliche haben.«
    »Jeder hat eine Rolle zu spielen«, sagte Stallings. »Das ist normal, nehme ich an.«
    »Eine Vorbedingung«, sagte Durant. »Man wird zum Schauspieler. Genau wie die meisten Außenagenten Spitzengeschäftsleute sind, sind alle Bauernfänger Schauspieler. Man lernt seine Rolle. Man glaubt daran. Man weicht nicht davon ab.«
    »Ich bin natürlich der alte Kamerad«, sagte Stallings.
    Wu nickte.
    »Sie und Durant sind die beiden Schurken.«
    Wieder ein bestätigendes Nicken.
    »Bleiben noch der Aufpasser und der Schwachpunkt«, sagte Stallings, wobei er erst Georgia Blue und dann Overby anschaute. »Wer ist wer?«
    »Der Schwachpunkt geht zuerst nach Cebu«, sagte Wu, »ungefähr einen Tag später folgt der Aufpasser. Ich hätte gern Georgia als Schwachpunkt.«
    Durant sah das anders. »Um Gottes willen, Artie. Die Leute mögen keine Überraschungen. Sie mögen Rollenklischees, deswegen gibt es doch so viele. Wir müssen ein schwankendes Rohr losschicken – nicht die Zehnkampfweltmeisterin. Schaut euch Otherguy an. Los, schaut ihn an.«
    Alle schauten Overby an, als versuchten sie, ihn zum ersten Mal richtig wahrzunehmen. Er starrte zurück. »Okay«, fuhr Durant fort, »er ist ein Lackaffe und piekfein vom Scheitel bis zur Sohle. Aber wenn er seinen Bart jetzt einen oder zwei Tage stehen läßt, im Anzug schläft und eine leichte Ginfahne schwenkt, dann habt ihr den perfekten Judas.«
    »So sehe ich mich nicht unbedingt, Durant«, sagte Overby mit jener merkwürdigen unnachgiebigen Würde, die Stallings schon früher aufgefallen war. »Und todsicher haben

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