Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt
den Hauptpreis holen – diese fünf Millionen Dollar, und das ist, wie Otherguy sagt, ein Haufen Geld. Sogar zu fünf gleichen Teilen sollte das für jeden genug sein, und ich bin überzeugt, wir schaffen es. Aber jeder einzelne von uns ist ein Mensch und daher gegen Versuchungen nicht gefeit. Sollte einer von euch also je in Versuchung geraten, und sollte derjenige zu dem Schluß kommen, daß er nicht widerstehen kann, dann möge er sich an folgendes erinnern: Ich werde hinter euch her sein. Und direkt hinter mir kommt dieser Scheiß-Durant. Einer von uns wird euch finden. Vielleicht wir beide. Und derjenige wird nie und nimmer dazu kommen, das Geld auszugeben.«
Artie Wu lächelte, paffte an seiner Zigarre und lehnte sich in die Couchecke zurück.
Georgia Blue reagierte zuerst. »Jesses, Artie, das war die motivierendste Rede, die ich je gehört habe.« Sie zog die rechte Hand aus der Bademanteltasche, stand auf, raffte die Kleider zusammen, die sie am Vorabend im Salon gelassen hatte, und verschwand im Schlafzimmer.
Nachdem er zugesehen hatte, wie sie das Zimmer verließ, wandte sich Durant an Wu. »Ich hätte es nicht besser sagen können«, sagte er. »Aber ich hätte es kürzer machen können.«
Er ging zur Tür, öffnete sie und blickte zurück zu Wu. »Ich geh runter in die Lobby und schau nach, ob jemand da ist, der mit uns über Emily reden möchte.«
»Ich komme später nach«, sagte Wu.
Nachdem Durant gegangen war, erhob sich Overby, blickte sich im Zimmer um und nickte zum Abschied erst Stallings und dann Artie Wu zu. »Ich muß das Flugzeug erwischen«, sagte Overby.
»Wir sehen uns in Cebu, Otherguy«, sagte Wu.
Overby bewegte sich zur Tür, drehte sich aber auf halbem Wege noch mal zu Wu um. »An wen war dieser ganze Scheiß eigentlich gerichtet, Artie? An mich?«
»An dich und jeden anderen, Otherguy.«
Overbys Nicken diente nur dazu, seinen Unglauben zu bekräftigen. »Klar doch«, sagte er, machte kehrt und verließ das Zimmer.
Booth Stallings stand auf, schlenderte zum Fenster und schaute hinaus auf die Manila Bay. »Haben Sie noch was auf dem Herzen, was Sie mir sagen möchten, Artie?«
»Ich glaube nicht.«
Stallings drehte sich um. »Keine mutmaßlichen Verdächtigen, Abtrünnigen oder agents provocateurs?«
»Alle kommen in Frage«, sagte Wu.
»Ich auch?«
»Sie auch.«
»Was ist mit Ihnen und Durant?«
»Fünf Millionen sind eine Menge Geld, Booth. Behaltet uns im Auge.«
»Jeder belauert jeden, stimmt’s?«
»Das ist der einzig sichere Weg, falls wir es wirklich durchziehen wollen.«
»Meinen Sie, wir schaffen’s?«
Artie Wu zögerte einen Augenblick. Dann sagte er: »Ich glaube schon. Ja, wirklich.«
»Ich auch«, sagte Booth Stallings. »Na, ich bin dann mal weg.«
»Wohin?«
»Corregidor«, sagte Stallings. »Ich wollte mal sehen, ob ich mit einem Tragflächenboot rausfahren und mich ein bißchen umschauen kann.« Er klopfte seine Taschen ab, um sich zu vergewissern, daß er Sonnenbrille, Schlüssel und Brieftasche dabeihatte. »Könnte die letzte Gelegenheit sein, die ich habe.«
Wu lächelte. »Sie haben nicht vor, hier wieder vorbeizukommen?«
»Nicht, wenn ich’s vermeiden kann«, sagte Stallings, während er die Tür öffnete und hinausging.
Als Georgia Blue aus dem Schlafzimmer kam, trug sie dieselben Sachen wie am Abend zuvor. Dieselbe Tasche hing über ihrer rechten Schulter, und beim Anblick des noch immer wartenden Artie Wu glitt ihre rechte Hand hinein.
»Setz dich, Georgia«, sagte Wu.
Sie ging auf den grünen Lehnsessel zu und hockte sich auf die Kante des Sitzkissens, die Knie zusammengepreßt, die Hand noch immer in der Tasche und um den Griff der Walther geklammert. »Du hast Mist gebaut, wie?« sagte Wu.
»Ich wußte nicht, wer sie ist, Artie.«
»Du hättest jemanden fragen können.«
»Hab ich aber nicht.«
»Durant ist … na ja, Durant steht kurz vor dem Überkochen.«
Sie nickte. »Ist mir nicht entgangen.«
»Falls er überkocht, ist der Deal gestorben.«
»Ich weiß.«
»Wir können uns also keine weiteren Böcke mehr leisten von keinem.«
»Du meinst, vor allem von mir.«
Wu schüttelte den Kopf. »Vor allem von Otherguy.«
Georgia Blues Hand kam langsam aus der Umhängetasche. Sie war leer. »Ah«, sagte sie leise. »Was weißt du?«
»Unten in Cebu wird Otherguy der Schwachpunkt sein. Du bist der Aufpasser. Deine Rolle wird also echt sein – und ich fürchte, seine auch.«
Es entstand ein unbehagliches
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