Wu & Durant 02 - Am Rand der Welt

abblenden, setzen sie sich hin.«
    Overby blendete ab, und die drei Männer mit den M-16-Gewehren setzten sich auf den Feldweg und zündeten sich Zigaretten an.
    »Ich habe mich heute abend im Magellan auf die Suche nach Booth gemacht und bin auf den alten Colonel gestoßen«, sagte Overby. »Colonel Crouch. Raten Sie mal, was er mir nach ein paar Drinks erzählt hat?«
    »Ich habe keine Lust zu raten«, sagte sie.
    »Er hat mir erzählt, er hätte Booth etwa eine Stunde nach Sonnenuntergang genau an dieser Stelle abgesetzt, wo ich, laut Ihrem Anruf, um Mitternacht sein sollte. Also, hier bin ich, und hier sind Sie, und meine Frage sollte vermutlich lauten: Wo, zum Teufel, ist der alte Booth?«
    »Bei meinem Mann.«
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Lassen Sie mich mal ganz dumm fragen, Carmen. Ist Ihr Mann noch am Leben?«
    »Das ist eine dumme Frage.«
    »Na ja, es ist bloß so, daß die einzige Person namens Espiritu, die jemand leibhaftig gesehen hat, Mrs. Espiritu ist. Und da habe ich mich gefragt, ob Mr. Espiritu am Leben ist, tot, oder vielleicht im Koma liegt.«
    »Ihm geht’s ganz gut.«
    »Schön. Und er hat vor, Booth noch eine Weile dazubehalten?«
    »Ja.«
    Overby nickte beifällig. »Als Geisel, was?«
    »Stallings ist unsere Versicherung«, sagte sie. »Und sein weiterer Nutzen besteht darin, meinen Mann von der … Rechtmäßigkeit des Geldes zu überzeugen.«
    »Jesses, Lady. Geld, mit dem man jemanden kauft, ist nie astrein.«
    »Er soll ihn von der Existenz des Gelds überzeugen, nicht von dessen Genealogie. Mein Mann hat den Verdacht, es könnte ein ausgeklügelter Trick sein, um ihn nach Hongkong zu locken, wo er dann kein Geld vorfindet und nur ein weiterer armer Schlucker im Exil ist.«
    »Mir gefällt die Art, wie sein Verstand arbeitet«, sagte Overby. »Wann hat man ihm denn diesen Köder erstmals hingehalten?«
    »Vor weniger als einem Monat.«
    »Und er hat dran geknabbert, aber auf Stallings als Mittelsmann bestanden?«
    »Ja.«
    »Wer ist an ihn herangetreten?«
    »Das werde ich nicht beantworten, Mr. Overby.«
    Overby grinste. »Kann ich Ihnen nicht verübeln. Wenn Sie’s täten, wüßt ich ja, was Sie wissen.«
    »Wie bald müssen Sie meinen Mann treffen?« fragte sie.
    »Spätestens morgen. Und Sie müssen Stallings für eine Stunde oder zwei aus dem Weg schaffen, damit Ihr Mann und ich allein sind.«
    Sie nickte. »Seien Sie morgen nachmittag um drei wieder hier, dann bringe ich Sie zu ihm.« Zum ersten Mal lächelte sie. »Aber erwarten Sie nicht, daß ich Sie mit ihm allein lasse, Mr. Overby.«
    Overby erwiderte ihr Lächeln. »Das habe ich keine Sekunde angenommen.«

27
    Um 1.43 Uhr kehrte Otherguy Overby ins Magellan-Hotel zurück, parkte den grauen Toyota und betrat die Lobby, wo er Artie Wu auf einer der niedrigen Couches entdeckte, die Hände über dem Bauch verschränkt, den Blick auf den Eingang geheftet.
    »Artie«, sagte Overby, und sein Blick schoß erst nach rechts, wo Durant an der Theke des geschlossenen Zigarrenstands lehnte, und dann nach links, wo Georgia Blue vor dem geschlossenen Kassenschalter stand, die rechte Hand tief in der Umhängetasche. In diesem Moment beschloß Overby, sich nie wieder mit Frauen abzugeben, die Umhängetaschen trugen.
    Außerdem entschied er sich, Wu zuvorzukommen. »Ich glaube, sie haben Booth Stallings«, sagte er, wobei er genau auf Wus Reaktion achtete, die lediglich aus einem höflichen Nicken begrenzten Interesses bestand.
    »Sie?« sagte Durant, der plötzlich nur noch einen Schritt von Overby entfernt stand. »Wer, verdammt noch mal, sind sie?«
    Overby war zwar nicht überrascht von Durants Fähigkeit, sich wie durch Magie fortzubewegen, aber er mußte das ja nicht mögen. »Gott, kannst du schleichen«, sagte er und wandte sich wieder an Wu.
    »Wann seid ihr zwei denn hier angekommen, Artie?« fragte Overby. »Ihr solltet doch nicht vor morgen da sein.« Dann fiel ihm die Zeit ein, und er berichtigte sich: »Oder heute. Schätze, das ist jetzt.«
    »Es hat sich was ergeben, und wir haben ein Flugzeug gechartert«, sagte Wu. »Eine Cessna war’s, oder?« Die Frage galt Durant.
    »Eine Cessna«, bestätigte Durant.
    »Wir sind bei Sonnenuntergang angekommen«, sagte Wu und starrte wieder Overby an. »Sind auf dem alten Flugplatz oben an der Straße gelandet. Der Flug runter war ziemlich interessant. Wir sind in ungefähr achtzehnhundert Metern Höhe geflogen und hatten Gelegenheit, eine Menge zu sehen. Die Inseln wirken alle sehr