Wu & Durant 03 - Voodoo, LTD.
Namen nicht endlich hinsetzen und anfangen?«
»Sicher«, erwiderte Wu, zog seinen eigenen Stuhl unter dem Tisch hervor und wartete, bis die anderen Platz genommen hatten. Nachdem alle saßen, nahm Wu zwischen Glimm und Jenny Arliss Platz. Wu lächelte ihr zu, dann wandte er sich an Glimm und sagte: »Ich würde vorschlagen, Sie erzählen uns Ihr Problem, und wir sagen Ihnen, was wir – wenn überhaupt – für Sie tun können.«
»Ich wäre nicht hier, wenn Sie nichts tun könnten.«
»Sie dürfen uns nicht überschätzen«, warnte ihn Durant.
»Hören Sie«, sagte Glimm, »es ist mein Geschäft, niemanden zu überschätzen. Aber bevor wir zu mir und meinem Problem kommen, würde ich euch beide gern etwas fragen.«
»Bitte«, sagte Artie Wu.
»Als was bezeichnet ihr euch? Ich meine, wenn jemand zu mir sagt: ›Ich besorge mir bei der Voodoo, Ltd. die und die Leute‹, dann ist das nicht unbedingt eine präzise Beschreibung von eurem Unternehmen, vor allem deshalb nicht, weil ihr zwei euch auf Mundpropaganda verlaßt.«
»Nicht übermäßig präzise«, stimmte Durant ihm zu.
Glimm zog die Stirn in Falten, dann wandte er sich wieder an Wu: »Und seid bitte nicht sauer, daß ich eure Firma immer falsch ausspreche. Ich hab’ mal damit angefangen, und jetzt platzt es eben so aus mir raus. Aber nun zurück zu euch beiden. Ich weiß, daß ihr keine private Ermittlungsagentur seid. Und für Gangster habt ihr zuviel laufende Kosten. Vielleicht ist es Industriespionage, aber das soll doch so schrecklich langweilig sein. Also, wie seht ihr euch? Als hoch bezahlte Laufburschen? Nicht kämpfende Söldnertruppen? Schon von Geschäfts wegen muß ich jeden in eine Schublade tun, und wenn ich das nicht kann, bekomm’ ich Muffensausen.«
»Muffensausen?« fragte Durant.
»Es macht mich nervös.«
»Trete ich Ihnen zu nahe«, sagte Wu, »wenn ich Sie frage, wo Sie Ihr Englisch gelernt haben?«
»Gleich. Zuerst die Beschreibung Ihrer Arbeit.«
»Die Wudu, Ltd.«, sagte Wu langsam, »ist eine straff geführte Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die für andere das tut, was sie selbst für sich nicht tun können.«
»Für Geld«, fügte Glimm hinzu.
»Natürlich.«
»Und wenn ihr es nicht für das verdammte Geld tun würdet«, sagte Glimm, »dann könntet ihr euch Heilige nennen.«
»Da wir eine Gebühr nehmen«, erwiderte Wu und strahlte, »warum uns nicht gleich für professionelle Altruisten halten?«
»Ich werd’ mir Mühe geben«, sagte Glimm, zögerte und fragte dann: »Und jetzt wollt ihr wissen, wo ich mein Amerikanisch gelernt hab’? In Frankfurt hab’ ich’s gelernt. Nicht weit entfernt von einem großen PX und nur einen Katzensprung vom Gebäude der I.G. Farben mit seinen lustigen Paternostern, das eure Luftwaffe bei den Bombardements vergessen hat. Über die Gründe wollen wir jetzt nicht mehr diskutieren. Das sind alte Kamellen.«
»Sehr alte«, stimmte Durant ihm zu.
Glimm schenkte sich ein Glas Bier ein, probierte einen Schluck und sagte: »Meine Mutter arbeitete nach dem Krieg als Hausmädchen und Putzfrau bei Offizieren der amerikanischen Armee und später bei Zivilpersonal. Bei so vielen GIs um mich rum wuchs ich zweisprachig auf. Mein Alter war entweder ein amerikanischer Captain, ein Lieutenant oder vielleicht auch ein Sergeant beim Stab. Mama hat es nie mit letzter Sicherheit sagen können. Ich wurde Ende ’46 geboren, als sie gerade zwanzig war und alle eventuellen Väter bereits in die Staaten zurückgekehrt waren.«
»Haben Sie jemals versucht, ihn ausfindig zu machen?« fragte Wu.
»Wozu?«
»Aus Neugier.«
»So neugierig bin ich nicht. Falls Sie es vergessen haben sollten, 1946 war ein hartes Jahr für uns Deutsche, und meine Mutter tat alles, um uns vorm Verhungern zu bewahren. Und wenn dieses ›alles‹ nicht auch eine bestimmte Form der Verbrüderung mit den Amerikanern eingeschlossen hätte, wären wir womöglich verhungert. Sie ist jetzt fünfundsechzig und lebt in Hamburg, aber die Winter verbringt sie in Spanien oder in Florida. Vor ein paar Jahren hat sie’s mal mit Hawaii versucht, und dort gefiel’s ihr auch ganz gut. Also, das bin ich, Enno Glimm, ein stinkreicher Bastard.« An Wu gewandt, fügte er schnell hinzu: »Was ist das eigentlich für ein Quatsch, daß Sie der chinesische Thronfolger sein sollen?«
Bevor Wu antworten konnte, sagte Jenny Arliss: »Mr. Wu hat einen gut begründeten, wenn auch bescheidenen Anspruch auf den chinesischen
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