Wu & Durant 03 - Voodoo, LTD.
viel wie möglich aus Ione Gamble herausquetschen, und dann würde ich jemanden wie Blechtonne anheuern, damit er die Bänder an den Meistbietenden verscheuert.« Er nickte, zufrieden darüber, den Plan durchschaut zu haben. »Sehr reich und sehr hübsch«, sagte er. »Es hat eine gewisse Symmetrie, weißt du?«
»Du meinst, daß Blechtonne sowohl die Erpressung als auch den Verkauf der Videokassette arrangiert?« fragte Georgia Blue.
»Sicher.«
»Das heißt, die Goodisons sehen von dem ganzen Geld keinen einzigen Cent, stimmt’s?«
»Natürlich nicht«, bestätigte Overby. »Sie sind Amateure, und das große Geld holen sich die professionellen Geier. Sie hätten die Sache in aller Schnelle für zweihundertfünfzig Riesen über die Bühne bringen sollen. Dann könnten sie jetzt schon längst irgendwo sitzen und das Geld ausgeben.«
»Was hältst du von dem Tonband?« wollte die Blue wissen.
Overby schüttelte verächtlich den Kopf. »An dem Ding hat jemand herumgebastelt, der keine Ahnung von so etwas hat. Goodison fragt sie nach ihren Gefühlen, nachdem Rice sie fallenließ, und sie sagt, daß sie ihn umbringen wollte. Und dann fragt Goodison: ›Hast du’s getan?‹, und sie antwortet: ›Ja.‹ Das hat jemand in großer Eile zusammengeflickt.«
»Sie müssen noch was anderes in der Hinterhand haben.«
»Sicher«, sagte Overby. »Sie haben das Videoband. Mit Audiobändern ist das kein Problem, aus denen kann man so ziemlich alles herausholen. Aber bei Videobändern ist das anders. Da muß man sich um Lippenbewegungen, Körpersprache, Augenbewegungen und das alles kümmern. Aber wenn man einen wirklich guten Cutter findet, vielleicht sogar den allerbesten, dann kann man auch mit ’nem Videoband eine Menge anstellen.«
Georgia Blue schaute ihn an. »Du hast dir bereits alles zurechtgelegt, stimmt’s?«
»Was?«
»Deine Otherguy-Masche.«
Overby musterte sie ein paar Augenblicke lang, bevor er den Kopf schüttelte. »Nein, Georgia, diesmal nicht.«
»Blödsinn.«
Overby rutschte in seinem Sessel herum und musterte sie diesmal noch ein bißchen länger, bevor er sie fragte: »Wie lange kennen wir uns schon, Georgia?«
»Mein halbes Leben lang.«
Overby ließ die Jahre im Geiste vorüberziehen, zählte sie am Schluß zusammen und nickte zustimmend. »Ich werde dir jetzt einen guten Rat geben, und das ist etwas, was ich sehr selten tue, weil ich es nicht mag, wenn andere Leute mir gute Ratschläge geben. Okay?«
Sie zuckte die Achseln.
»Wenn du vorhaben solltest, hier eine kleine Nebenvorstellung zu geben, dann soll mir das recht sein, solange es meinen Anteil nicht berührt. Aber paß auf, daß du dir Durant nicht zum Feind machst. Die Touren, die du in Manila und Hongkong abgezogen hast, liegen ihm immer noch im Magen, und er wartet nur darauf, daß du ihm einen Anlaß bietest. Wenn du ihn richtig sauer machst, dann kann ihn nicht einmal mehr Artie zurückhalten. Also, wenn du ein Solo im Sinn haben solltest, denk an Durant.«
»Ich hatte fünf Jahre Zeit, an Durant zu …«
Sie brach mitten im Satz ab, weil Booth Stallings das Wohnzimmer betrat, gefolgt von Artie Wu. Nach einem kurzen Blick in die Runde fragte Wu: »Ist Durant noch nicht zurück?«
»Noch nicht«, antwortete Overby.
»Ist er immer noch bei Ione Gamble?«
»Soviel ich weiß, ja.«
Wu ging zum Telefon, nahm den Hörer ab, schaute Overby an und fragte ihn: »Hast du ihre Nummer?«
Overby zog ein kleines Kärtchen aus seiner Brusttasche und fuhr mit dem Finger an einer Liste von einem Dutzend in sauberen Druckbuchstaben geschriebenen Namen entlang. Als er bei dem von Ione Gamble angekommen war, las er die Telefonnummer vor. Ohne die Nummer noch einmal zu wiederholen, wählte Wu.
Ione Gamble rollte sich auf die Seite, nahm den Hörer nach dem vierten Klingeln vom Telefon auf dem Nachttisch und meldete sich: »Ja?«
»Hier spricht Artie Wu. Ist Quincy Durant noch bei Ihnen?«
»Ich werde nachschauen«, antwortete sie, deckte die Sprechmuschel mit der Handfläche ab, warf einen Blick nach links und sagte: »Artie Wu.«
»In Ordnung«, antwortete Durant, stieg splitternackt aus dem Bett, ging hinüber auf die andere Seite, nahm der Gamble den Hörer aus der Hand und setzte sich auf die Bettkante, wobei er ihr den Rücken zuwandte. Sanft ließ sie ihren Zeigefinger über die sechsunddreißig kreuz und quer laufenden Narben auf seinem Rücken gleiten. Sie fragte sich, wie und wo er sie sich eingehandelt hatte, und
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