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Wuensch dich ins Wunder-Weihnachtsland

Wuensch dich ins Wunder-Weihnachtsland

Titel: Wuensch dich ins Wunder-Weihnachtsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Meier
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eine Täuschung sein können, aber dann erkannte ich sie ganz deutlich. Ich schaffte es, den impulsiven Schrei zu unterdrücken.
    „Nicht auch das noch!“, presste ich gequält heraus.
    Entsetzt weiteten sich meine Augen und enttäuscht trat ich vom Fenster zurück. Zitternd tasteten meine Finger nach einem Stuhl, und als sie einen gefunden hatten, plumpste ich völlig kraftlos darauf. Mein Atem bebte. Dennoch wurde ich von einem Tränenanfall geschüttelt.
    Bloß gut, dass ich mich in der Bibliothek befand. Hierhin zog man sich zurück, wenn man in die Welt der Bücher eintauchen wollte. Es herrschte kein ständiges Kommen und Gehen.
    Nach etwa zwei Minuten war der Anfall vorbei und in aller Ruhe beseitigte ich die Spuren. Denn wer sollte kommen? Das Internat war leer. Es waren keine Schüler mehr da! Nur die Stimmen der anderen hörte ich noch deutlich. Ihr aufgeregtes Geplauder, was sie sich am sehnlichsten zu Weihnachten wünschten. Dabei hatten sie alle das Wichtigste – eine Familie!
    Schließlich war eine nach der anderen abgereist, nach Hause, zu ihren Familien. Die Letzte war Yelina, meine beste Freundin.
    „Amelia, gleich nach den Feiertagen komme ich hierher zurück, damit dir die Ferien allein nicht zu lang werden. Ich verspreche es dir!“ Sie drückte mich herzlich und dann war auch sie verschwunden.
    Letztes Jahr war das ganz anders. Da war ich mit eine der Ersten, die das Internat verlassen hatten und über die Weihnachtsferien nach Hause fuhren.
    Doch seit meine Großmutter im Spätsommer überraschend gestorben war, hatte ich keine Familie mehr.
    Mit großer Mühe gelang es mir, die erneut aufsteigenden Tränen herunter zu schlucken. Allerdings fiel gleichzeitig mein Blick aus dem Fenster und wieder überkam mich ein heftiger Tränenanfall.
    Es hatte sich eingeschneit. Seit Jahren gab es mal wieder weiße Weihnachten und auf dem Fenstersims hatte sich bereits eine beachtliche Menge dieser weißen Pracht angesammelt. Nun konnte endlich diese ruhige, gütige Stimmung einkehren, die das Weihnachtsfest ausmachte.
    Um das verzweifelte Schluchzen etwas zu dämpfen, vergrub ich mein Gesicht im Rock des Kleides.
    „Wa…rum … Schnee …?“, stammelte ich in ihn hinein. Weihnachten, das Fest der Familie, war ohne Familie schwer genug. Und weiße Weihnachten, das machte den Schmerz noch unerträglicher!
    Leise drang das Geräusch sich nähernder Schritte an meine Ohren. Da das Haus, bis auf einige Erwachsene und mir völlig leer war, hallten sie schon von Weitem durch den langen Flur.
    Dadurch hatte ich ausreichend Zeit, um die letzten Tränen von meinen Wangen weg zuwischen. Meine roten Augen würden mich zwar verraten, aber ich wollte nicht ganz offensichtlich zeigen, dass ich gerade geweint hatte.
    Vorsichtig wurde die Türklinke heruntergedrückt und geräuschlos glitt Frau Ullrich, die Internatsleiterin, herein. „Ach hier bist du, Amelia.“
    Sie schritt langsam auf mich zu und legte sanft einen Arm um meine Schulter. Ich stierte Löcher in den Boden. Frau Ullrich hatte mich mit ihrer Umarmung ganz sacht vom Stuhl hochgezogen.
    „Die Bibliothek ist für heute nicht der richtige Aufenthaltsort. Komm!“
    Da ich mich nicht rührte, führte sie mich mit der gleichen Umarmung hinaus.
    „Was möchtest du zuerst, Amelia, Abendessen oder Bescherung?“
    Ich bekam kein Wort heraus und blickte weiter auf den Boden. Was sollte diese Frage überhaupt, von wegen Bescherung? Wer sollte mir etwas schenken? Daher blieb nur eine Möglichkeit, Abendessen. Und so steuerte ich in Richtung Speiseraum.
    Je näher wir kamen, desto köstlicher duftete es. Das Aroma von geräucherten Würstchen, knusprig gebratenem Fleisch, Senf, sauer eingelegtem Gemüse und vielen anderen Leckereien hing in der Luft. Normalerweise wäre mir das Wasser im Mund zusammengelaufen. Aber heute schnürte es mir den Magen zu. Und je mehr ich an diese Speisen dachte, desto übler wurde mir. Ich hatte keinen Appetit, würde keinen Bissen herunter bekommen! Nein, ich wollte auch nicht Abendessen, sondern nur ins Bett und das ganze Weihnachtsfest verschlafen.
    „Ich denke, wir gehen doch zuerst in die Empfangshalle, zur Bescherung“, riss Frau Ullrich mich aus meinen Gedanken und schob mich in diese Richtung.
    Widerstandslos ließ ich es geschehen.
    Der Baum war wahrhaftig ein Traum. Mit einer stattlichen Größe von sechs Metern war er wunderschön geschmückt, überall funkelte und leuchtete es. In Vorfreude auf das anstehende

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