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Wuensch dich ins Wunder-Weihnachtsland

Wuensch dich ins Wunder-Weihnachtsland

Titel: Wuensch dich ins Wunder-Weihnachtsland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Meier
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einer neuen Kurzgeschichte schreibt, liest sie gern und viel. Ihre Kurzgeschichten haben bereits Aufnahme in diversen Anthologien gefunden, unter anderem auch in den zweiten und dritten Band von „Wünsch Dich ins Wunder-Weihnachtsland“
.

Katharina Britzen
Drago, der kleine Drache, und Weihnachten
    Seit die Tage länger dunkel als hell waren, fühlte sich der kleine Drache Drago sehr einsam. Ihm fehlte Tobi. Kennengelernt hatten sie sich, als die Bäume ihr schönstes Grün trugen und der Kuckuck nichts Besseres zu tun hatte, als seinen Namen in alle Welt hinaus zu posaunen. Rein zufällig waren sich der Junge und der Drache inmitten des Waldes nahe einer Höhle begegnet.
    Mehr noch als Tobi war der Drache über die Begegnung überrascht, als ihm ein sommersprossiger Junge forsch zwischen Buchen und Fichten entgegen schritt und nicht etwa vor Schreck wie angewurzelt stehen blieb oder gar die Flucht ergriff.
    „Manno, ein richtiger Drache. Super.“
    Soviel Mut hätte der kleine Drache niemals erwartet. Aus dem Drachenunterricht wusste er, wie sehr sich Menschen vor Drachen ängstigen. Komisch, nun erlebte er das Gegenteil. Er beschloss, dem Knirps eine kleine Lektion zu erteilen, um ihn den nötigen Respekt vor Drachen zu lehren.
    Und aus der Lamäng heraus spie er Feuer in Tobis Richtung, ohne ihm jedoch ein Haar zu krümmen. Tobis Reaktion war nur ein nicht, was Drago erwartet hatte: „Suuuper, Drache. Das würde ich auch gerne können“.
    Drago war mit seinem Drachenlatein am Ende. „Warum hast du keine Angst vor mir? Alle Menschen fürchten sich vor Drachen.“
    „Ich nicht.“
    „Das seh ich.“
    Respektlos umrundete Tobi den kleinen Drachen und stieg gleich rittlings auf dessen Rücken. Er drückte ihm seine Füße in die Flanken und befahl: „Los, Drache, flieg mit mir eine Runde übers Dorf.“
    „Erstens heiße ich
Drago
und zudem heißt das
bitte
“, wies ihn der kleine Drache zurecht.
    Eine Spur kleinlauter nuschelte Tobi: „Bitte, Drago.“ Dann klatschte er Drago wie einem Pferd auf den Rücken und erwähnte nebenbei: „Übrigens, ich bin der Tobi.“
    Weil Drago ein ganz und gar gutmütiger Drache war, umrundete er mit Tobi auf seinem Rücken das Dorf. Nahe am Kirchturm vorbei. Tobi deutete nach unten auf ein Haus mit roten Ziegeln, gelb gestrichen und dahinter einem Baum mit ausladender Krone.
    „Da wohn ich. Das Fenster unterm Dach. Kannst mich ja mal besuchen.“
    Als er eine Schleife flog, kreischte Tobi vor Vergnügen und feuerte ihn an: „Mehr, Drago, mehr Drago.“
    Drago und Tobi erlebten interessante und spannende Monate miteinander. Gemeinsam erkundeten sie die Umgebung, entdeckten eine Höhle unter einem Lianenvorhang, die zu ihrem geheimen Treffpunkt wurde. Um die Höhle etwas gemütlicher zu gestalten, hatte Tobis Mutter ein altes Sofa, Tisch, Decken und Kissen spendiert. Alles wurde auf Dragos Rücken in die Höhle transportiert.
    Oft statteten die beiden dem breiten Fluss einen Besuch ab, sonnten sich an seinem Ufer und lauschten den glucksenden Geschichten, die seinem Wasser entstiegen. Interessant, was so ein alter Fluss in Jahrtausenden erlebt hatte. Sie lernten die fleißigen Biber kennen und winkten im Herbst den Störchen nach, die gen Süden aufbrachen.
    Und nun dauerte der Winter schon einige Wochen. Igel und Eichhörnchen lagen längst im Winterschlaf, und eine Schneehaube bedeckte die Dächer. Der Winter mit seinen dunklen Tagen ließ ihnen wenig Zeit für Gemeinsames. Sie sahen einander nur noch selten, denn Tobi musste spätestens bei Anbruch der Dunkelheit zu Hause sein. Drago fieberte den seltenen Besuchen entgegen.
    Trafen sie sich, interessierte sich Drago für die seltsamen Bräuche, die sich vor seinen Augen abspielten. Wiederholt war er durch die Straßen des Dorfes gestreift, hatte in das eine oder andere Fenster gelinst und sich so seine Gedanken gemacht. Warum über Nacht in Sträuchern und Bäumen plötzlich Lichter hingen? Warum über Nacht Fenster im Kerzenlicht erstrahlten? Warum vor den mit Tannenzweigen geschmückten Hauseingängen Laternen brannten? Warum es plötzlich so anders roch im Dorf? Süß und fein.
    Hatte Tobi ihm pünktlich zum 1. Advent einen Kranz mit vier Kerzen mitgebracht, so überreichte er Drago einen Tag vor dem 3. Advent eine Dose Lebkuchen. „Von meiner Mama.“
    Wie gerührt Drago war! Er roch an der Keksdose und erkannte gleich den herrlichen Duft, der neuerdings wie eine süße Haut die Dächer des Dorfes überspannte.

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