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Wuensch dir was

Wuensch dir was

Titel: Wuensch dir was Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adena Halpern Ursula C Sturm
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nicht, dass ich schwer beladen bin? Ich sage meiner Großmutter, sie soll Sie anrufen, sobald sie aus der Badewanne steigt. Versprochen. Ich habe sogar ihre Schlüssel dabei … und ihre Handtasche; hier, sehen Sie?«
    »Also, wie gesagt, eigentlich … darf ich keine Fremden ins Haus lassen.« Er grinste mich an.
    Ken der Türsteher flirtete mit mir! Voll fies, wie die jungen Leute heutzutage sagen würden! Schade, dass Sie Ken nicht sehen können, sonst wüssten Sie, wieso.
    »Ach, tatsächlich?« Ich klimperte mit den Wimpern. Er wollte flirten? Konnte er haben! Ich bin ein Flirt-Profi. Ich hatte Howard nie betrogen, aber mein Augenaufschlag hat sich gewaschen. Absolut konkurrenzlos. Damit hatte ich immer bekommen, was ich wollte.

    Trotzdem kostete es mich meine ganze Überredungskunst, bis Ken endlich nachgab. Flirt-Profi hin oder her, ich war eindeutig ein bisschen aus der Übung.
    »Also gut, gehen Sie«, sagte er schließlich und grinste.
    »Merci beaucoup!« Ich zwinkerte ihm zu. Was für ein Spaß!
    Geschafft! Oben in meiner Wohnung stellte ich als Erstes die Torten auf dem Tisch im Esszimmer ab und packte sie aus. Aber ehe ich mich zurückverwandelte, musste ich noch einmal mein neues Kleid anprobieren und mich im Spiegel bewundern.
    Ich ging ins Schlafzimmer, hob behutsam meine Neuerwerbung aus der Tüte, legte sie aufs Bett und schlug das Seidenpapier zurück, in das sie eingewickelt war. Das Kleid war so gefaltet, dass einem sogleich das Etikett mit der Aufschrift »Lucy Jerome« ins Auge sprang. Rasch schälte ich mich aus meinen Klamotten und ließ sie achtlos zu Boden fallen. Ich nahm das Kleid, schlüpfte vorsichtig hinein und trat vor den Spiegel.
    Und erst da begriff ich, was George Bernard Shaw gemeint hat, als er sagte, die Jugend sei an die jungen Leute verschwendet. Es wäre großartig, wenn jeder Mensch rückwärts altern könnte, so wie ich, und sei es nur für einen Augenblick. Sie können sich nicht vorstellen, was das für ein Gefühl ist, noch einmal jung zu sein, wenn man seine Jugend schon seit geraumer Zeit hinter sich hat. Eigentlich dürfte einem die Jugend nicht einfach so in den Schoß fallen, wenn man sie
noch gar nicht zu schätzen weiß. Man sollte sie sich verdienen müssen.
    Innerlich war ich fünfundsiebzig. Die Augen, durch die ich sah, waren noch immer fünfundsiebzig, und ich betrachtete diesen neunundzwanzigjährigen Körper im Spiegel, als wäre er eine Skulptur. Mit dem Zeigefinger fuhr ich die sanfte Linie vom Kinn zum Hals hinunter nach, die noch vor wenigen Stunden faltig und schwabbelig gewesen war. Jetzt war die Haut dort glatt und straff. Ich befühlte meinen Brustkorb und meine Taille, die sich gestern noch eckig und zerbrechlich angefühlt hatten. Ich war überglücklich und todtraurig zugleich. Wie konnte das sein?
    Was für eine phantastische Zeitreise. Was für ein phantastischer Tag. Das war das tollste Geschenk, das ich je erhalten hatte, nur: Ich hatte es nicht verdient. Ja, ich hatte das Gefühl, meine Jugend verschwendet zu haben, aber mehr als diese eine Jugend stand mir eben nicht zu.
    Ich ging ins Esszimmer, steckte je fünfundzwanzig Kerzen auf jede Torte und begann, sie anzuzünden. Kein leichtes Unterfangen übrigens, fünfundsiebzig von diesen mickrigen Geburtstagskerzen auf einen Schlag anzuzünden. Es ist so gut wie unmöglich, dass sie alle zur gleichen Zeit brennen. Kein Wunder, dass Barbara neulich nach der neunundzwanzigsten aufgegeben hatte.
    Dann schloss ich die Augen und formulierte meinen Wunsch.

    Ich wünschte mir, wieder fünfundsiebzig zu sein.
    Für Barbara und Danny und Lucy und sogar für Howard.
    Ich sammelte mich und holte tief Luft.
    »Entschuldigen Sie mal!«, ertönte da eine laute Stimme hinter mir, so dass ich erschrocken zusammenzuckte. »WAS ZUM TEUFEL TREIBEN SIE IN DER WOHNUNG MEINER GROSSMUTTER, UND WARUM TRAGEN SIE DIESES KLEID?«

Grandmom?
    H immel, Lucy, du hast mich zu Tode erschreckt!« Ich schnappte nach Luft und fuhr herum, die Hände auf die Brust gepresst.
    »WO IST MEINE GROSSMUTTER?«, bellte sie und griff nach der sündteuren Vase, die Howard und ich damals in der Toskana erstanden haben.
    »Würdest du die bitte wieder abstellen«, sagte ich nachdrücklich und ging auf meine Enkelin zu, worauf sie drohend die Vase schwang. »Ich bin’s!«, rief ich. »Deine Großmutter, Ellie Jerome!«
    »Ich rufe die Polizei«, schrie sie und wühlte mit der freien Hand in ihrer Tasche, ohne mich aus den Augen zu

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