Wuensch dir was
musste in meinen alten Körper zurückkehren. Barbara, denk an Barbara!
»Drei Geburtstagstorten, bitte!«, rief ich, eine Spur zu laut vermutlich, kaum dass ich die Tür aufgerissen hatte. Außer mir befand sich nur ein weiterer Kunde im Laden, ein sympathisch aussehender Anzugträger um die dreißig. Mir fielen sogleich seine blauen Augen
auf. Bei blauen Augen bekam ich immer weiche Knie, wohl, weil in meiner Familie alle braune Augen hatten. Ich hatte mir mal blau getönte Kontaktlinsen zugelegt, aber damit sah ich richtig unheimlich aus. Ich konnte die Dinger unmöglich tragen, also verstaute ich sie in einer Schublade und dort verstauben sie noch heute. Trotzdem war ich seit jeher ein großer Fan von blauen Augen.
»Verzeihung«, sagte ich zu dem jungen Mann. »Ich wollte mich nicht vordrängen.«
»Kein Problem.« Er machte eine schwungvolle Handbewegung. »Bitte sehr. Einer hübschen Lady lässt man doch gern den Vortritt.«
Sprach der Knabe etwa von mir?
»Oh, vielen Dank, junger Mann.«
»Junger Mann?«, wiederholte er lachend. »Ich glaube, ich bin ein bisschen älter als Sie.«
»Natürlich sind Sie das.« Ich warf den Kopf in den Nacken und lachte ebenfalls. »Aber ich bestehe darauf, dass Sie zuerst bestellen. Sie haben es bestimmt eilig.«
»Keineswegs. Bitte – Schönheit vor Alter.«
Jetzt war ich zugegebenermaßen sprachlos.
»Also gut.« Ich strich mir verlegen eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Danke sehr.« Lächelnd trat ich an den Tresen.
»Drei Geburtstagstorten, und dazu sämtliche Kerzen, die Sie vorrätig haben«, sagte ich nachdrücklich zur Verkäuferin. Deshalb war ich schließlich hier.
Kurz darauf verließ ich mit drei großen Tortenschachteln das Geschäft, und obwohl ich so schwer beladen war, schwebte ich förmlich. Mein Herz klopfte immer noch wie verrückt nach diesem Kompliment, noch dazu von einem so attraktiven jungen Mann, und die schweren Tortenschachteln kamen mir leicht wie Seifenblasen vor. Ja, es waren bloß ein paar freundliche Worte gewesen, aber genau diese Worte hatte ich seit über dreißig Jahren nicht mehr gehört.
Vielleicht sollte ich diese Gelegenheit ja doch nicht ganz ungenutzt verstreichen lassen. Ich musste zwar mit den Torten nach Hause, aber was sprach eigentlich dagegen, dass ich mich unterwegs noch ein wenig amüsierte? Vielleicht sollte ich schnell in einen Laden gehen und ein paar Kleider anprobieren, wenn ich schon so eine tolle neue Figur hatte. Da war doch eigentlich nichts dabei. Und wie ich so die 17 th Street entlangschlenderte, erspähte ich im Schaufenster von Plage Tahiti zwischen einem pfefferminzgrünen Kaschmirpulli und einer Kombination aus Neckholder-Top und weißer Hose das Ellie-Jerome-Kleid meiner Enkelin Lucy! Wenn das kein Zeichen war!
»Kann ich Ihnen helfen?«, erkundigte sich die blonde Verkäuferin freundlich, nachdem ich meine drei Kuchenschachteln vor ihr auf dem Tresen abgestellt hatte.
»Ja, gerne. Ich kam gerade hier vorbei, und da stach mir dieses hübsche Kleid im Schaufenster ins Auge. Es ist einfach umwerfend.«
»Es ist von einer hiesigen Designerin – Lucy Jerome heißt sie.«
Ich konnte meine Begeisterung kaum verhehlen. Ich musste ihr sagen, was es damit auf sich hatte!
»Ich weiß! Lucy ist meine Enkelin!«, platzte ich voller Stolz heraus. Kann man mir nicht verdenken, oder?
»Wie bitte?« Die Verkäuferin starrte mich verdattert an.
»Äh, habe ich gerade Enkelin gesagt? Ich meinte natürlich Cousine.« Ich lachte gekünstelt. »Ich hab mich bloß versprochen; sie hat das Kleid nämlich nach ihrer Großmutter benannt … die natürlich auch meine Großmutter ist«, stammelte ich. Ich konnte noch nie besonders gut lügen.
»Ach ja! Sie sehen den beiden ja auch zum Verwechseln ähnlich! Und Sie haben alle drei dieselbe Traum-Figur. Ihre Großmutter läuft mir gelegentlich im Park über den Weg. Sie sieht ja immer aus wie aus dem Ei gepellt, und ihre Körperhaltung ist wirklich vorbildlich. Ich wollte sie schon des Öfteren ansprechen, aber sie weiß gar nicht, wer ich bin.«
»Oh, ja, Gram sitzt gern im Park und liest die Zeitung«, sagte ich aufgekratzt. »Sprechen Sie sie ruhig an, wenn Sie ihr das nächste Mal begegnen. Sie ist richtig cool .«
»Das muss sie wohl sein, wenn Lucy ihr zu Ehren dieses Kleid entworfen hat«, bemerkte die Verkäuferin lächelnd, während sie der Schaufensterpuppe das
Kleid auszog. »Hier, es müsste Ihnen wie angegossen passen.«
»Ich probiere es nur
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