Wuensch dir was
lassen.
»Lucy, glaub mir, ich bin’s. Stell die Vase ab und hör mir zu. Sieh mir in die Augen. Ich bin es, ehrlich! Komm, setz dich, ich hole dir etwas zu essen. Hast du Hunger? Ich habe noch etwas gegrilltes Hühnchen von neulich Abend da.«
Sie hatte inzwischen ihr Telefon ausfindig gemacht und drückte die Tasten 9-1-1.
»Lucy!« Ich machte ein paar Schritte in ihre Richtung, aber sie wich zurück. »Meine Güte, du heißt Lucy Morgan Sustamorn, aber inzwischen nennst du dich Lucy Jerome, nach deinem Großvater Howard Jerome und deinem Urgroßvater Leonard Jerome. Ich war der Ansicht, auf deiner Geburtsurkunde hätte Lucille stehen sollen, aber deine Mutter hat auf Lucy bestanden, wegen ihrer Lieblingsfernsehserie I Love Lucy . Ich bin nach wie vor der Ansicht, sie hätte dich Lucille nennen sollen, aber darum geht es jetzt nicht. Du bist am Vormittag des siebten Dezember im Pennsylvania Hospital zur Welt gekommen, und es hat geschneit, deshalb musste dein Großvater die Schneeketten anlegen, ehe wir ins Krankenhaus fahren konnten.«
»Das kann man alles im Internet nachlesen. Ich habe einen Blog!«, rief sie.
»Das hier hast du nach mir benannt!«, sagte ich und deutete auf mein neues Kleid. »Und der Schnitt ist einem der Kleider aus meiner Sammlung nachempfunden.«
»Das weiß doch jeder!«
»Okay, deine Lieblingssendung ist … wie heißt noch gleich diese Sendung, in der alle singen?«
»American Idol?«, fragte sie.
»Nein, die andere.« Ich schnipste mit den Fingern, während ich mir das Hirn zermarterte.
»Star Search.«
»Nein, die, bei der man einsetzen muss, sobald die Musik aufhört.«
» Don’t Forget The Lyrics ?«, fragte sie und legte den Kopf schief.
»Genau!« Ich vollführte einen Luftsprung.
»Ich hasse diese Show!«
»Also gut, wie wär’s damit: Du sagst zwar immer, Citizen Kane sei dein Lieblingsfilm, aber eigentlich siehst du dir viel lieber Natürlich Blond an.«
Sie erstarrte.
»Wer hat dir das verraten?«
»Niemand, aber deinetwegen musste ich Natürlich Blond zig Mal über mich ergehen lassen. Glaubst du wirklich, das hat mir Spaß gemacht?«
»Ha!« Sie zeigte mit der Vase auf mich. »Du hast aber behauptet, Natürlich Blond wäre auch dein Lieblingsfilm.«
Jetzt hatte sie mich drangekriegt. Ich lachte.
»Siehst du, jetzt hast du den Beweis, dass ich es bin. Ich behaupte immer, Betty und ihre Schwestern wäre mein Lieblingsfilm.«
»Und sämtliche Jane-Austen-Verfilmungen.«
»Ja, aber das stimmt wirklich. Vor allem die mit … wie heißt noch gleich die Schauspielerin, die ich so mag?«
»Anne Hathaway?«
»Nein, die andere.«
»Gwyneth Paltrow?«
»Nein. Denk nach, Lucy!«
»Keira Knightley?«
»Lieber Himmel, Lucy.« Allmählich riss mir
der Geduldsfaden. »Nein, ich meine die andere, diese …«
»Ich sage jetzt gar nichts mehr!«, motzte sie. »Schließlich bist du es, die hier ihre Identität beweisen muss!«
»Ach, komm schon; ich mag aussehen wie neunundzwanzig, aber mein Gehirn hat trotzdem fünfundsiebzig Jahre auf dem Buckel. Du weißt doch, wie vergesslich ich bin …« Und dann fiel mir der Name der Schauspielerin wieder ein. »Emma Thompson!«
Das hatte gesessen. Lucy starrte mich aus großen Augen an und brachte kein Wort heraus.
»Heißt sie so?«, fragte ich.
»Ja«, flüsterte sie heiser.
Ein paar Sekunden lang stand sie einfach nur da und stierte mich an.
»Was war mein liebstes Plüschtier, als ich noch klein war?«, fragte sie schließlich.
»Dieses grüne pelzige Monster aus Sesamstraße , das in der Mülltonne lebt.«
»Gut, und was war mein Flubby?«
»Flubby?«
Ich überlegte einen Augenblick.
»Oh, das war die Decke, die du ständig mit dir herumgeschleppt hast. Die hast du immer Flubby genannt.«
»Falsch! Flubby war mein rosa Krokodil. Meine Decke hieß Scrubby.«
»Also wirklich, und daran soll ich mich erinnern? Frag mich etwas Leichteres.«
»Okay, meinetwegen. Wenn du wirklich meine Großmutter bist, dann habe ich eine Frage an dich, die nur du beantworten kannst.«
»Gut, aber mach es mir nicht zu schwer.«
»Nein, das wird ganz einfach: Was haben wir vergangenen Dienstag zu Abend gegessen?«
»Lucy, wie zum Henker soll ich mich daran erinnern, was wir vorigen Dienstag zu …«
Doch auf einmal wusste ich es wieder.
»Wir haben Eis gegessen, das mit dem Plätzchenteig und den Schokostückchen! Unser geheimes Festmahl! Das kann niemand wissen, nicht wahr? Wir haben geschworen, es niemandem zu
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