Wuensche Dir alles
Niemand kann sie uns nehmen, weil sie unser eigenes, tiefstes Wissen ist. Wir müssen sie auch niemandem aufzwingen. Manche sagen zum Beispiel, es gibt einen Gott, andere aber meinen, es gibt keinen. Wichtig ist nicht, wer hier recht hat oder mehr weiß, sondern dass wir mit Gelassenheit unsere eigene Überzeugung vertreten und dabei die Meinung des anderen tolerieren. Das ist weise.
Nur wer Weisheit entwickelt, kann mit seiner Vergangenheit gelassen umgehen. Wenn wir aus Erfahrungen lernen, können wir auf angenehme Erlebnisse zurückschauen, ohne sie unbedingt wiederholen zu müssen, wenn das eigentlich unrealistisch ist – und wir können unangenehme Erfahrungen betrachten, ohne darunter zu leiden. Mithilfe der Erkenntnisse, die wir aus unseren Erfahrungen gewinnen, können wir die Vergangenheit ruhen lassen. Durch Selbstreflexion bleiben wir lebenslängliche Schüler in Sachen Weisheit.
Wer weise ist, ruht in sich und muss niemanden davon überzeugen, dass er recht hat. Folglich empfindet er andere Menschen nicht als Bedrohung. Er ist sich seiner Stärke bewusst und kann alle Lebewesen als gleichwertige Geschöpfe betrachten. Solch eine Toleranz ist laut der Yogalehre sehr weise. Wir können dann unsere Überzeugungen und Motivationen ausdrücken, ohne verbissen zu wirken. Weil jeder durch Erfahrung weise werden kann, nicht nur Gelehrte oder Meister, können wir von den unterschiedlichsten Menschen lernen.
»Um glücklich zu sein, müssen wir innerlich im Frieden sein.
Der innere Frieden entsteht, wenn wir uns unserer selbst bewusst sind.
Für die Bewusstwerdung des Selbst ist Reflexion notwendig.«
[ Bhagavadgita 2.66 ]
Weisheit kann uns überall begegnen
Neulich machte ich eine lange Wanderung entlang der südindischen Küste, um unter anderem über meine berufliche Zukunft in Europa nachzudenken. Eines Tages begegnete ich in einem Dorf einer Gemüseverkäuferin, die mühsam versuchte, ihren Korb voller Gemüse vom Boden zu heben und auf den Kopf zu setzen. (In Indien tragen alle Verkäufer auf dem Lande ihre Ware in einem Korb auf dem Kopf und bieten sie im Gehen zum Verkauf an). Ich half ihr, sie bedankte sich, und wir gingen ein paar Schritte gemeinsam. »Du scheinst schwierige Gedanken zu wälzen«, sagte sie. »Ja, ich habe viele berufliche Verpflichtungen und wünschte, ich könnte davon einiges abgeben, um mir das Leben zu erleichtern. Dann käme ich endlich mehr zu mir.« »Und warum machst du das nicht einfach?« »Ich weiß nicht, es fällt mir irgendwie schwer!«, sagte ich. »Hey, kleiner Bruder!«, sagte sie (dabei war sie um einiges jünger als ich). »Noch nie gehört, dass man eher zu sich kommt, wenn man das Leben leicht nimmt?! Starr nicht auf deine Aufgaben, sondern schau auf dich selbst – dann lebst du automatisch leichter! Ich schleppe jeden Tag dieses Gewicht auf dem Kopf herum und spüre es doch nicht dauernd.«
Da wurde mir plötzlich klar: Wenn ich der eigenen Kraft mehr vertraue, kann ich auch meine Bürde besser tragen! Wer bei sich bleibt, lebt glücklicher. Wie viel Lebensweisheit steckte in den Worten dieser einfachen Frau, die vielleicht eine Analphabetin war!
Schöpferkraft – das Leben an sich feiern
Eine Familie zu gründen und Kinder zu zeugen, ist die ursprünglichste Form von Kreativität und ein wunderbares Bekenntnis zum Leben. Das Thema Familie ist allerdings für viele Menschen mit Verletzungen und großen Schmerzen verbunden. Es kann sie sehr in der Entfaltung ihrer Persönlichkeit hemmen. Wenn wir uns aus unseren familiären Verstrickungen lösen, fällt es uns leichter, unsere eigene Kraft zu spüren und unsere eigenen Wünsche anzugehen. Dies wird wunderbar in der folgenden indischen Geschichte geschildert.
Weisheitsgeschichte
----
Zehn gute, etwas einfältige Freunde machten sich zu Fuß auf eine lange Reise. Eines Tages, als ein starkes Unwetter aufkam, legten sie sich unter einem schützenden Dach nieder, hielten sich ängstlich aneinander fest und schliefen schließlich ein. Als sie aufwachten, war das Unwetter vorbei – aber wehe! Ihre Gliedmaßen waren so ineinander verschlungen, dass sie nicht mehr wussten, wie sie sich voneinander lösen sollten. Zum Glück kam eine Verkäuferin von Armreifen vorbei, die sie um Hilfe baten. Die Verkäuferin erkannte die Lage, zerbrach einen ihrer Glasarmreifen und stach in jedes Bein und jeden Arm. Schlagartig wusste jeder, welche Glieder zu ihm gehörten!
Familie kann ein großes Wirrwarr in unserer Psyche
Weitere Kostenlose Bücher