Wünsche (German Edition)
eingeschlafen.
Kapitel 4
Früher hätte ich bei so einer Gelegenheit wohl die Chance ergriffen und wäre gegangen, aber ich blieb. Nachdem ich Julians Radio abgestellt hatte, setzte ich mich wieder an meinen Platz und nahm seine Hand. Die Schmerzmittel wirkten offenbar, denn er schlief friedlich und hatte sogar ein leichtes Lächeln auf den Lippen.
Mir schossen erneut Tränen in die Augen, während ich Julian beobachtete. Dieser Junge hatte es in weniger als einer Stunde geschafft, mein Herz zu berühren.
»Ich schulde Ihnen eine Entschuldigung«, hörte ich eine Stimme hinter mir.
Ich zuckte einen Moment zusammen und drehte mich um. Dr. Hartmann stand hinter mir und lächelte. Ich hatte nicht gehört, wie er in das Zimmer gekommen war. Ich wusste weder wie lange ich an Julians Bett gesessen hatte noch wie lange Dr. Hartmann hinter mir stand und mich dabei beobachtet hatte, wie ich Julian beobachtete.
»Warum?«, fragte ich und holte tief Luft.
Dr. Hartmann antwortete nicht.
»Haben Sie Lust auf einen Kaffee?«, fragte er stattdessen.
»Gerne«, sagte ich und stand auf.
Ich zog mein Taschentuch aus der Jackentasche. Es war noch immer feucht von Julians Tränen und Schweiß. Ich starrte das Taschentuch eine Weile an.
»Wenn ich genauer darüber nachdenke, verzichte ich. Ich möchte nicht, dass er aufwacht und denkt, ich hätte mich verdrückt, während er geschlafen hat.«
»Ich habe Sie wirklich falsch eingeschätzt«, sagte er und grinste breit. »Ich werde eine der Schwestern bitten, Ihnen einen Kaffee zu bringen. Wie möchten Sie ihn?«
»Schwarz, danke«, antwortete ich.
»Kein Problem«, sagte Dr. Hartmann und öffnete die Tür. Dann drehte er sich noch einmal um. »Vielen Dank, Herr Engel«, sagte er und grinste noch einmal.
»Wofür?«, fragte ich überrascht.
»Weil Sie für ihn da sind«, antwortete der Arzt und nickte in Julians Richtung. Er öffnete die Tür und schloss sie leise hinter sich.
Ich nahm mein Taschentuch und trocknete mir die Tränen. Julian gähnte laut.
»Hast du gut geschlafen?«, fragte ich.
Er zuckte zusammen. Meine Stimme hatte ihn offensichtlich überrascht.
»Sie sind noch hier?«, fragte er erstaunt.
»Natürlich«, antwortete ich.
Julian lächelte einen Moment, dann machte er jedoch ein nachdenkliches Gesicht.
»Was ist los?«, fragte ich.
»Ich muss mal aufs Klo«, sagte er und seine Wangen nahmen eine rötliche Farbe an.
»Darfst du aufstehen, um ins Bad zu gehen?«
»Ja, aber eine Schwester muss mir helfen.«
»Ich hole eine«, sagte ich und ging zur Tür.
»Können nicht Sie mir helfen?«, fragte Julian.
Ich drehte mich um und sah ihn an.
»Wenn du möchtest, kann auch ich dir helfen«, antwortete ich und ging zurück zu seinem Bett.
Julian schlug die Decke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. Es war offensichtlich, dass es ihm viel Mühe bereitete.
»Dieses Medizin-Ding hat Rollen. Das können wir neben uns her rollen«, erklärte er.
Ich wusste nicht, wie viel Hilfe er brauchte, also wartete ich einen Moment, bis er aufrecht saß.
»Können Sie mir beim Aufstehen helfen?«, bat er mich.
»Denkst du, dass du laufen kannst?«
Julian antwortete nicht. Er schaute mich einfach nur an. Ich nahm seine Hand und half ihm aufzustehen. Eine Sekunde lang blieb er auch stehen, dann gaben seine Beine aber nach. Ich reagierte jedoch schnell genug und fing ihn auf.
»Scheiße«, fluchte Julian. »Entschuldigung«, sagte er und lächelte mich verlegen an.
Ich legte einen Arm unter seine Beine und hob ihn hoch.
»Kein Problem. Ich trage dich am besten. Schnappe dir nur deinen Medizin-Spender und roll ihn neben uns her.«
Ich bekam wieder einmal sein bezauberndes Lächeln zu sehen, während er nach dem Ständer tastete. Als er ihn gefunden hatte, trug ich ihn in das kleine Bad in seinem Zimmer.
»Was musst du?«, fragte ich, als ich mit Julian im Arm im Badezimmer stand.
»Nur mal pinkeln.«
»Möchtest du es im Stehen versuchen? Neben der Toilette ist ein Geländer, an dem du dich festhalten kannst. Ich halte dich auch fest.«
»Okay.«
Ich stellte ihn vorsichtig auf seine nackten Füße, während er mit der linken Hand nach dem Geländer griff. Ich positionierte mich hinter ihm und hielt ihn unter den Armen.
»Der Boden ist kalt«, beschwerte er sich, während er mit seinem Pyjama hantierte.
»Das liegt an den Fliesen«, erklärte ich.
Ich wartete darauf, dass er anfing, aber es passierte nichts. Julian drehte den Kopf und sah mich mit
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