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Wünsche (German Edition)

Wünsche (German Edition)

Titel: Wünsche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias Jäger
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Hals und zog mich an sich. Dann gab er mir einen sanften Kuss auf die Wange.
    »Wenn du nochmal mit ihm reden möchtest, kannst du das jederzeit tun. Ich kann auch im Heim fragen, ob er dich besuchen darf.«
    »Nein«, antwortete er schnell.
    »Warum nicht?«
    »Schau mich an. Wenn ich nur halb so grauenvoll aussehe wie ich mich fühle ‒« Es war der Versuch eines Scherzes, aber ich konnte nicht darüber lachen.
    »Ich möchte es einfach nicht«, fügte er hinzu.
    »Kein Problem«, sagte ich.
    »Wenn du in mein altes Zimmer gehst, findest du hinter meinem Schrank etwas«, sagte Julian. »Das ist für dich.«
    Ich schaute ihn fragend an.
    »Was finde ich dort?«, fragte ich ihn.
    »Das wirst du dann schon sehen«, antwortete er und schenkte mir ein schwaches Lächeln. Dann lief ihm eine Träne über die Wange.
    Ich nahm Julian in den Arm und hielt ihn fest. Wir weinten eine lange Zeit gemeinsam. Es war eine Art stiller Abschied, das wussten wir beide. Es brach mir das Herz.
    Julian bat Dr. Hartmann darum, ihm etwas gegen die Schmerzen zu geben.
    Der Arzt sah mich an, als ob er mich um Erlaubnis bitten würde.
    Ich nickte kurz und nahm Julians Hand.
    Die letzten zwei Stunden waren die reinste Folter. Man konnte dabei zusehen, wie Julians Herzschlag immer schwächer wurde. Das Schlimmste war, dass man nichts tun konnte. Ich fühlte mich so hilflos. Der einzige Trost war, dass Julian dann nicht mehr leiden musste.

Kapitel 10
    Dr. Hartmann gab mir etwas, um ein bisschen zur Ruhe kommen und schlafen zu können. Ich brauchte zwei Nächte, um wieder einigermaßen klar denken zu können. Ich kannte Julian nur knappe drei Wochen, aber ich liebte ihn wie mein eigenes Kind.
    Immer wenn ich die Augen schloss, sah ich seine blauen Augen und sein bezauberndes Lächeln. Und jedes Mal spürte ich wieder diese Ohnmacht, die ich empfand, als der Herzmonitor konstant piepte.
    Den Vormittag verbrachte ich damit, eine Trauerfeier und die Beerdigung zu planen. Ich rief Sebastian und auch Richter Ahrens an. Beide sagten zu, dass sie zur Beerdigung kommen würden. Ich versprach, ihnen Bescheid zu geben, sobald ich den genauen Tag wusste.
    Dann musste ich einen Sarg und eine Grabstätte aussuchen. Als ich nach Musik gefragte wurde, fiel mir sofort Bach ein. Ein Stück von ihm lief, als ich Julian zum ersten Mal getroffen hatte.
    Nachdem ich das alles erledigt hatte, fuhr ich zum Heim. Ich hatte Julian versprochen, Leon zu besuchen. Zugegeben, ich war auch neugierig, was ich hinter seinem Schrank finden würde.
    Die Betreuerin, die mir die Tür öffnete, war überrascht, mich zu sehen. Es war die gleiche junge Frau, die mich begleitet hatte, als ich Julians Teddy für ihn geholt hatte.
    »Wie geht es Julian?«, fragte sie, noch bevor sie mich begrüßte.
    Ich schaute sie traurig an und schüttelte leicht mit dem Kopf.
    Sie schlug die Hand vor den Mund und ihre Augen wurden feucht.
    »Julian hat mich gebeten, Leon zu besuchen. Ich hoffe, das ist in Ordnung«, erklärte ich.
    »Das habe ich mir schon gedacht«, sagte sie und sah auf die Uhr. »Das ist kein Problem. In 20 Minuten sollte er aus der Schule kommen. Möchten Sie in seinem Zimmer warten?«
    »Gerne«, sagte ich.
    Sie begleitete mich bis zur Tür, entschuldigte sich dann aber, weil sie noch Arbeit zu erledigen hatte. Ich hatte kein Problem damit ‒ im Gegenteil. Sie gab mir die Hand, ließ mich dann aber allein. Ich schaute ihr noch einen Augenblick nach, bevor ich die Tür öffnete.
     
    Das Zimmer hatte sich kaum verändert, seitdem ich es zum letzten Mal gesehen hatte. Es überraschte mich, das Julians Bett scheinbar noch nicht neu vergeben wurde. Ich setzte mich auf das Bett und schaute mich um. Die Bücher, die damals auf dem Nachttisch lagen, standen jetzt auf einem kleinen Bücherregal auf der anderen Seite des Zimmers. Außerdem fiel mir auf, dass es unordentlicher war als vor drei Wochen. Ein paar T-Shirts waren achtlos über den Stuhl am Schreibtisch geworfen, auf dem Boden lagen Socken und Boxershorts verteilt. Ich musste grinsen, denn ich war als Kind genauso unordentlich.
    Ich stand vom Bett auf und ging zu Julians Kleiderschrank. Da Julian gesagt hatte, dass ich dahinter etwas finden würde, rückte ich ihn ein Stück vor und schaute dahinter. Ich war überrascht, einen Briefumschlag dort liegen zu sehen. Ich hob ihn auf und schaute ihn mir an. Mein Vorname stand auf dem Umschlag.
    Nachdem ich den Schrank zurück gerückt hatte, ging ich zurück zum Bett und setzte

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