Würde - Roman
Generalstaatsanwaltschaft. Du Toit hatte Svritskys Verbrecherlaufbahn in Südafrika verfolgt und ihn immer wieder wegen verschiedener Delikte wie versuchter Mord, Betrug, Korruption, Drogenhandel und Steuerhinterziehung angeklagt. Sie war bisher jedoch stets erfolglos gewesen, was großenteils auf Richards Bemühungen als Svritskys Anwalt zurückzuführen war. Einmal war es ihr mehr oder weniger zufällig gelungen, ihn wegen unversteuerten Einkommens und eines tätlichen Angriffs zu einer unbedeutenden Geldstrafe zu verurteilen. Es war ein ausgesprochen unbefriedigender Fall gewesen, wobei ihre Enttäuschung auch nicht durch
den Tobsuchtsanfall gemildert wurde, den Svritsky während seiner Anhörung vor Gericht bekam.
Der Russe war vor zwölf Jahren zum ersten Mal in Richards Kanzlei aufgetaucht. Damals hatte man ihn wegen Kokainbesitzes angeklagt. Sich ganz auf die Unfähigkeit des zuständigen Polizeikommissars und des Staatsanwalts verlassend, war es Richard problemlos gelungen, für seinen Mandanten einen Freispruch zu erlangen. Als Nächstes wurde einer der Handlanger des Russen wegen Erpressung vor Gericht gestellt. Der Fall gab Richard einen ersten Einblick in die gnadenlose Welt des Stefan Svritsky. Eine mittelmäßig geführte Untersuchung und der Widerwille eingeschüchterter Zeugen zu einer klaren Aussage ermöglichten es ihm, die Argumente der Staatsanwaltschaft zu untergraben, auch wenn sich die Angelegenheit monatelang hinzog. Es folgte eine Reihe von Fällen, die einige Beachtung fanden und Svritsky zu Richards profitabelstem Mandanten machten.
Dieser Erfolg stellte sich für Richard als zweischneidiges Schwert heraus, denn er fand Svritsky sowohl körperlich als auch seiner zwielichtigen Geschäfte wegen mehr als abstoßend. Er begann sich zu fragen, warum das organisierte Verbrechen oftmals so glorifiziert und in Filmen und Büchern als geradezu nobel dargestellt wurde, da die Männer angeblich noch wussten, was Treue und Mut waren. Die Realität sah ganz anders aus.
Trotz seiner Vorbehalte hatte es Richard anfangs amüsiert, bei Essenseinladungen wie nebenbei den Namen seines Mandanten fallen zu lassen und so die gesetzten Mittelschichtpaare aus seinem Bekanntenkreis aufzuschrecken. Eine Weile hatte er sie mit schockierenden Geschichten aus der Unterwelt unterhalten. Doch diese Gelegenheiten ergaben sich nicht allzu oft und wogen kaum die vielen Stunden auf, die er damit verbrachte, neben seinem Mandanten zu sitzen und dessen schmierige Boshaftigkeit
ertragen zu müssen. Manchmal hatte er sogar das Bedürfnis, sich nach einem solchen Treffen zu duschen, seinen feuchten Nacken zu waschen und seine Haare mit heißem Wasser zu übergießen. Er hatte die unaufhörliche Selbstdarstellung des Russen satt, und gleichzeitig langweilte sie ihn fast tödlich.
Als er drei Tage zuvor die neue Anklage gelesen hatte, waren ihm die Anschuldigungen mehr als vertraut vorgekommen. Während er die Zeugenaussagen überflog, konnte er sich das bevorstehende Kreuzverhör vorstellen, die wiederholten Einsprüche, die Vorwürfe der Täuschung und all die anderen üblichen Possen vor Gericht. Sobald er die Akte zusammengeklappt hatte, beschlich ihn das Gefühl, die Verhandlung wäre bereits vorüber. Er hatte keine Lust mehr, sich mit den Einzelheiten dieses Falls auseinanderzusetzen, widersprüchliche Aussagen zu hinterfragen und sich auf die Schwächen der Anklage zu stürzen.
Hinter den langweiligen Aktenseiten lauerte jedoch auch seine versteckte Angst, was eine Niederlage für ihn bedeuten könnte. Svritsky erwartete Erfolg, und allein die Vorstellung zu verlieren ließ Richards Herzschlag ansteigen. Einmal hatte er versucht, sich zu weigern, einen Fall zu übernehmen. Doch die zornigen Augen seines Mandanten hatten ihn schnell eines Besseren belehrt.
Svritskys kaum unterdrückte Aggression hinsichtlich Du Toit machte Richard nervös. Ursprünglich hatte er es für taktisch geschickt gehalten, seinen Mandanten zu der Besprechung mitzubringen. Er wollte seine Gegnerin verunsichern, wenn nicht sogar einschüchtern. Doch als er jetzt beobachtete, wie sich Svritskys Körper einem Ringkämpfer gleich anspannte, als würde er jeden Augenblick losschlagen, fragte er sich, ob diese Strategie nicht doch etwas kühn gewesen war. Er legte seine Hand auf den Arm des Russen. Dieser fuhr jedoch ungerührt fort, Du Toit anzustarren.
Die Staatsanwältin ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie ignorierte den wütend
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