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Würstelmassaker

Würstelmassaker

Titel: Würstelmassaker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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eingeschlafen.

     
    *

     
    Am frühen Morgen hatte eine Gewitterfront den Nordwesten Wiens erreicht. Ein heftiger Windstoß und die ersten Regentropfen, die heftigen Blitzen und in immer kürzeren Abständen grollender Donner folgten, weckten Peddersen gegen 5 Uhr.
    Rasch erhob er sich. Nicht, dass ihm das Wetter etwas ausgemacht hätte. Er hatte schon wesentlich Schlimmeres überstanden. Ein Blick auf die Uhr in Verbindung mit dem leichten Kopfschmerz hatte aber schlechtes Gewissen aufkommen lassen. Erna machte sich sicher schon Gedanken, wo er solange blieb.
    Plötzlich sah er das Bein. Beziehungsweise das, was davon aus dem Gebüsch ragte. Es war ein ganz normales nacktes Bein, ein wenig blass vielleicht, aber das konnte am Licht liegen.
    Komisch fand der alte Seebär bloß, dass neben dem einen Bein nicht auch das zweite lag. Vielleicht hatte die unter dem Gebüsch liegende Person es einfach angezogen. Also Peddersen hätte so nicht schlafen können. Oder es handelte sich um einen beinamputierten Unterstandslosen.
    Seltsam, dass der Schläfer – Peddersen war schon zu alt, um sich des geschlechtsneutralen »der Schläfer oder die Schläferin« zu bedienen – also eigenartig war es schon, dass die Person nicht auf den immer stärker werdenden Regen reagierte.
    Zögernd trat der alte Seebär zu dem Bein hin. »Mensch«, sagte er mit freundlicher, aber bestimmter Stimme: »Sie wollen wohl völlig durchnässt werden. Wachen Sie auf .«
    Als die erwartete Reaktion des Beines, übrigens ein linkes mit lackierten Zehennägeln, ausblieb, beschloss der alte Hamburger, handgreiflich zu werden.
    Er bückte sich und begann, am Bein zu ziehen und daran zu rütteln. Zuerst ganz sanft, dann etwas stärker. Die Berührung unterlegte er mit einem leutseligen »Aufwachen, min Deern .«
    Als das alles nichts nützte, zog er entschlossen kräftig an der unteren Extremität. Offenbar fester als beabsichtigt, denn plötzlich hielt er das Bein ohne den dazu gehörigen Körper in der Hand.
    Für den Bruchteil einer Sekunde schoss es dem Käpten durch den Kopf, dass er das nicht gewollt hatte und wie leid es ihm tat. Dann bedeckte sein Mageninhalt auch schon die Stelle, auf der sich eben noch das verdammte Bein befunden hatte.
    Peddersen nahm sich fest vor, sich nie, wirklich nie wieder in die Angelegenheiten anderer Leute einzumischen. Sollten sie doch schlafen und ihre Beine herum liegen lassen, wo und solange sie wollten.

     
    *

     
    Palinski hatte sich an die spartanischen Mahlzeiten, die ihm Wilma seit mehr als zwei Monaten verordnet hatte, noch immer nicht gewöhnt. Im Gegenteil, seit einigen Tagen schlichen sich in seine Träume sogar Bilder von Wiener Schnitzeln, Schweinsbraten und anderen Köstlichkeiten der Wiener Küche ein. Was umso erstaunlicher war, als er, abgesehen von seiner Kindheit, nie sonderlich verrückt nach diesen Gerichten gewesen war.
    Äußerer Anlass für den radikalen, auf vernünftig und energiereduziert basierenden Speiseplan, war der stattliche, nicht weg zu diskutierende Schwimmreifen um Palinskis Hüften. Der durch den »push up« – Effekt, hervorgerufen durch die schon im Jahr zuvor etwas zu enge Badehose noch besonders betont wurde.
    »Wenn wir jetzt nicht sofort etwas unternehmen«, hatte Wilma bestimmt, »dann bist du bald richtig blad .« Das hatte ihn dann doch erschreckt und in die alimentäre Rosskur einwilligen lassen.
    Palinski starrte gerade mürrisch auf das mit Magermilch versetzte Müsli, seit Anfang Juni absoluter Höhepunkt seines täglichen Frühstücks, als das Telefon läutete.
    »Es ist Tante Nettie«, rief Wilma, »und es ist ganz dringend. Irgendetwas scheint sie fürchterlich aufzuregen .«
    Henriette Wenger war 78 Jahre alt und in hervorragender körperlicher und geistiger Verfassung. Sie war die beste Freundin von Palinskis Mutter gewesen. Die kinderlose »Tante Nettie« hatte noch zu Lebzeiten Johanna Palinskis den »lieben Mario« quasi adoptiert. Da die große Zuneigung durchaus beidseitig war, kümmerten sich der »liebe Bub« und die Seinen auch heute noch liebevoll um die alte Dame.
    »Guten Morgen, Tante Nettie«, meldete sich Palinski, »was verschafft mir die frühe Freude ?«
    »Hier gehen seltsame Dinge vor sich«, ganz gegen ihre Gewohnheit kam Nettie sofort auf den Punkt. In Verbindung mit ihrem heftig gehenden Atem konnte Palinski erkennen, dass die alte Dame sehr erregt sein musste.
    »Atme ein, zwei Mal tief durch, Nettie«, versuchte der die Nenntante zu

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