Würstelmassaker
würde der Schock erst in den nächsten Tagen voll zuschlagen.
Sie hatte aber großes Verantwortungsgefühl gezeigt und die Polizei sofort darauf aufmerksam gemacht, dass sich im Keller noch eine Gefangene befand, die 22-jährige Roseanne Mercier. Die junge Französin, die Freundin von Marisas Vorgängerin in der Studentenwohnung, war bereits seit vier Wochen Viktor Balanows »Gast« gewesen und dementsprechend in einem äußerst schlechten körperlichen, vor allem aber seelischen Zustand.
Das war also die »Rose«, die zu dem Tattoo »I love …«
gehörte. Das auf dem Oberschenkel des Beines der ermordeten Susanne Bartl gefunden worden war und zu ihrer Identifizierung geführt hatte, dachte Helmut Wallner. Obwohl Marisa nicht den Nerv gehabt hatte, ihrer Mitgefangenen vom Tod ihrer Freundin zu berichten, ahnte die junge Französin natürlich bereits, was geschehen war.
Inzwischen war auch der leicht unterkühlte, im Übrigen aber wieder einigermaßen muntere Arthur Melham im Garten eingesammelt und notversorgt worden.
Nachdem die beiden weiblichen und der männliche Gefangene des Schlächters auf den Weg zu weiteren Untersuchungen ins Korneuburger Krankenhaus gebracht worden waren, machte sich allgemeine Erleichterung breit. Die lange Jagd nach dem Killer hatte ihr Ende gefunden. Die nach den Verantwortlichen für diese beispiellose Mordserie noch nicht ganz. Wie sich bald herausstellen sollte.
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Die dank Rudi Weickert von einem Wiener Privatradio auch zum internationalen Medienevent hochstilisierte »Nacht, in der der Schlächter in die Falle ging« hatte noch lange kein Ende gefunden.
Die Durchsuchung des euphemistisch als Atelier bezeichneten ehemaligen Gemüseverarbeitungsbetriebes hatte einige schreckliche Überraschungen gebracht. Die zum Teil total verdreckten Zellen, in denen, wie sich später herausstellen sollte, bis zu sieben Opfer gleichzeitig gefangen gehalten worden waren, zeugten von den verzweifelten Versuchen, einem schrecklichen Schicksal doch noch zu entkommen. Eines der männlichen Opfer hatte es sogar geschafft, auf dem Rücken seines Hemdes eine Art Tagebuch zu führen. Seine Aufzeichnungen, die mit dem Satz: »Ich denke, jetzt bin ich dran. Mama, Papa, ich liebe euch« endeten , waren eine erschreckend berührende Mischung aus verzweifeltem Optimismus und lähmender Hoffnungslosigkeit.
Dann die umfangreichen Notizen des Schlächters, in denen er seine Opfer zum Teil höchst liebevoll beschrieb und seine Versuche dokumentierte, ihnen nur das Beste bieten zu wollen. So hatte er beispielsweise einem der Mädchen, das vor knapp 2 Wochen Geburtstag gehabt hatte, eine kleine Torte mitgebracht.
Dann die immer wieder kehrenden Hinweise auf die »Stimme«, die Viktor Balanows Verhalten zum größten Teil bestimmt zu haben schien.
Lediglich im Falle Roseannes Mercier, in die sich der Schlächter unverkennbar verliebt hatte, hatte er offen der Stimme Widerstand geleistet, ihre Anweisungen nicht befolgt. Diesem Umstand hatte die Französin ihr Überleben zu verdanken.
Dann die zwar als Möglichkeit vermutete, bis dahin aber nicht bekannte Tatsache, dass sich sämtliche Opfer schon vor ihrer Entführung gekannt haben mussten oder sich aufgrund derselben Wohnadresse in Wien zumindest hätten kennen können. Sie würde wichtige Hinweise für eine hoffentlich restlose Aufklärung dieses einmaligen Falles liefern. Insgesamt eine fürchterliche, für die einschlägigen Experten aber zweifellos hochdramatische, faszinierende Darstellung extrem pathologischen Verhaltens.
Den größten Schock für alle Beteiligten brachte aber der kleine Tiefkühlraum im hintersten Bereich des Kellers mit sich. Hier fand die Polizei nicht nur 4 Rümpfe und 7 Extremitäten menschlicher Herkunft. Sondern in einer eigenen Truhe fein säuberlich nebeneinander aufgereiht auch die tiefgekühlten Köpfe sämtlicher 8 Opfer, die Wallner und seine Mannen mit offenen Augen vorwurfsvoll anstarrten.
Palinski war jetzt noch ganz schlecht, wenn er daran dachte. Gottseidank hatten Wilma und Franca, deren Versuch, ihn zu finden, er ungemein rührend und lieb gefunden hatte, kein Glück. Näher betrachtet hatten sie aber sehr viel Glück gehabt und die Adresse »Grimmstein 8« ganz einfach nicht gefunden. Damit waren den beiden Frauen diese schrecklichen Bilder erspart geblieben, die Palinski und sicher auch Wallner noch lange verfolgen würden. Und ein Albträumer pro Familie reichte ja wirklich aus.
Palinski hatte in
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