Würstelmassaker
strafrechtliche Konsequenzen haben wird, werden der Staatsanwalt und das Gericht feststellen. Mit Ihrem Gewissen, sofern Sie so etwas überhaupt haben, werden Sie aber alleine ins Reine kommen müssen .« Dann verließ er grußlos das streng bewachte Krankenzimmer.
*
Mittags ging es Palinski wieder etwas besser. Er hatte beschlossen, den heutigen Tag blau zu machen und mit seiner Liebe zu verbringen. Beginnen sollte das traute Tête-a-Tête mit einem besonders guten Mittagessen, mit dem ihn Wilma gelockt hatte. »Etwas Gesundes, das du trotzdem lieben wirst«, hatte sie leicht kryptisch angekündigt.
Ihm war ziemlich egal, was ihm Wilma servieren würde. Seit gestern hatte er in Sachen Essen eine etwas geänderte Sicht. Was nutzte es ihm, wenn er die Attacken eines Schlächters und anderer Verbrecher überlebte, wenn er sich gleichzeitig seine Arterien mit Cholesterin zukleisterte, eine Fettleber züchtete und langsam zu Tode fraß. Gesunde Kost war nicht das Schlimmste, nur eine Sache der Gewöhnung, nahm er sich vor. Und die kleinen, feinen Sünden da und dort würden dann noch viel mehr Spaß machen als bisher.
Und wirklich, Wilma hatte nicht zu viel versprochen. Sie hatte ein sensationelles »Wildreisragout mit Meeresfrüchten« gezaubert, für das er den »Flotten Heinzi« freiwillig ins Exil schicken, ja sogar eigenhändig zum Flughafen bringen würde. Und wie raffiniert seine Lebensmenschin mit den Küchenkräutern umgegangen war, einfach sensationell.
Nach dem Essen packte ihn Wilma dann in seinen geliebten Ohrenfauteuil, legte seine Beine hoch und brachte ihm sogar eines seiner heiß geliebten Zigarillos. Eine ungewöhnliches Zugeständnis, ja eine absolute Sensation in dieser sonst so strikten Nichtraucherzone. Ja, so ließ es sich leben, dachte Palinski und lehnte sich wohlig zurück. Wenn das Wilmas Reaktion auf seine »Entführung« war, dann musste er sich öfters von fremden Transportern mit unbekannten Zielen mitnehmen lassen.
Er war gerade eingenickt, als das Telefon unangenehm laut schrillte. Er hörte, wie Wilma etwas wie: »Muss das sein, er ist eben eingeschlafen« murmelte. Offenbar musste es sein, denn sie holte ihn. »Es ist Helmut Wallner, er ist sehr aufgeregt«, flüsterte sie ihm zu.
Träge an Geist und Körper kämpfte sich Palinski hoch und wankte zum Festnetzapparat. »Hallo Chef, how is life ?« , versuchte er einen müden Scherz. Der absolut nicht ankam.
»Ich habe eben einen Anruf aus dem Krankenhaus erhalten«, die Stimme des Oberinspektors klang mühsam beherrscht. »Arthur Melham hat vor einer halben Stunde versucht, Selbstmord zu begehen. Er wollte sich im Badezimmer erhängen. Gottseidank hat man ihn noch rechtzeitig gefunden .«
Palinski war sprachlos. »Ich, äh, ich weiß nicht, was ich sagen soll .«
»Ich fürchte, dass ich nicht ganz unschuldig daran bin .« Wallner kämpfte hörbar mit seinen Emotionen. »Ich habe ihn doch kurz zuvor noch eindringlich auf seine moralische Verantwortung hingewiesen. Und jetzt das.«
»Aber damit konntest du wirklich nicht rechnen«, Palinski war jetzt hellwach. »Und schließlich ist es ja noch gut gegangen. Willst du darüber sprechen? Soll ich zu dir kommen? Oder wollen wir uns sonst wo treffen ?«
»Danke, vielleicht später. Ich habe jetzt keine Zeit .« Palinski hatte seinen Freund noch nie zuvor so niedergeschlagen erlebt. »Es ist noch etwas passiert .«
»Was denn?« Wallners Ankündigung klang sehr bedeutend, nach etwas von höchster Wichtigkeit.
»Es sind wieder zwei Leichenteile gefunden worden. Ein Paar Beine, wahrscheinlich männlich. Lagen in einem Müllcontainer am Matzleinsdorfer Platz. Eingewickelt in einen alten Regenmantel.«
»Nun, da hat der Schlächter vor seiner Verhaftung eben noch schnell einige Trophäen verteilt«, versuchte Palinski sich selbst zu beruhigen. Gleichzeitig versuchte er fieberhaft nachzurechen, wie groß die Gesamtsumme der bereits früher, gestern im Atelier und den nunmehr gefundenen Leichenteilen war. Nein, das konnte nicht stimmen. Oder doch? Er war jetzt einfach zu aufgeregt fürs Kopfrechnen.
»Sag mir nur einen vernünftigen Grund, warum der Schlächter auf einmal angefangen haben sollte, Spuren seiner Tätigkeit im 5. Bezirk zu hinterlassen ?« Wallners Zweifel hatte etwas für sich.
»Und was sagt Balanow dazu ?« , war Palinski gespannt.
»Der Kerl heißt übrigens in Wirklichkeit Johannes Grabitzer. Den russischen Namen und die dazu gehörigen Papiere hat er
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