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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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und setzte sich dann hinter sie, um es auszukämmen. »Du bist diejenige, die etwas verschweigt.«
    Kaltes Wasser rann in Khalidahs Hemd. Sie erschauerte; fragte sich, wie Zeyneb das so schnell herausgefunden hatte. Noch während sie überlegte, zu welcher Ausrede sie jetzt greifen sollte, fuhr die ältere Frau bitter fort: »Es sieht dir nicht ähnlich, eine so schwere Kränkung einfach hinzunehmen. Sie haben dir noch nicht einmal Zeit gelassen, einen jihaz zusammenzustellen.«
    Schwindelig vor Erleichterung sprudelte Khalidah hervor: »Wozu soll ein jihaz überhaupt gut sein? Ich würde all diese Kleider nie tragen, Juwelen erschweren es mir, die oud zu spielen, und die Packkamele haben zu schwer zu tragen, wenn wir weiterziehen.«
    »Und was hat dein Vetter mitgebracht?«, fuhr Zeyneb fort, ohne auf Khalidahs Argumente einzugehen. »Weder Gold noch Kamele noch Ziegen, sondern nur ein einziges armseliges Pferd!«
    »Ein prachtvolles und sehr kostbares Pferd«, wandte Khalidah ein.
    Zeyneb schnaubte. »Ich hätte mir denken können, dass du das sagen würdest. Aber ein Pferd kannst du nicht anziehen und auch nicht essen - es sei denn, du bist ein Franke, deren abscheuliche Gewohnheiten man ja kennt - und jeder kann sehen, dass diese Stute nicht zur Zucht bestimmt ist. Sie ist für niemanden von Nutzen, abgesehen davon, dass es sich gut machen wird, wenn dein Vater auf ihr an der Spitze seiner Karawane reitet - oder, wenn es Allahs Wille ist, gegen die Franken in den Kampf zieht.«
    Du hast ja keine Ahnung, dachte Khalidah traurig. »Was hätte meine Mutter denn getan?«, fragte sie laut.
    Zeyneb runzelte die Stirn und trat mit einem Tiegel Kajal und einem feinen Pinsel in der Hand vor sie hin. Während Khalidah sie betrachtete, fragte sie sich, warum Zeyneb nicht wieder geheiratet hatte. Sie mochte ja nicht wohlhabend sein, aber sie war unbestreitbar sehr attraktiv, ihre Haut war glatt, kein Grau durchzog ihr dichtes schwarzes Haar, und sie war auch zweifellos noch immer fruchtbar. Khalidah hätte sich gern der romantischen Vorstellung hingegeben, dass sie Bilals toten Vater immer noch liebte, aber sie glaubte nicht, dass hierin der Grund für Zeynebs dauerhaften Witwenstatus zu suchen war - teils, weil Zeyneb stets praktisch dachte, doch vor allem wegen des harten Ausdrucks, der auf ihr Gesicht trat, wenn Khalidah sie nach ihm fragte. Sie sprach auch mit ihrem Sohn nicht über  ihn. Bilal hatte ihr erzählt, sie würde sich sogar weigern, ihm seinen Namen zu verraten.
    »Wenn Brekhna hier wäre«, erwiderte Zeyneb, während sie begann, die Augen des Mädchens mit Kajal zu umranden, »dann wäre es nie so weit gekommen. Sieh nach unten und blinzel nicht ständig«, schalt sie, dann seufzte sie. »Deine Mutter war meine Freundin, aber es gab vieles, was sie auch mir gegenüber für sich behielt. Sie war unberechenbar, viele bezeichneten sie sogar als launisch. Aber eines kann ich dir sagen - sie mochte Numairs Mutter nicht, und sie durchschaute Abd al-Hadis prahlerisches Gehabe und sah seine Schwächen. Sie hätte nie zugelassen, dass du den Sohn dieser beiden heiratest.«
    »Was für eine Art Mann hätte sie denn für mich ausgesucht?«
    »Ach, Khalidah, solche fruchtlosen Spekulationen führen doch zu nichts. Brekhna ist nicht hier - und ich kann nichts tun, um dieser Farce Einhalt zu gebieten.«
    Khalidah hörte die Entschuldigung, die in diesen Worten lag, beugte sich vor und küsste Zeyneb auf die Wange. »Mach dir keine Vorwürfe. Wenn diese Heirat dem Stamm Frieden erkauft, dann lohnt sich das Opfer, und außerdem … irgendwann hätte man mich ohnehin verheiratet. Ehemann ist Ehemann. Sie sind alle gleich.«
    Zeyneb musterte sie mitleidig. »Ich fürchte, du würdest feststellen, dass es da große Unterschiede gibt, wenn du die Gelegenheit dazu hättest. Aber das ist jetzt nicht mehr von Belang. Zumindest werde ich dich in dein neues Heim begleiten. Ich hoffe, das ist dir ein Trost.«
    »Du willst mit mir kommen?«
    »Natürlich, wenn Numair es zulässt. Welchen Nutzen habe ich denn noch für deinen Vater, wenn du fort bist?«
    »Was ist mit Bilal?«
    Zeyneb seufzte. »Bilal ist nicht mehr lange ein Kind, und trotz aller Liebe, die ich für ihn empfinde, kann ich ihn nicht lehren, wie man  ein Mann wird. Das überlasse ich deinem Vater, so wie er es mir überlassen hat, dich alles zu lehren, was eine Frau wissen muss. Bilal und ich haben uns noch nie gut verstanden. Vielleicht ist eine Trennung das Beste

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